Die ITK-Zukunft ist mobil

12.04.2006
In den nächsten Jahren werden Mobilfunk und Wireless-Techniken alle Lebensbereiche durchdringen. Die Weichen werden jetzt gestellt.
Die wichtigsten Treiber für die Einrichtung drahtloser Breitbandnetze der nächsten Generation sind die Bündelung vorhandener mit neuen Services, die Kostenreduzierung und die Chance, neue Anwendungen und Dienste anbieten zu können. Dazu werden sich die Carrier nicht nur der kommenden Mobilfunkgenerationen, sondern auch Techniken wie Wifi und Wimax bedienen.
Die wichtigsten Treiber für die Einrichtung drahtloser Breitbandnetze der nächsten Generation sind die Bündelung vorhandener mit neuen Services, die Kostenreduzierung und die Chance, neue Anwendungen und Dienste anbieten zu können. Dazu werden sich die Carrier nicht nur der kommenden Mobilfunkgenerationen, sondern auch Techniken wie Wifi und Wimax bedienen.
In Deutschland erwartet kein TK-Ausrüster und kein Handy-Hersteller, dass seine Umsätze in diesem Jahr fallen. Die große Mehrheit rechnet mit glänzenden Geschäften.
In Deutschland erwartet kein TK-Ausrüster und kein Handy-Hersteller, dass seine Umsätze in diesem Jahr fallen. Die große Mehrheit rechnet mit glänzenden Geschäften.

Analog zum Web 2.0 haben die Berater und Marktforscher von Gartner nun das "Mobile Business 2.0" ausgerufen. Auf dem Kongress "Wireless and Mobile Summit" in London lautete die Kernbotschaft: "Mobile Computing wird auch in Unternehmen zum Mainstream". Folgende Trends identifizierten die Gartner-Consultants im Einzelnen:

Fazit

Mobile Computing wird in den nächsten Jahren zum bestimmenden ITK-Trend. Dabei müssen die heutigen Mobilfunk-Carrier nicht zwangsläufig zu den Gewinnern zählen. Gartner sieht gute Chancen für Google, Yahoo und andere Internet-Firmen, von der Entwicklung zu profitieren. Killerapplikation werden lokale Dienste sein, die Nutzern von Handys und Smartphones unterwegs weiterhelfen. Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, dass nicht nur Manager, sondern alle Mitarbeiter mobilen Zugriff auf ihre E-Mails bekommen. Außerdem gilt es, Collaboration-Lösungen einzuführen, die Arbeit in weltweiten Teams unterstützten.

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www.computerwoche.de/go/

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Mobilfunk-Carrier unter Druck

"Große Internet-Konzerne wie Google und Yahoo bringen die Mobilfunknetz-Betreiber in Zugzwang", sagte Nick Jones, Vice President und für Mobilfunk zuständiger Analyst bei Gartner. Der Web-2.0-Trend und die Möglichkeit, von unterwegs aus breitbandig auf Web- Inhalte zuzugreifen, unterstützten diese Entwicklung. Google & Co. wollten zumindest einen Teil der Umsätze abzwacken, die TK-Konzerne mit Abermillionen von Mobilfunknutzern generieren.

"Die Internet-Größen sind in der Lage, bewährte Geschäftsmodelle empfindlich zu stören, um an dieses Ziel zu gelangen", so Jones. Sie seien daran gewöhnt zu experimentieren und legten dabei ein hohes Tempo vor. Anders als die Carrier haben die Internet-Champions keine Mobilfunkumsätze, die zu schützen wären, und keine einschlägige Kundenbasis. Sie können Erfolgversprechendes auf der grünen Wiese ausprobieren und kooperieren, wann und mit wem sie wollen.

Vodafone und T-Mobile machen sich diesen Umstand zunutze, indem sie Googles Suchmaschine in ihren Diensten "Vodafone Live" beziehungsweise "Web’n’walk" verwenden. Dass von Google & Co. jedoch mehr als nur die Web-Suche zu erwarten ist, zeigen Dienste wie etwa Google Maps. "In diesem Rennen geht es um Innovationen", so Jones. "Die Mobilfunk-Carrier sind dabei nicht in der Pole Position."

