Unternehmensziele versus IT-Leistungsfähigkeit

Die Kluft zwischen Business und IT wächst

30.10.2014
Von 
Matthias Schorer ist Lead Business Development Manager IoT EMEA beim Virtualisierungs- und Cloud-Anbieter VMware.
Deutsche Unternehmen erwarten viel von ihren IT-Abteilungen – zu viel. Die Mehrheit der IT-Verantwortlichen geht von einer deutlichen Kluft zwischen den Geschäftsanforderungen und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der IT aus.
57 Prozent der deutschen IT-Entscheider glauben, dass die Anforderungen an die IT und deren tatsächliche Leistungsfähigkeit deutlich auseinander klaffen.
57 Prozent der deutschen IT-Entscheider glauben, dass die Anforderungen an die IT und deren tatsächliche Leistungsfähigkeit deutlich auseinander klaffen.
Foto: Lightspring, Shutterstock.com


Unternehmen kommen und gehen. Und eins ist sicher: Nur diejenigen, die sich am schnellsten anpassen, überleben. Denn wir haben eine neue Business-Welt betreten. Eine Welt, in der verkrustete, starre Strukturen wegbrechen und durch flexible, sich ständig wandelnde Geschäftsmodelle ersetzt werden. Diese Entwicklung stellt eine enorme Gelegenheit aber zugleich Bedrohung für Unternehmen dar. Der Wettbewerb von heute ist nicht mehr trennscharf umrissen. Von heute auf morgen kann ein ernstzunehmender Konkurrent aus der Versenkung auftauchen und ein etabliertes Geschäftsmodell oder ganze Industrien in die Knie zwingen.
Ein prominentes aktuelles Beispiel für diesen radikalen Wandel ist Uber, die Online-Plattform für Ride Sharing, die via App private Fahrer an Fahrgäste vermittelt und der Taxibranche das Fürchten lehrt. Oder Streaming-Dienste für Serien und Kinofilme wie Netflix, die dem klassischen TV und Videotheken erhebliche Konkurrenz machen.

Junge, agile Player machen weltweit Druck auf die etablierten Marktführer. Der IT kommt essentielle Bedeutung zu bei der Optimierung und Neupositionierung von Businessmodellen. In einer globalisierten Wirtschaft steht sie mehr denn je im Mittelpunkt des Unternehmens, das es sich nicht leisten kann auf dem Status quo zu verharren, sondern mutig und entschlossen vorne weg marschieren muss. Laut der Umfrage "Built for the Fast Lane" von VMware unter 1.800 IT-Entscheidern und 3.600 Angestellten glauben 55 Prozent der IT-Verantwortlichen, dass kleinere Mitbewerber moderne Technologien schneller implementieren und flexibler auf Marktveränderungen reagieren können. Angesichts dessen zeigen sich 73 Prozent besorgt oder fühlen sich sogar bedroht von der kleineren Konkurrenz.

Schwerwiegende Konsequenzen der veralteten IT

Wie gravierend die Auswirkungen veralteter IT-Systeme auf die Leistungsfähigkeit deutscher Unternehmen sind, zeigt eine Umfrage des Centre for Economics and Business Research. Demnach verwenden IT-Abteilungen in EMEA durchschnittlich etwa 14 Mannstunden pro Woche nur um die Auswirkungen veralteter IT zu beheben. In den deutschen Unternehmen kostet allein dieser Zeitaufwand 738 Millionen Euro. Eine Ursache für dieses Problem ist die Diskrepanz zwischen Business-Zielen und der Unternehmens-IT.

Laut der aktuellen Studie von VMware glauben 57 Prozent der deutschen IT-Entscheider, dass die Anforderungen an die IT und deren tatsächliche Leistungsfähigkeit deutlich auseinander klaffen. Durchschnittlich verstreichen 5 Monate bis zur Bereitstellung neuer Services - ein erheblicher Zeitraum mit negativen Folgen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Die Konsequenzen von veralteter IT sind eindeutig: geringere Innovationsfähigkeit, schwächeres Unternehmenswachstum und ein steigendes Risiko für Datendiebstahl- und Verlust. Besonderes Manko ihrer aktuellen IT-Infrastruktur ist für die Hälfte der Befragten (49 Prozent), dass Updates, Management und Launch neuer Cloud-Anwendungen zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Fast alle IT-Verantwortlichen (92 Prozent) sind sich einig, dass die Unternehmensperformance unter einer veralteten IT-Infrastruktur spürbar leidet: Die Folge sind steigende Kosten für die Instandhaltung, geringere Produktivität der Mitarbeiter und schwächeres Wachstum.

IT steht unter Druck

Vor diesem Hintergrund schrillen bei der Geschäftsführung und dem Chief Technology Officer (CTO) die Alarmglocken - und diese geben den Druck weiter an die IT-Verantwortlichen. Auch die IT steht unter Leistungsdruck, denn sie wird nach den Folgenden Ergebnissen beurteilt: Umsatzwachstum (53 Prozent), Marktanteile des Unternehmens (38 Prozent) und der benötigten Zeit für die Markteinführung neuer Produkte (38 Prozent). Als logische Konsequenz stehen 55 Prozent der befragten IT-Entscheider unter Zugzwang, die IT innerhalb der nächsten 12 Monate zu modernisieren. Als Ziel sind die Reduktion der Betriebskosten (54 Prozent), die Erhöhung der Mitarbeitermobilität (46 Prozent) und die Implementierung von Cloud-Technologie (38 Prozent) genannt.

Die Gelegenheit beim Schopf ergreifen

Unternehmen müssen die Chancen, die sich ihnen heute bieten, ergreifen und ihre eigene Zukunft jetzt entschlossen angehen, denn Veränderungen sind unausweichlich. Um die Wettbewerbsfähigkeit unter den neuen Wettbewerbsbedingungen zu sichern, sprechen sich 68 Prozent für Investitionen aus. 59 Prozent fordern die Rekrutierung von qualifizierten Fachkräften und 36 Prozent die Ernennung eines Digital Officers. Davon versprechen sich die Befragten zufriedenere Mitarbeiter, eine verbesserte Reaktionsfähigkeit gegenüber Kunden sowie eine gesteigerte Produktivität und Umsatzwachstum. Um flexibler auf veränderte Geschäftsanforderungen reagieren zu können, muss sich die IT von rein hardware-basierten Konzepten lösen: Software-definierte Infrastrukturen und Hybrid Cloud-Services liefern genau die Rechen-, Speicher-, Security- und Netzwerkfunktionalitäten "as a Service" zur richtigen Zeit und im nötigen Umfang. Aber es geht nicht nur um die Technologie. Deutsche Unternehmen müssen völlig neue Denkstrukturen aufbauen: Weg von Reparieren und Updaten hin zu Innovation und Modernisierung. Nur so haben sie eine echte Chance im globalen Wettrennen um das nötige Wachstum.
Hintergrund der Studie
Im Auftrag von VMware hat das Marktforschungsinstitut Vanson Bourne 1.800 IT-Entscheider und 3.600 Angestellte in kleinen und mittelständischen Unternehmen (ab einer Größe von mehr als 100 Mitarbeitern) in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Italien und Skandinavien (Schweden, Norwegen und Dänemark) sowie in Russland und im Mittleren Osten (Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate) befragt. Die Interviews wurden im Zeitraum März/April 2014 telefonisch sowie online durchgeführt. (bw)