Die meisten Entwickler können nicht programmieren

31.07.2002
Von Harry Sneed

Was machen die vielen IT-Experten, die in der Softwareentwicklung tätig sind? Einige wenige geben zu, dass sie die Techniken nicht beherrschen, und versuchen die, die es wirklich können, zu unterstützen. Das sind die Ehrlichen. Die Unehrlichen, und das ist leider die Mehrheit, bemühen sich, ihr Nichtkönnen hinter allerlei Taktiken zu verbergen. Manche verstecken ihr Unvermögen hinter Bergen von Dokumenten. Sie schaffen Unmengen an Diagrammen und Texten mit Scheinlösungen, die sich nicht realisieren lassen, aber sie beeindrucken damit ihre Vorgesetzten, die sowieso keine Ahnung haben. Andere warten, bis der echte Entwickler fertig ist. Dann kopieren sie seine Ergebnisse und passen sie ihrer Aufgabe an. Anschließend tun sie so, als ob sie sich das alles selber ausgedacht hätten.

Am schlimmsten sind die, die Politik machen. Wenn sie erkannt haben, dass sie es selber nicht auf die Reihe bringen, machen sie sich zum selbst ernannten Sprecher für den, der es kann. Sie hängen sich an ihn ran, gewinnen sein Vertrauen und verkaufen seine Lösung nach außen als gemeinsame Arbeit. Da der echte Leistungsträger mit der Lösung beschäftigt ist und keine Zeit hat, sie nach außen zu vertreten, tut das der andere gerne für ihn. Der arbeitet sich nur so weit in die Lösung hinein, dass es reicht, sie den Vorgesetzten beziehungsweise den Kunden zu erklären. Darin liegt seine Stärke. Solche Leute sind meistens wortgewandt und geschickt im Umgang mit den Führungskräften, die Details der Lösung gar nicht wissen wollen. Wenn es ihnen gelingt, das Vertrauen der Benutzer und Führungskräfte zu gewinnen, steigen sie ins Management auf und leiten später etwas, was sie selbst nie beherrscht haben.

*Harry Sneed ist Chief Technology Scientist bei der Case Consult GmbH in Wiesbaden.

Neues Diskussionsforum

Unfähige Programmierer? IT-Guru Harry Sneed ist der Meinung, dass 75 Prozent der Programmierer überflüssig sind. Aus seiner 35-jährigen Erfahrung in der Softwareentwicklung zieht er heute den Schluss, dass viele Mitarbeiter in der IT-Abteilung nichts zu suchen haben, weil ihnen die nötigen Qualifikationen fehlten. In einem neuen Forum auf unserer Homepage wollen wir wissen, was Sie von Sneeds provokanter These halten. Ist es richtig, dass der Boom der letzten Jahre zu viele Nichtfachleute in die IT-Abteilungen „gespült“ hat und dass zu viele im Windschatten der Könner mitsegeln? Oder ist es eher eine Ausnahmemeinung eines Ausnahmeentwicklers, der selbst nicht teamfähig ist? Wir freuen uns auf eine rege Diskussion.