Die IT richtet sich am Geschäft aus

28.11.2006
Von Alexander Schmidt, Oliver Wilke, Hubert Österle 
Die Bewerbungsbögen der Top-CIOs belegen einmal mehr, dass IT-Projekte heute immer häufiger um Prozesse und Strategien kreisen.
Innerhalb eines Jahres nahm die Anzahl der Strategieprojekte um fast zwei Fünftel zu. Eine ähnliche Steigerung macht sich im Prozessbereich bemerkbar.
Innerhalb eines Jahres nahm die Anzahl der Strategieprojekte um fast zwei Fünftel zu. Eine ähnliche Steigerung macht sich im Prozessbereich bemerkbar.
Bei den 287 untersuchten Projekten in Großunternehmen fällt die starke Steigerung im Bereich Risiko-Management/Compliance sowie Serviceorientierung auf.
Bei den 287 untersuchten Projekten in Großunternehmen fällt die starke Steigerung im Bereich Risiko-Management/Compliance sowie Serviceorientierung auf.

Von Alexander Schmidt, Oliver Wilke, Hubert Österle*

Die Tendenzen im Überblick

• Den größten Zuwachs zeigen Projekte, die sich mit den Geschäftsprozessen und der Strategie im Unternehmen befassen.

• Die Zahl der Projekte mit Systemfokus nimmt sowohl im Vergleich zum letzten Jahr, als auch im Vergleich zu 2003 ab.

• Immer mehr Projekte weisen gleichzeitig informationstechnische sowie strategische und prozessuale Elemente auf.

• Bei Strategieprojekten lag der Fokus in diesem Jahr auf Vorhaben, die sich der IT-Architektur sowie der IT-Governance widmen.

• Im Architekturbereich konsolidieren die Unternehmen die eigene IT. Sie zeigen Interesse an serviceorientierten Architekturen (SOA).

• Die Ansprüche der Kunden und die gesetzlichen Vorgaben lenken das Augenmerk auf die IT-Governance, also auf Sicherheits- und Compliance-Fragen.

• Die Projekte zur Prozessoptimierung beschränken sich vor allem auf innerbetriebliche Abläufe; organisationsübergreifende Zusammenarbeit steht erst am Anfang.

• Künftig ist mit einer Zunahme von Stammdatenprojekten zu rechnen, denn die Risiken von nicht abgeglichenen Artikelstämmen sind vielen Unternehmen präsent.

CIO des Jahres: Klaus Straub, Audi

CIO, 42 Jahre

Strategie: Unterstützung der Fachbereiche bei der Gestaltung und Optimierung der Geschäftsprozesse und Organisationsstrukturen sowie Sicherung effektiver und effizienter Prozesse, IT-Systeme und Strukturen.

Innovation: Prototyp für interaktives und personalisiertes Vorlesen im Fahrzeug (Car IT), Diebstahlschutz (konzernweite Prozess- und Systemkonzeption für die Fahrzeugsicherung);

Wichtigstes Projekt: Konsolidierung der IT-Services innerhalb der Markengruppe Audi mit kumulierten Einsparungen von 20,4 Millionen Euro in den Jahren 2004 und 2005;

Juryurteil:

- Vorreiterrolle bei der Verzahnung von Geschäftsprozessen und IT;

- aktive Rolle des CIOs bei der Gestaltung der Prozesse;

- klare strategische Ausrichtung der IT-Aktivitäten und Prozesse, basierend auf den Audi-Zielgrößen;

- umfassendes Management der IT-Architekturen im Unternehmen mit Einführung zukunftsweisender Ansätze wie SOA, eines "Book of Standards" und einer IT-Security-Architektur;

- Sicherstellen der Wirksamkeit der IT-Unterstützung durch IT-Architektur- und Projekt-Councils, bei denen die jeweiligen Prozessverantwortlichen über IT-Entscheidungen mitbestimmen.

2. Platz: Sven Lorenz, Porsche

Leiter Informationssysteme, 42 Jahre

Strategie: Die Porsche IT sieht sich als Enabler von IT-Lösungen mit hohem Wertbeitrag für das Unternehmen, der sich durch die IT-Unterstützung von Prozessinnovationen generiert.

