Einheitliche Softwarebasis für das nächste Jahrtausend

Die LBS gibt ihrer Software ein Zuhause

19.09.1997

Gegenüber großen Mitbewerbern haben die dezentral strukturierten Landesbausparkassen Wettbewerbsnachteile - um so mehr, als bislang auch DV-technisch fast jede Einzelorganisation ihr eigenes Süppchen kochte. "Die meisten Landesbausparkassen haben jeweils ein eigenes System für ihr Kerngeschäft entwickelt", berichtet Sabrina Früchting, Org.-Leiterin der LBS Schleswig-Holstein in Kiel. Allerdings gebe es Ausnahmen von dieser Regel. So haben sich die Landesbausparkassen in Hamburg, Saarbrücken und Potsdam entschieden, die Applikationen der Kieler LBS zu übernehmen.

Auch die anderen Landesbausparkassen überlegen derzeit, ob es sich noch lohnt, ihre alten Anwendungen an die europäische Einheitswährung und die vierstelligen Jahreszahlen anzupassen. "Einige haben so alte Systeme, daß unseres dagegen richtig jung ist", erläutert Früchting. Das Kieler System sei zwar schon vor 15 Jahren konzipiert worden, aber es werde permanent überarbeitet.

Ob die in Norddeutschland entwickelten Applikationen über den Jahrtausendwechsel hinaus Bestand haben, ist jedoch fraglich. Denn es gibt eine Alternative: Zu Beginn des kommenden Jahres will die Westdeutsche Landesbausparkasse in Münster und Düsseldorf mit der Einführung eines Softwaresystems beginnen, das von vornherein für eine Client-Server-Umgebung und ein relationales DBMS bestimmt ist.

Ursprünglich hatte die nordrhein-westfälische LBS eine Standardsoftware für die Bausparbranche gemeinsam mit ihren Schwestern in Karlsruhe, Mainz, München und Stuttgart entwickeln wollen. Aber offenbar war die Zeit noch nicht reif für diese Kooperation. Ende 1993 beschlossen die einzelnen Institute zunächst, getrennte Wege zu gehen.

Doch nachdem die Münchner ihr "LBS 2000" im vergangenen Jahr einstellten (vgl. CW Nr. 50 vom 13. Dezember 1996, Seite 1), blieben nur noch die Münsteraner am Ball. Mit der gemeinsam entworfenen Infrastruktur und dem Entwicklungs-Tool HPS von Seer Technology bauten sie ein System, das ab Januar 1998 stufenweise in Betrieb gehen soll.

Wie Franz Schlarmann, Hauptabteilungsleiter Org./DV bei der LBS in Münster, erläutert, war die neue Software aus Wettbewerbsgründen erforderlich: "Bei einem alten System wird zusätzliche Funktionalität immer aufwendiger und teurer." Das vorhandene, für 3270-Terminals ausgelegte System stoße häufig an funktionale Grenzen. Beispielsweise sei es außerstande, nicht codierte Informationen rechnergestützt weiterzuleiten, wodurch der Nutzen des elektronischen Archivs geschmälert werde.

Auch die Münsteraner Lösung hat bereits externe Interessenten gefunden. Schlarmann zufolge "wird derzeit die Migration in Frankfurt vorangetrieben". Und am 14. Oktober will die LBS Württemberg entscheiden, ob und mit welchen Zwischenschritten sie auf diese Zukunftsoption setzt.

Sowohl die Westfalen als auch die Schleswig-Holsteiner wollen die Nutzungsrechte an ihren Softwareprodukten auf die künftige Softwaregesellschaft übertragen. Wie dieses LBS-interne Softwarehaus organisiert sein wird, ist bislang ebensowenig geklärt wie die Frage, welche Software sich als "strategisch" durchsetzen wird.