Lösungen für die Logistik

Die Laster sind Nebensache

05.12.2003
Von Lars Reppesgaard

Das ist etwa dann der Fall, wenn die Neorpel-Fahrer Ratiopharm mit medizinischen Rohstoffen beliefert, aber auch wenn Bücher wie die Harry-Potter-Romane ausgefahren werden. Die Noerpel- Fahrer holen sie palettiert und mit einem Barcode versehen von der Druckerei ab. Mit Hilfe moderner Online-Handscanner lesen die Fahrer die Barcodes ab. Per Funk übertragen die Geräte die Daten in das Bestandssystem der Druckerei, das dann die Frachtpapiere und Lieferscheine erstellt. Zugleich gehen die Daten an die Noerpel-Zentrale, die so besser disponieren kann. Besondere Aufmerksamkeit richten die Schwaben aber auf die margenträchtigen Zusatzdienste. Bei den so genannten Value Added Services erwarten die Roland-Berger- Analysten einen Umsatzzuwachs von zehn Prozent pro Jahr. Für Kunden wie den IT-Großhändler Tally Computerelektronik übernehmen die Ulmer Arbeiten, die nach der Fertigung anfallen, etwa das Beilegen von Handbüchern und Kabeln.

 

Um zu wissen, welche Rechnerpakete an welche Tally-Filiale geliefert werden, ist Noerpel datentechnisch an das SAP-System des Kunden angebunden. Zudem werden über eine Schnittstelle Daten mit dem eigenen Lagerverwaltungsprogramm „Ilias“ ausgetauscht, mit dessen Hilfe die Noerpel-Entscheider den Überblick über die eigenen Kapazitäten behalten.

IT wird zum Verkaufsargument

Das Thema „Ilias“ zeigt darüber hinaus, wie sich die Sorgen der Logistik- Entscheider gewandelt haben: Wo früher der Chef grübelte, welchen Autohersteller er wegen der Erneuerung des Fuhrparks anspricht, müssen Logistikexperten heute Software und Systemhäuser evaluieren.

Weil der „Ilias“-Hersteller Inforatio Wien aufgekauft wurde und der Support für die Lösung in drei Jahren ausläuft, ist Sievert auf der Suche nach einer neuen Lagerverwaltungssoftware - einer, mit der man auch Browser-basiert arbeiten kann. „Man darf nicht eine Software kaufen, die nur abbildet, was wir heute tun“, erklärt er seine Auswahlkriterien. „Sie muss auch abbilden können, was wir in Zukunft vorhaben, wenn wir zum Beispiel neue Märkte erobern wollen.“ Krankenhauslogistik und pharmazeutische Lager sind Stichworte, bei denen Sievert hellhörig wird. Eine zukunftsfähige, flexible IT ist mittlerweile auch eine Art Marketing- Instrument, glaubt der Ulmer.

Diese Aussage würde Thorsten Weise vermutlich auch unterschreiben. Er ist Projekt- und Prozess- Manager bei T.O.P. Mehrwert-Logistik in Hamburg, einem Logistik- Unternehmen, bei dem die reine Transportleistung nur einen Bruchteil des Umsatzes ausmacht. „Der Transport ist nur Mittel zum Zweck“, sagt der Projekt- und Prozess- Manager. „Wir verdienen durch vor- und nachgelagerte Tätigkeiten.“ T.O.P. fungiert als flexible Technik-Hilfstruppe und arbeitet unter anderem für Unternehmen wie IBM oder Nortel Networks. Zur Leistungspalette der Hanseaten gehören First-Level-Reparaturen, Call-Center-Tätigkeiten, das Bereithalten von Spezialwerkzeugen und ein blitzschneller Zustellservice von Ersatzteilen, damit Unternehmen ihre Service Level Agreements einhalten können.

Alle T.O.P.-Service-Mitarbeiter werden permanent geschult. Zum Teil installieren, warten und reparieren sie selbst PCs, Drucker, Kassen, Scanner oder auch Banknotenzählmaschinen. „Viele Dienstleistungen vor Ort müssen nicht mehr durch hochqualifizierte und teure Techniker erbracht werden“, sagt Weise.

T.O.P. hilft außerdem durch Rendezvouz- Dienste den Kunden, Kosten zu senken. „Früher sind die Techniker in die Niederlassungen gefahren, haben sich die Teile und Vorrat geholt und sind dann zum Kunden gefahren“, erklärt Weise. „Heutzutage liegen die Teile bei uns. Der Techniker ruft das Call- Center an und gibt seinen Bedarf auf. Unser Servicemitarbeiter trifft sich mit ihm am vereinbarten Treffpunkt oder beim Kunden.“ Die Kosteneinsparungen sind entsprechend, denn, so Weise, „der Techniker ist der teuerste Lieferant der Welt“. Mit Blick auf die Stundensätze der Experten ist plausibel, dass es sich nicht lohnt, sie damit zu beschäftigen, aus Lagern Werkzeuge und Ersatzteile abzuholen.

Chancen in der Nische

Wichtiger als eine schneidige LKWFlotte ist auch hier eine IT, die es erlaubt, selbst und anderswo gelagerte Bestände immer im Blick zu halten und Aufträge an die Fahrer zu verteilen, die im Idealfall ständig in Bewegung sind. Um diesen Überblick zu erhalten, greifen die Hanseaten auf die Bestands- und Dispositionssysteme der Kunden zu. Die eigenen Ressourcen verwalten sie mit Navision. Der Blick auf die vielen dezentralen Systeme ist aufwändig, aber ohne Alternative, sagt Weise. „Viele unserer Kunden sind direkte Wettbewerber, also muss ich dafür sorgen, dass die Daten immer sauber separiert bleiben.“