Innovation: CAD-Konstruktion mit enger Kopplung der Produktstruktur-, Lage- und Geometriedaten; Ersatzteillogistik mittels integriertem System für Auftragsabwicklung, Bestandführung, Planung und Disposition;

Wichtigstes Projekt: Porsche Integriertes Auftrags- und Ressourcen-Management (PIA);

Juryurteil:

- Das Auftrags- und Ressourcen-Managenet "PIA" hat hinsichtlich seiner Prozessintegration in der internen Lieferkette Vorbildfunktion für andere Industrieunternehmen;

- "PIA" sorgt für eine enge Ausrichtung der Fahrzeugproduktion an Kundenwünschen. Änderungen sind bis kurz vor Produktionsbeginn möglich;

- Lorenz trägt durch seine schlanke, effiziente und bewegliche IT-Philosophie nachhaltig dazu bei, dass Porsche ein Spitzenunternehmen ist.

Sieger Mittelstand: Jörg Heilingbrunner, Union Technik

Geschäftsführender Gesellschafter, 43 Jahre

IT-Strategie: Integration aller Prozesse und Produktivitätssteigerungen der Mitarbeiter;

Innovation: unternehmensübergreifende Integration aller Funktionen und Workflows ohne Medienbrüche mit Lieferanten und Kunden;

Wichtigstes Projekt: Aufbau eines Workflow-Management-Systems unter Einbezug mobiler Technologien;

Juryurteil:

- Effizienzsteigerungen durch den Einsatz moderner Technologien;

- Vernetzung lokaler Servicetechniker als wesentlicher Wettbewerbsvorteil;

- Personalunion von CEO und CIO gewährleistet starkes Alignment von IT- und Business-Strategie.

Mittelstand 2. Platz: Günter Weinrauch, Premiere Fernsehen

CIO, 44 Jahre

IT-Strategie: Überführung der vorher reaktiv aufgestellten in eine proaktive IT-Einheit;

Innovation: schneller Roll-out neuer Technologien wie Voice-over-IP;

Wichtigstes Projekt: Auslagerung der operativen IT-Einheiten mit parallelem Aufbau einer IT-Governance-Einheit;

Juryurteil:

- klare Strategie, schlanke IT-Organisation, die sich auf Steuerungsaufgaben fokussiert;

- jährliche Kostenreduktion durch Outsourcing um 25 Prozent;

- hohe Standardisierungs- und Optimierungsbestrebungen der IT-Prozesse und -Dienstleistungen.

Mittelstand 3. Platz: Marianne Schröder, Heinrich Eibach

IT-Managerin, 42 Jahre

IT-Strategie: Ablösung der Individualapplikationen durch Standardsoftware und Homogenisierung der Server-Landschaft;

Innovation: Verwendung moderner Technologien wie Funk oder PDA im Lagerbereich;

Wichtigstes Projekt: Migration eines 15 Jahre alten ERP-Systems auf SAP in 14 Monaten;

Juryurteil:

- ausgeprägte Verzahnung von Geschäfts- und IT-Strategie, in deren Fokus die Erfüllung von Kundenwünschen und -nähe steht;

- Integration der Supply-Chain;

- Gestaltung der Geschäftsprozesse;

- IT-Governance-Prozess mit umfangreichen Feedback-Mechanismen.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/ciodesjahres

Hier finden Sie alle IT-Macher 2006 im Porträt mit

- ihren wichtigsten Projekten;

- ihren IT-Strategien und ihren Innovationen sowie

- den Buch- und Filmtipps der CIOs.

- dazu exklusiv: CW-TV-Interviews mit den Siegern.

3. Platz:Bettina Anders, Itergo

Vorsitzende der Geschäftsführung, 46 Jahre

IT-Strategie: Bereitstellung einer zukunftssicheren, wirtschaftlichen und risikooptimierten Architektur;

Innovation: Einheitliche Systeme auf Basis einer durchgängigen Multi-Plattform-Architektur für den Innendienst, alle Vertriebswege und den Versicherungskunden ermöglichen es, Produkte schnell bereitzustellen und Services flächendeckend anzubieten.

