CSC Ploenzke bietet Labor für Supply-Chain-Management

Die Lieferkette ist Rückgrat des Geschäfts

03.11.2000
WIESBADEN (bs) - Der Aufbau DV-unterstützter Lieferketten steckt noch in den Kinderschuhen. In dem Supply-Chain-Labor von CSC Ploenzke können Interessierte Abläufe in Lieferketten simulieren und Erfahrungen sammeln.

Wiesbaden, Kreuzberger Ring 62, Erdgeschoss: Hier befindet sich das Supply-Chain-Labor von CSC Ploenzke. Wer allerdings nach Förder- und Lagertechnik, fahrerlosen Transportsystemen, Gleisanlagen oder Verladerampen Ausschau hält, wird enttäuscht. Standardbürobauten dominieren hier - viel Beton, noch mehr Glas, ein wenig Holz, grauer Veloursteppich und die obligatorischen Grünpflanzen. Die Supply Chain, die gezeigt wird, ist nämlich virtuell.

Die Softwaresysteme, die das Zusammenspiel unterschiedlicher Unternehmensbereiche oder sogar mehrere Betriebe abbilden, sind allerdings installiert. Konkret haben die CSC-Spezialisten die gesamte Mysap.com-Produktfamilie (SCM, CRM und ERP) sowie Konkurrenzlösungen von Siebel und I2 verbunden: "Wir bilden hier einen reinrassigen SAP-Ansatz ab, zeigen aber auch, wie eine Best-of-Breed-Lösung funktioniert", erklärt Rainer Härtner, Leiter Supply Chain Practice, der für das Labor verantwortlich zeichnet (rhaertner@csc.com). Kunden könnten somit die Unterschiede in puncto Aufwand und Projektablauf zwischen einem integrierten Ansatz, wie ihn SAP verfolge, und einem Best of Breed der Spezialanbieter erkennen.

Als Kleber zwischen den Paketen lässt sich in dem Labor auf die Enterprise-Application-Integration-(EAI-)Lösung von Crossworlds zurückgreifen. Die Consultants haben sich bei der Wahl der Produkte an deren weltweitem Marktanteil sowie der Nachfrage hierzulande orientiert. Auf Wunsch könne man die Lieferkette mit einem ERP-Backbone von Baan aufbauen, auch der Einsatz von J. D. Edwards'' Software sei möglich. Doch beides werde derzeit kaum nachgefragt.

Ziel des Labors ist es, dass Unternehmen die Notwendigkeit von SCM erkennen und sich dem Thema anhand von Szenarien nähern. Dazu gehören Kunden, solche, die es vielleicht werden, oder auch nur Interessenten. Neben der Missionarsarbeit wollen die Consultants allerdings auch Geld verdienen: Definition einer SCM-Architektur, Tool-Auswahl, verschiedene Abläufe (Szenarien) durchspielen sowie ein Implementierungsplan gehören zum Beratungsportfolio.

Womit können sich Unternehmen vom Mitbewerb abheben, wie kommt man zu zufriedenen Kunden, und was lässt schließlich die Kasse klingeln? Das sind die Fragen, die Härtner mit Interessenten diskutiert. Für die einen ist es Customer-Relationship-Management (CRM), andere nennen das strategisches Controlling und auch Data Warehousing gilt einigen als Heilsbringer. Für CSC-Mann Härtner ist die funktionierende Lieferkette das entscheidende Kriterium für den Erfolg von Unternehmen.

"Supply Chain ist nicht alles, aber ohne Supply Chain ist alles nichts", könnte man die Devise des Beraters und seines 20-köpfigen Teams umschreiben. Was nützt es, wenn das schönste und beste CRM-Paket im Einsatz ist und der Vertriebsmitarbeiter keine aktuellen Kundendaten aus dem ERP-Backbone darin verfügbar hat? Wie gewinnt man in einem Web-Shop Kunden, in dem die aktuellen Liefertermine oder Bestände der gewünschten Waren nicht online abfragbar sind. Schlimmer noch: Wie stehen Unternehmen da, wenn sie ihre Produkte in bunt schillerndes Internet-Shops feilbieten, die Aufträge aber dann manuell im ERP-Vertriebssystem erfassen müssen? "Das ist heute noch gängige Praxis", stellt Härtner fest. Schon die Verzahnung der Anwendungen innerhalb eines Betriebs oder einer Unternehmensgruppe stecke noch in den Kinderschuhen. Vernetzte Anwendungen, die durchgängige Supply Chains zwischen unterschiedlichen Firmen abbilden, seien Fehlanzeige.