Weitere Risiken für die Mobilfunkbranche sehen die Marktforscher im bereits begonnenen Preisverfall. Neue Anbieter setzen die Netzbetreiber unter Druck, gleichzeitig sind die hohen Roaming-Gebühren aufgrund politischen Drucks nicht länger zu halten. Darüber hinaus zeigen die Mobilfunkmärkte Anzeichen einer Sättigung. Der Konkurrenzkampf wird härter, das Akquirieren von Neukunden schwieriger und teurer. In den kommenden drei bis fünf Jahren, so prophezeien die Analysten, werden die Profitmargen mancher Mobilfunk-Carrier um 20 bis 25 Prozent schrumpfen.

Die E-Mail wird mobil

Noch in diesem Jahr empfangen 20 Millionen Anwender weltweit ihre E-Mails drahtlos auf einem Handheld, prophezeien die Analysten. Bis 2009 soll diese Zahl auf 100 Millionen ansteigen. "Bislang war die mobile E-Mail eine Nischenanwendung für Executives. Sie basierte haupt-sächlich auf dem Blackberry", so Jones. Das werde sich nun ändern. Im ersten Schritt erreiche der Trend das mittlere Management, dann werde der mobile E-Mail-Empfang für alle Mitarbeiter im Unternehmen so selbstverständlich wie die heutige E-Mail am Büroarbeitsplatz.

Noch seien drahtlose E-Mail-Dienste zu teuer, um unternehmensweit eingeführt zu werden. Bis 2010 wird das Mailen via Handheld aber allgegenwärtig (Commodity), meinen die Marktexperten. Darauf aus Kostengründen zu verzichten sei dann nicht mehr zu rechtfertigen. Die Vorherrschaft des Blackberry von Research in Motion (RIM) soll schon bald abnehmen: Ab 2008 bekommt Microsoft den Markt langsam in den Griff, heißt es bei Gartner.

Mobile Collaboration

Mit Bezug auf eine Umfrage unter 1400 Chief Information Officers (CIOs) weltweit prognostiziert Gartner, dass Techniken für die Zusammenarbeit von teils stationär, teils mobil eingesetzten Mitarbeitern und Teams schon von 2006 an zu den vier Topprioritäten der Unternehmens-IT zählen. Die IT-Organisation habe in den letzten Jahren ihren Wert dadurch bewiesen, dass sie die Kosten heruntergefahren und die Automatisierung vorangetrieben habe. Techniken für die einfache Prozessautomation seien mit ERP- und CRM-Systemen eingeführt worden. In manchen Unternehmen sei die IT-Organisation nun an einem Punkt angekommen, an dem sie sich neu unter Beweis stellen müsse. Potenzial liege vor allem darin, die Effektivität der einzelnen, geografisch verteilten Mitarbeiter zu verbessern. Sie müssten optimal an das Unternehmen angebunden sein und von überall auf konzernweit zugängliche Informationen zurückgreifen können.

Weblogs und Wikis

"Mobile Technik wird neue Collaborative Applications ermöglichen. Wir werden Smartphones von besserer Qualität erleben, die Mobilfunknetze, Bluetooth und Wireless LANs unterstützen", prophezeite Jones. "Gleichzeitig gewöhnen sich Konsumenten und Mitarbeiter in Unternehmen an Web-basierende Werkzeuge für die Zusammenarbeit - zum Beispiel Weblogs und Wikis. Damit wird sich das Interesse an mobilen Zugangsgeräten sehr schnell entwickeln", so der Gartner-Mann.

Jones’ Ausführungen zufolge befindet sich der Mobility-Markt in der Phase des "Erwachsenwerdens", er werde zunehmend als Teil der konzernweiten IT-Architektur verstanden und entsprechend kontrolliert und verwaltet. Unternehmen erarbeiten Policies und Strategien, um die Mainstream-Entwicklung, die über Mobile E-Mail und Außendienst-Anbindung weit hinausgeht, zu beherrschen. Aus Firmensicht gilt es nun, auch strategisch zu entscheiden, wer künftig der Mobilfunk-Provider der Wahl sein soll.

