Kolumne

"Die Lücke schließen"

05.02.1999

Wenn der Firmen-Boß das Wort IT-Strategie in den Mund nimmt, stellen sich vielen DV-Leitern die Haare auf. Zu oft haben sie erlebt, daß sich die Überlegungen ihres Vorstandes oder Geschäftsführers nicht mit der installierbaren Wirklichkeit decken. Entweder sind die Ideen so unbelastet von Wissen oder so ungenau formuliert, daß sie sich gar nicht realisieren lassen. Umgekehrt gilt ähnliches: Viele Vorstände verlieren ganz schnell das Interesse an IT-Plänen, wenn von TCP/IP-basierter Infrastruktur, Gigabit Ethernet oder Enterprise Javabeans die Rede ist.

Von daher ist es ziemlich außergewöhnlich, wenn in Unternehmen zwischen Business- und IT-Strategie Gleichklang herrscht. Dabei wäre es angesichts der vielfältigen Herausforderungen, denen nur noch mit intensiver IT-Unterstützung begegnet werden kann (E-Commerce, Kunden-Management, Verkaufsunterstützung), für die Unternehmen heute wichtiger als je zuvor, diese Abstimmung zwischen Linien- und IT-Management zur Regel zu machen. Nur wie, wenn nicht einmal die Geschäftsziele und -strategien auf die IT-Abteilungen heruntergebrochen werden?

Die Geschäftsführung eines Unternehmens formuliert beispielsweise den Eintritt in ein bestimmtes Marktsegment als wichtigstes Ziel. In der IT-Abteilung steht dagegen unabhängig davon die Einführung einer unternehmensweiten System-Management-Lösung als strategisches Projekt ganz oben auf der Agenda. Mit anderen Worten: Während die Geschäftsführung Expansionspläne hegt, beschäftigt sich die IT-Abteilung damit, Ordnung in ihreI nfrastruktur zu bringen. Die Ressourcen sind gebunden, und nur mit einem Kraftakt - oft eilt ein externer Dienstleister zur Hilfe- können beide Projekte abgeschlossen werden.

Der Vorschlag, sich beizeiten an einen Tisch zu setzen, hört sich einfacher an, als er umzusetzen ist. Schließlich haben bereits beide Seiten zum Teil leidvolle Erfahrungen miteinander gemacht. Vor allem aber setzen sie allen Sonntagsreden zum Trotz unterschiedliche Prioritäten - die einen technische, die anderen wirtschaftliche. Solange die DV-Funktion vom Topmanagement als bloßer Kennzahlenlieferant beziehungsweise Dienstleister gesehen und nicht in die strategische Planung von Vertrieb, Marketing oder Produktentwicklung einbezogen wird, bleibt die Lücke weiter offen.