Die Maus rausgelassen

18.02.1983

Als der amerikanische Mikrocomputer-Produzent Apple vor wenigen Wochen das Modell "Lisa" ankündigte (CW Nr. 4 vom 21. Januar 1983), wollte er sich nicht an überkommenen Hardware-Vorstellungen orientieren, sondern an der ergonomischen Qualität modernster Software-Architekturen. Entscheidender Schritt in diese Richtung: Der Lisa-Benutzer verwendet anstelle von Kommandos Symbole, die der Bürowelt entstammen - einen Papierkorb etwa, oder einen Aktenordner. Auf Trab gebracht wird Lisa nicht mehr durch Tastendruck, sondern mit der "Maus". Laut Apple gilt es offenbar, ein seltenes Schmuckstück zu erwerben: Auch DV-technisch nicht vorbelastete Manager könnten im Mausumdrehen den Umgang mit Lisa lernen. DV-Profis wissen, daß diese

"Ease-of-use"-Eigenschaft durch entsprechend starke Software-Funktionen unterstützt werden muß. Eine echte Sensation ist, daß der Apple-Computer über diese Funktionen verfügt.

Eigentlich wäre nun der Durchbruch fällig, müßten sich die DV-Organisatoren darum reißen, Lisa den Endbenutzern als Workstation zu empfehlen. Hier hätten wir ihn, den Arbeitsplatzrechner, der auch von DV-unerfahrenen Mitarbeitern akzeptiert werden kann. Haben nicht die DV-Manager stets auf eine derartige Maschine gewartet? Manche Experten sind jedenfalls überzeugt, daß sich mit Systemen á la Lisa das fundamentale Problem der Endbenutzer-Datenverarbeitung lösen ließe, das Problem nämlich, den Sachbearbeiter überhaupt an den seiner Meinung nach "doofen" Computer heranzukriegen.

Mit Lisa präsentiert Apple, um einen Spruch aus der Süßwaren-Werbung zu gebrauchen, "die zarteste (Endbenutzer-)Versuchung, die es je gab". Doch amerikanische Kritiker prophezeien eine rasche Bauchlandung. Ihre Hauptargumente: Lisa sei zu teuer, zu langsam - und leider nicht von IBM. Daß in der Maus-Dompteuse zuviel Apple-Eigenständiges steckt, daß sie sich so gar nicht IBM-like gibt, könnte ihr bei konservativen Großanwendern in der Tat schaden. Auch das Kostenargument ist ernst zu nehmen. Der Preis entscheidet doch sehr viel. Was indes den Kritikpunkt "lahme Lisa" betrifft, so wird hier ein Argument aus der Hardware-Mottenkiste verwendet. Ob sich ein Plattentopf langsamer oder schneller dreht, darauf kommt es doch bei der Lisa-Philosophie gar nicht an. Den potentiellen Benutzer interessiert: Was seh´ ich denn da und wie läuft denn das? Der interessierte Laie braucht "handfeste" Argumente - keine Hardware-Spalterei. Bit- und Byte-Themen geben nichts mehr her. Das hat die Computerwerbung noch nicht erkannt. Auch die Apple-Marketiers müssen sich vorhalten lassen, zuwenig für ein besseres Lisa-Verständnis getan zu haben. Doch die Lisa-Leute haben Zeit genug, das Versäumte nachzuholen.