Unterhaltungstechnik überall

Mobile und drahtlose Techniken werden über kurz oder lang alle Lebensbereiche berühren: das Heim, das Büro, das häusliche Arbeitszimmer, die Familie, das Auto, die Freizeitgestaltung. Diese Entwicklung bringt Unternehmen Risiken und Chancen gleichermaßen. Techniken, die im Privatleben zum Einsatz kommen, erreichen auch die Company. Das gilt etwa für WLANs, Handys, PDAs oder auch für Software wie Google Desktop oder Skype. Für die Unternehmensdaten wachsen damit die Sicherheitsrisiken.

Consumer-Technologie wird nach Meinung von Jones so oder so Einzug in die Unternehmen halten. Durch den Mobile-Computing-Trend werde diese Entwicklung noch verstärkt. Dies kategorisch unterbinden zu wollen sei aussichtslos, Erfolge seien überdies kaum nachprüfbar. Zudem seien derlei Versuche kontraproduktiv, weil die Mitarbeiter durch das Experimentieren mit neuen Techniken Wege finden könnten, effektiver zu arbeiten. Verbote bremsten die Innovation, lieber sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter über Risiken aufklären, Nutzungsregeln aufstellen und auf Investitionen in unternehmensweite Lösungen vorbereitet sein - für den Fall, dass Mitarbeiter wirklich wertvolle Lösungen entdeckten.

Die Smartphones kommen

Die Preise für Smartphones fallen rasant, weshalb eine weitaus größere Anzahl an Privat- und Unternehmensanwendern damit arbeiten werden. Zwischen 2005 und 2009 sollen die Verkäufe jährlich im Durchschnitt um 49 Prozent zulegen. Schon 2009 wird laut Gartner jedes dritte Handy ein Smartphone sein.

Smartphones können als Frontend für einfache Thin-Client-Anwendungen dienen oder als Endgeräte für Fat-Client-Unternehmensanwendungen. Sie werden zunehmend als Business-Tools genutzt und von IT-Managern ausgewählt. Damit sind die Anbieter gefordert, Modelle herauszubringen, die von Unternehmen beherrschbar sind, die nötigen Sicherheitsanforderungen erfüllen und deren Software zentral verwaltet werden kann.

Mobile Business 2.0

Die nächste Welle im Mobility-Markt tauft Gartner "Mobile Business 2.0". Der Name wurde von Web 2.0 abgeleitet. Geschäftsmodelle, kulturelles Verhalten, Technologien und Interaktionen seien vergleichbar. Während im Web aber die Suchfunktion entscheidend sei, werde sich der mobile Anwender Informationen zu seiner unmittelbaren lokalen Umgebung besorgen.

"Das Internet ist wie eine Enzyklopädie, in der man immer über einen Index sucht", so Jones. "Das Mobile Business 2.0 wird mehr wie ein Themenpark sein, in dem man herausfinden möchte, was um einen herum geschieht." Kontextbasierende Daten werden dem Anwender selektiv zugespielt, basierend auf seinen Wünschen und Interessen, seinem bisherigen Nutzungsverhalten und seiner Umgebung.

Die erste Welle des Mobile Business ist laut Gartner gescheitert, weil die Industrie versucht hat, für das Internet gültige Prinzipien eins zu eins in die Mobilfunkwelt zu übertragen (etwa in Form von WAP-Portalen). Wirklich wertvolle Services gab es nicht, auch die verfügbaren Local-based Services waren nicht besonders überzeugend. Die Idee, Nutzer auf dem Handy in der knapp bemessenen Freizeit vornehmlich mit News und Spielen zu versorgen, ging nicht auf. Besser sei es, so die Analysten, lokale Dienste rund um die eigene Repräsentanz anzubieten und so zeitlich begrenzte Communities zu einem Thema oder einem Angebot zu schaffen.

Mobile Business 2.0 für den Massenmarkt wird es in Westeuropa laut Gartner erst ab 2009 bis 2011 in der Breite geben. Trotzdem sollten Unternehmen schon jetzt planen und kurzfristig sich ergebende Möglichkeiten nutzen. Dazu zählten etwa Angebote, die darüber informieren, was in der Gegend los ist, Hinweise auf Buchungsmöglichkeiten, einfache Maschine-zu-Maschine-Anwendungen, die Verbreitung lokaler Infos und Peer-to-peer-Anwendungen der ersten Generation. (hv)