In dem Labor können Interessierte die Funktionen der einzelnen Softwareprodukte testen, um den Auswahlprozess zu vereinfachen. Ebenso wichtig ist es, die Integration der einzelnen Softwarekomponenten zu durchleuchten. Dabei lässt sich, so die Berater, den vollmundigen Versprechungen der Hersteller auf den Zahn fühlen, man habe "zertifizierte Schnittstellen zu dem einen oder anderen Paket". So sei beispielsweise Siebels 99er Connector für R/3 höchstens als Einstiegslösung geeignet: Ein Plug and Play per Knopfdruck ist mit dem Adapter nicht möglich. Allerdings leistet der jetzt erhältliche 2000er SAP-Connector wesentlich mehr und kommt dem Ziel näher. Auch die Kopplung der I2-Produkte mit den Lösungen aus Walldorf sei aufwändig, trotz "vorgefertigter" Interfaces.

Allerdings sei SAPs Versprechen, eine komplette Lösung anzubieten, noch nicht vollständig eingelöst: "Um die einzelnen SAP-Komponenten wie CRM, APO, BW und R/3 brauchbar einzusetzen, muss noch kräftig Hand angelegt werden", erklärt Carsten Köhler, Management Consultant der Supply Chain Practice (ckohler@csc.com). Die durchgängige Nutzung der Walldorfer Produktpalette, sei, so Köhler, ein Projekt, dessen Integrationsaufwand zwar geringer als der Anschluss von Fremdprodukten sei, das aber dafür seine Tücken in der angebotenen Funktionalität hat.

Tipps und Tricks- Ein SCM-Projekt ist hochpolitisch und kann das Machtgefüge (bisherige Kompetenzen) in Unternehmen ins Wanken bringen. Deshalb muss das Topmanagement dahinter stehen.

- Kurze sinnvolle Projektabschnitte wählen (maximal neun Monate), damit rasche Ergebnisse vorliegen.

- Intern für das Projekt werben und auf den Wandel hinweisen.

- Keine Luftschlösser bauen (80-zu-20-Ansatz). Die richtigen Prozesse erkennen, mit den wichtigsten beginnen und auf die notwendigsten Funktionen konzentrieren, etwa: Lieferterminaussagen, Verfügbarkeitsprüfung, Routenoptimierung, Lagerkonsolidierung etc.

- Die Schlüsselfiguren aus allen betroffenen Bereichen gehören ins Projektteam.

- Das Team und das Projekt-Management mit Kompetenzen ausstatten, auch für bereichsübergreifende Entscheidungen.

- Am besten einen verantwortlichen Supply-Chain-Manager einsetzen.

- Ständiger Abgleich, was intern zu leisten und was etwa über Internet-Marktplätze zu beziehen ist. Prüfen, ob sich Prozesse auslagern lassen.

- Beziehung zu Externen abstimmen (Kunden, Lieferanten, Mitbewerber).

- Nicht zu schnell für ein Tool entscheiden: erst die Organisation, Prozesse und das Umfeld (Markt und bisherige Tool-Landschaft) prüfen.

- Einsatz von Enterprise-Application-IntegrationTools checken.

- Best of Breed versus Lösung aus einer Hand: Dabei können EAI-Werkzeuge hilfreich sein.

- Aufwand für Schnittstellen-Programmierung nicht unterschätzen.

- Kompetenz des Beraters prüfen, Kapazitäten zusichern lassen, das gilt auch für Unterstützung durch den Tool-Anbieter.

Abb: Im Versuchsaufbau lassen sich die Vor- und Nachteile von Best of Breed und integrierten Lösungen gegeneinander ausspielen. Quelle: Ploenzke