Die Kündigung als Neuanfang begreifen

16.01.2003
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Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
"Die Trennung erfolgte im gegenseitigen Einvernehmen." Diese Floskel steht oft in Arbeitszeugnissen, auch wenn der Mitarbeiter enttäuscht oder wütend auf die Entlassung reagiert. Das muss nicht so sein: Der Arbeitgeber kann ihm auch eine Outplacement-Beratung finanzieren und so den Weg zum neuen Job ebnen.

Eberhard von Rundstedt residiert mit seinem Büro standesgemäß an der Düsseldorfer Königsallee. Jeden Tag liest er über Entlassungswellen in der Zeitung. Auf den ersten Blick könnten die Zustände für ihn nicht besser sein, schließlich lebt sein Unternehmen, das mit über 120 Mitarbeitern zu den größten Outplacement-Beratungen in Deutschland gehört, davon, dass Menschen entlassen werden und einen neuen Arbeitsplatz brauchen.

Längere Vermittlungsdauer

Obwohl Outplacement als Dienstleistung auch hierzulande bekannter wird, Bedarf und Nachfrage steigen, begrüßt von Rundstedt die aktuelle Entwicklung nicht uneingeschränkt: "Unternehmen, die Mitarbeiter entlassen müssen, sind oft materiell unter Druck. Darum sparen sie auch beim Outplacement. Die Betroffenen bräuchten jedoch derzeit eine längere Beratung, da der Arbeitsmarkt eng ist und es im Schnitt mehr als sechs Monate dauert, bis sie wieder einen Job finden." Dass die Berater die Gekündigten bis in die neue Position begleiten können, ist zwar der Idealfall, aber nicht mehr die Regel. Üblicherweise finanziert der ehemalige Arbeitgeber im Durchschnitt eine limitierte Beratung von drei Monaten, die mit etwa 8000 Euro zu Buche schlägt.

Eberhard von Runstedt, Outplacement-Berater
Eberhard von Runstedt, Outplacement-Berater

Ein Zeitraum, in dem sich laut von Rundstedt schon einiges ausrichten lässt: Angefangen von einer intensiven Bestandsaufnahme der eigenen Lebenssituation flankiert von unterschiedlichen Persönlichkeitstests über das Hinterfragen der beruflichen Leistungen bis hin zur Erstellung der Bewerbungsunterlagen. Dann bringen die Berater den Kandidaten Recherchetechniken bei, damit sie Stellen finden, die nicht in der Zeitung stehen, und vor allem den richtigen Ansprechpartner beim potenziellen Arbeitgeber. Denn der ist in den seltensten Fällen die Personal-, sondern meist die Fachabteilung. Schließlich werden auch noch in Rollenspielen Situationen im Vorstellungsgespräch trainiert.

Bei zeitlich unlimitierten Beratungsaufträgen erreicht von Rundstedt eine Vermittlungsquote von über 90 Prozent, ein hoher Wert, für den er garantiert. Allerdings verlängert sich derzeit die durchschnittliche Vermittlungsdauer wieder: Vor zwei Jahren brachten Outplacement-Berater eine Führungskraft nach etwa fünf Monate wieder in den Job, mittlerweile sind es über sechs Monate. Ganz anders in den USA, wo die ganze Prozedur nur drei Monate dauert, wie eine Studie des Outplacement-Unternehmens Drake Beam Morin (DBM), zu dem auch von Rundstedt und Partner gehören, ermittelte. Dazu von Rundstedt: "Das hat einen einfachen Grund, den aber Gewerkschaften nicht begreifen: Wenn sie den Arbeitsmarkt mit einem großen Schutzzaun umgeben, ist das gut für diejenigen, die drin sind. Wer aber keinen Job hat, hat schlechte Karten.

Ein Einfallstor kann sein, eine Stelle auf Zeit anzunehmen. Das ist mittlerweile typisch." Wie begrenzt die Chancen derzeit selbst für gestandene IT-Profis mit jahrelanger Führungserfahrung sind, mussten auch Andreas Strobel und Hans Dieter Strack erfahren. 14 Jahre lang arbeitete Strack für einen der größten IT-Dienstleister und war vom Entwicklungsingenieur bis zum technischen Leiter für Osteuropa aufgestiegen mit Budget- und Personalverantwortung, bis sein Arbeitsplatz einer Restrukturierung zum Opfer fiel. Ähnlich erging es Strobel, der für dieselbe Firma zunächst als Systemengineer und später als Manager Account Support tätig war.

Getroffen haben sie sich dann im Düsseldorfer Büro der Outplacement-Beratung von Rundstedt und Partner. Nach den ersten erfolglosen Bewerbungen entschlossen sich die beiden 43-Jährigen für einen dritten Weg: "Wir hatten die gleichen Ideen, die gleichen Vorstellungen von Selbständigkeit und wussten, was und wie wir es machen wollten." Ihre Firma Beloscon GbR, Wermelskirchen, ist vor kurzem an den Start gegangen, die Visitenkarten sind gedruckt, die ersten Aufträge eingegangen.

Mittelständischen Firmen aus der fertigenden Industrie bietet Beloscon Dienstleistung, Handel und Mietservice im Product-Lifecycle-Management(PLM)-Bereich an - von der Programmierung über die Installation und Wartung bis hin zur Auswahl von Hard- und Softwareprodukten oder deren Vermietung. Dass der Start in die Selbständigkeit trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage geglückt ist, haben Strack und Strobel auch ihren guten Marktkenntnissen und Kontakten zu Kunden zu verdanken. Dazu kam die intensive Beratung während des dreimonatigen Outplacement-Prozesses. "Wir haben dort gelernt, ohne das Netz einer großen Firma zu agieren. Dazu gehören scheinbar selbstverständliche Dinge, wie man Firmen anschreibt, sich beim telefonischen Erstkontakt verhält und so zielgerichtet handelt, dass das Ergebnis eines Anrufes immer der Besuchstermin ist", sagt Strobel. Und Stracks Fazit: "Ohne Outplacement-Beratung hätten wir mehr Fehler gemacht."