Büro-, Informations- und Kommunikationsindustrie "leicht optimistisch", aber:

Die künftige Wertschöpfung liegt in der Software

17.03.1989

HANNOVER (bi) - "Wieder Tritt gefaßt" und "leicht optimistisch" hieß es zu Beginn der CeBIT auf der ersten gemeinsamen Pressekonferenz von VDMA und ZVEI. Die beiden mächtigen Industrieverbände melden für die Büroinformations- und Kommunikationsindustrie wieder ein Umsatzplus, und zwar von 2,7 Prozent, nach - wie es hieß - "zwei wirtschaftlich schwierigen Jahren".

Für das kommende Jahr rechnet Werner Poschenrieder, Vorsitzender des Fachverbandes Informations- und Kommunikationstechnik im ZVEI und Vorstandsmitglied der Siemens AG, mit einem Umsatzwachstum von fünf bis sechs Prozent. Aus der Hardware-Ecke dürfte dieser Umsatz wohl kaum kommen, vielmehr liegen die Chancen im Softwaresektor und dem der Dienstleistungen. Auch der von den Unternehmen als sehr hoch bezeichnete Schulungsaufwand belegt die Tendenz weg von der Hardware hin zu anwendungsbezogenen Dienstleistungen. "Ungeheure Summen" würden zur Zeit in "Humankapital" investiert, so Poschenrieder, bezogen auf die Lohn- und Gehaltssumme bis zu drei Prozent für die Ausbildung und etwa fünf Prozent für die Weiterbildung. Gesucht werden nach wie vor Netzwerkspezialisten mit Betriebssystemwissen sowie Organisations- und Systemprogrammierer. Insgesamt bliebe der Personalabbau im Hardwarebereich jedoch unter der Fluktuationsgrenze.

Eine Studie zum Software-Markt, ebenfalls eine gemeinsame Aktivität der beiden Verbände, soll im Sommer vorgelegt werden. Ziel: die bisher unzulängliche statistische Erfassung dieses Marktes zu beenden. Hintergrund: Hardwarekomponenten werden zunehmend durch Software substituiert.

Dennoch gab es an der Hardware-Front ein paar erfreuliche Ausreißer. Die Impulse gingen von Personal Computern und erwartungsgemäß Mehrplatzsystemen und Workstations aus. Sie trugen am meisten zum gestiegenen Wachstum von 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf rund 17,9 Milliarden Mark bei. Der Bereich General Purpose Computer entwickelte sich ebenfalls positiv, allerdings etwas schwächer.

"Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott" umriß Horst Nasko, Vorsitzender der Fachgemeinschaft Büro- und Informationstechnik im VDMA, die einzuschlagende Strategie bei sinkenden Weltmarktpreisen, um der aggressiven japanischen Konkurrenz standhalten zu können. Dies bedeute, in moderne Fertigungsstrukturen zu investieren. Als positive Beispiele erwähnte der Nixdorf-Vorstand die Fertigung von Faksimilemaschinen in der Bundesrepublik, wo die deutsche Industrie der Fernostkonkurrenz durchaus Paroli bieten kann. Aber auch im Exportgeschäft bei Laserdruckern, wie Poschenrieder stolz vermerkte, konnten selbst in Japan große Erfolge erzielt werden.

Von Anti-Dumping-Maßnahmen der EG schienen sich die Industrievertreter wenig zu erwarten. Auch was die Unterstützung der EG bei der "Veredelungsleistung in die Bauteile" angeht, wie Poschenrieder ausführte, ist man sich der Hilfe der EG noch recht unsicher. Dennoch muß eben aus dieser Veredelungsleistung die Dauerhaftigkeit einer guten Wettbewerbsposition im Weltmarkt kommen.

Eher zurückhaltend gaben sich sowohl Poschenrieder als auch Nasko im Hinblick auf ISDN. Zwar werde, so Poschenrieder auf Befragen, in vier bis fünf Jahren achtzig Prozent des Bestelleingangs mit ISDN zu tun haben, aber es komme auch ganz wesentlich auf die Gebühren der Post an. Nasko sieht das Anwendungspotential im wesentlichen im gewerblichen Sektor und hier wiederum im Mittelstand.