Wichtigstes Projekt: Zusammenführung verschiedener Anwendungslandschaften zu einem Ergo-Anwendungssystem, Kostensenkung um 25 Prozent seit 2003 durch Ausschöpfen von Synergieeffekten;

Juryurteil:

- Anders verfolgt eine fokussierte IT-Strategie mit konsolidierten Systemen, prozessorientierter Organisation und Innovationskraft.

- Durchgängige IT-Governance-Prozesse sorgen für enge Verzahnung zwischen IT und Business.

Mit welchen IT-Projekten beschäftigen sich Unternehmen im deutschsprachigen Raum? Inwieweit steht dort das Geschäft im Vordergrund? Und wie wird es mit der Technik verknüpft? Diese Fragen versuchte das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen auch diesem Jahr zu beantworten, indem es die - anonymisierten - Bewerbungsbögen zum computerwoche-Wettbewerb "CIO des Jahres" auswertete.

Eindeutige Trends

Seit 2003 kürt die CW jedes Jahr die IT-Macher mit Vorbildcharakter in ihrem Hauptverbreitungsgebiet. Die nominierten Kandidatinnen und Kandidaten aus Groß- und Mittelstandsunternehmen sowie öffentlichen Verwaltungen nennen auf ihren Bewerbungsbögen unter anderem die wichtigsten Projekte ihres Verantwortungsbereichs. Diese Informationen dienen der St. Gallener Hochschule als Basis ihrer Untersuchung, die zwar nicht repräsentativ ist, aber eindeutige Trends aufzeigt. Die Befragung konzentriert sich auf den deutschsprachigen Raum, insbesondere auf Unternehmen aus Deutschland (92,7 Prozent im Vergleich zu 6,6 beziehungsweise 0,7 Prozent aus der Schweiz und Österreich).

Abgeschlossen wurden die ausgewerteten Projekte jeweils innerhalb der beiden Jahre vor der Befragung. Nach ihren Inhalten lassen sich die Projekte in drei Hauptkategorien einteilen:

- Strategische Projekte betreffen die langfristige Unternehmensentwicklung und haben beispielsweise die Unternehmensstruktur und Marktleistungen im Blickpunkt. Sie betreffen sowohl das Gesamtunternehmen als auch die Informatik.

- Projekte mit Prozessfokus zielen auf die Verbesserung der internen und übergreifenden Abläufe. Fortsetzung auf Seite 10

- Projekte auf Systemebene behandeln Informationssysteme (Applikationen und Datenbanken) sowie Informationstechnik (Hardware, Netzwerke, Systemsoftware).

Die meisten strategischen Projekte befassen sich mit Prozess- und Systemarchitekturen, aber auch mit der Reorganisation von IT-Abteilungen sowie mit der IT-Governance. Auffällig ist die hohe Anzahl von Projekten, die auf Standardisierung abzielen.

Vom Business abgeleitet

Bei den strategischen Projekten folgt die IT der Unternehmensstrategie. Die meisten CIOs verwiesen explizit darauf, dass sich ihre IT- von der Business-Strategie ableitet.

Bei den Projekten auf Prozessebene liegt der Schwerpunkt auf den internen Abläufen. ERP-Projekte nehmen hier einen hohen Stellenwert ein, wobei nur noch wenige Unternehmen - hauptsächlich mittelständische - ERP-Systeme neu einführen. Die meisten standardisieren oder homogenisieren ihre Systeme und erweitern deren Leistungsumfang.

Ein großer Teil der Projekte hat die Veränderung der Systemlandschaft zum Inhalt. Auch hier nimmt die Standardisierung von Applikationen sowie von Hardware und Systemsoftware - beispielsweise von Desktops, Servern und Netzwerken - einen großen Stellenwert ein.

Entwicklung von 2003 bis 2006

Insgesamt schlossen die befragten Großunternehmen im zu Ende gehenden Jahr 287 Projekte ab. Damit summiert sich die Gesamtzahl der untersuchten von 2003 bis 2006 Projekte auf 1148. Für 254 davon, also knapp 22 Prozent, zeichneten mittelständische Firmen mit bis zu 1500 Mitarbeitern verantwortlich.

