Die multimediale LAN-Apokalypse findet nicht statt

21.01.1994

Client-Server hier, Multimedia da, mehr Bandbreite her! Drei beliebte Schlagworte, mit denen die Hersteller gern die Werbetrommel ruehren, um den Netzadministratoren zu suggerieren: "Hilfe, die LANs sind mit ihrer Kapazitaet am Ende."

Gewiss, die Anforderungen an das herkoemmliche Ethernet-Netz (auch Token Ring) sind gewaltig gestiegen. Client-Server-Computing und Multimedia-Anwendungen haben in der Tat zu mehr Netzlast gefuehrt, eine LAN-Apokalypse ist deshalb aber noch ueber kein Unternehmen hereingebrochen. Fuer Companies, die aufwendige Applikationen wie zum Beispiel CAD/CAM fahren und dazu hohe Bandbreiten im Netz benoetigen, ist der Griff ins DV-Saeckel fuer eine adaequate Netzinfrastruktur ohnehin kein Thema. Andere werden sich mit Uebergangsloesungen begnuegen oder mit dem Gewohnten bescheiden.

Die Strategie des Abwartens macht fuer die Netzwerker durchaus Sinn. Erstens entpuppen sich nicht alle von den Herstellern an die Wand gemalten Multimedia- und Client-Server-Gespenster als so voluminoes, dass die Betreiber lokaler Netze davor erzittern muessten. Zweitens empfiehlt es sich in schlechten Zeiten erst recht, kein Investitionsrisiko eingehen, schon gar nicht bei Technologien, die laengst noch nicht ausgereift oder vom Markt akzeptiert sind.

Fast Ethernet zum Beispiel, das sich vor einem Jahr noch als Silberstreif am Horizont abzeichnete und als preiswerte 100- Mbit/s- Loesung fuer die lokale Bandbreitenproblematik erschien, hat sich als ein vorschneller Schuss in den Ofen erwiesen. Besonders aergerlich daran ist, dass die renommierte Standardorganisation IEEE daran die Schuld traegt. Sie stellte die Interessen zweier konkurrierender Herstellerlager ueber die der Anwender. Davon abgesehen waeren die eingereichten Fast-Ethernet-Spezifikationen ohnedies nur sehr begrenzt fuer die in Europa verbreiteten geschirmten STP-Kabel geeignet.

FDDI andererseits ist mit dem Makel behaftet, mittelfristig als Medium fuer den Backbone nicht mehr tauglich und fuer den Desktop - insbesondere bei Glasfaservernetzung - zu teuer zu sein. Vor allem aber lastet auf der Technologie der Schatten, den ATM heute schon vorauswirft. Jetzt, zu einem Zeitpunkt, da FDDI-Produkte Marktreife erlangt haben, drohen IS-Manager, auch wegen der angespannten Wirtschaftslage, auf ATM-Anwendungen zu warten.

Zum Glueck bieten Ethernet-Switching-Verfahren den Netz-Managern eine gewisse Flexibilitaet. Die fortgeschrittene Hub-Technologie erlaubt zumindest die exklusive Zuweisung von Bandbreite fuer kritische Netzwerkressourcen. Sie schafft damit einen Spielraum, die Zeit zu ueberbruecken, bis stabile Hub-Module fuer die gewuenschte Technologie (ATM, Fast Ethernet etc.) auf dem Markt sind. Glueck im Unglueck fuer den Anwender. pg