Informatik im Maschinenbau

Die Maschinen-Versteher

06.10.2011
Von 
Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.

Interdisziplinäres Arbeiten

Eine Papiermaschine von Voith: Informatiker im Maschinenbau haben einen starken Bezug zur Anwendungstechnik.
Eine Papiermaschine von Voith: Informatiker im Maschinenbau haben einen starken Bezug zur Anwendungstechnik.
Foto: Voith GmbH

So verwundert es nicht, dass Voith dem Informatikstudenten Thomas Greil nach dessen Studienabschluss im Herbst 2007 eine Stelle angeboten - und er sie gerne angenommen hat. "Aktuell bin ich in der Produktentwicklung und betreue dort ein Informations- und Berichtssystem für Papiermaschinen, das Signale der gesamten Maschine sammelt und aufbereitet." Eine Papiermaschine ist ein richtiges Schwergewicht: sie wiegt bis zu 18.000 Tonnen und ist damit doppelt so schwer wie der Eifelturm, sie ist rund 500 Meter lang und drei Stockwerke hoch. "Es ist spannend, zu sehen, wie schon wenige Code-Zeilen gewaltige Maschinenteile in Bewegung setzen und danach ein brauchbares Produkt entsteht." Als Berufseinsteiger hat sich Greil am Anfang schwer getan, die komplexe Maschine und den mit ihr verbundenen Prozess zu verstehen. "Aber das ist ganz normal und durch interne Schulungen und hilfsbereite Kollegen ist mir das bald gelungen."

Als Informatiker im Maschinenbau zu arbeiten, heißt nicht, den ganzen Tag im Büro zu sitzen. Die Arbeit am Schreibtisch ist nur ein Teil neben der Teamarbeit in der Problemanalyse direkt an der Maschine oder bei der Installation und Inbetriebnahme beim Kunden.

Claus Oetter, stellvertretender Geschäftsführer im VDMA-Fachverband Software weiß, dass sich nicht nur für Voith zu wenige Informatiker interessieren, sondern dass die Berufsgruppe insgesamt dem Maschinen- und Anlagenbau zu geringe Beachtung schenkt. "Doch das wird sich ändern, weil sich die Unternehmen der Branche künftig verstärkt um Informatiker bemühen werden. Die Komplexität der Produkte erfordert informationstechnische Professionalität und damit können Ingenieure mit Faible für Informatik nicht mehr dienen." Oetter nennt dies den iPhone-Effekt im Maschinenbau: "Software-Ergonomie und intuitive Bedienbarkeit haben einen immer höheren Stellenwert." Dafür sorgen Informatiker.

Mehr noch: Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau war auch 2010 mit einer Quote von rund 75 Prozent Exportweltmeister. "Und weil in jeder Maschine und in jeder Anlage Informationstechnik steckt, sind wir auch Weltmeister im Export von Software", sagt Oetter. Vom Weltmeisterstatus dagegen ist die deutsche IT-Branche weit entfernt. Greils Branchenwahl war somit keine schlechte.