Aus den Projekten lässt sich eine Reihe von Tendenzen ableiten. Die erste betrifft das Verhältnis der drei Hauptkategorien Strategie, Prozesse und Systeme. Immer noch bezieht sich die höchste absolute Anzahl der Projekte auf die Informationssysteme. Doch deren relative Zahl nimmt sowohl im Vergleich zum letzten Jahr, als auch gegenüber 2003 ab.

Verlagerte Schwerpunkte

Dahingegen weisen strategie- und prozessbezogene IT-Projekte einen deutlichen Zuwachs auf. Das spricht für eine zunehmende Orientierung von rein technikorientierten zu stärker geschäftsgetriebenen Vorhaben, die im Einklang mit der Gesamtunternehmensstrategie stehen. Damit korrespondiert die Tatsache, dass immer mehr Projekte gleichzeitig informationstechnische sowie strategische und prozessuale Elemente aufweisen.

Auf der Strategieebene selbst haben sich die Schwerpunkte im Vergleich zu den vergangenen Jahren ebenfalls verlagert. Bis 2005 dominierten Reorganisations-, also Zentralisierungsprojekte, mit denen sich die Firmen häufig auf Outsourcing-Vorhaben vorbereiteten. Im vergangenen Jahr hingegen lag der Fokus verstärkt auf Projekten, die sich der IT-Architektur sowie der IT-Governance widmen.

In Architekturfragen zeichnen sich zwei Entwicklungen ab. Zum einen betreiben die befragten Unternehmen erhöhten Aufwand zur Konsolidierung der eigenen IT, sei es durch Standardisierung von Applikationen, beispielsweise von ERP-Systemen, oder durch Vereinheitlichung der Hardware und Netzwerke. Zum anderen zeigen die Unternehmen zunehmend Interesse an serviceorientierten Architekturen (SOA), das in den dokumentierten Bestrebungen zur Serviceorientierung Ausdruck findet.

Das Thema IT-Governance erscheint zunehmend auf der Agenda der IT-Abteilungen. Damit setzt sich ein Trend der vergangenen Jahre fort: Während reine Kostensenkungsprogramme abnehmen, verbessern die Unternehmen die Qualität der IT-Leistungen und holen Mehrwert für das Geschäft heraus. Die steigenden Ansprüche der Kunden und die gesetzlichen Vorgaben lenken das Augenmerk auf Sicherheits- und Compliance-Fragen.

Die zunehmende Anzahl der Projekte zur Prozessoptimierung beschränkt sich derzeit stark auf innerbetriebliche Abläufe. Ins Auge fallen vor allem die Ausrichtung der internen Prozesse am Kunden, die sich in einer Zunahme der implementierten CRM-Lösungen manifestiert, sowie die wachsende Bedeutung von Wissens- und Dokumenten-Management. Dahingegen stagniert die Zahl der Projek- te zur Abstimmung überbetrieblicher Geschäftsprozesse. Allenfalls konzentrieren sie sich auf die Integration der Lieferanten in die eigene Wertschöpfungkette.

Auf der Ebene der Informationssysteme nutzen die Unternehmen die Einführung neuer Prozesse sowie unterstützender Applikationen, um die Hardware zu aktualisieren. Viele Projekte betreffen die Standardisierung der Clients, Server und Netzwerkinfrastruktur. Die verbleibenden Projekte konzentrieren sich auf die Harmonisierung der Systeme und auf Updates der Software. Die Abnahme von Projekten im Bereich Technikplattformen erklärt sich aus der großen Anzahl von Intranet- und Internet-Projekten, die bis 2003 bereits abgeschlossen wurden.

Hin zum agilen Unternehmen

Die Auswertung der CIO-Fragebögen unterstreicht den Trend zu mehr Flexibilität der Informationsarchitekturen und damit zur besseren Unterstützung der Geschäftskonzepte. Die IT-Verantwortlichen sind sich dieser Herausforderung bewusst und treiben mit ihren Projekten die Entwicklung in diese Richtung. Dabei kristallisieren sich - in Übereinstimmung mit Analysen der Vorjahre - folgende Schwerpunkte heraus:

Den größten Beitrag zur Agilität des Unternehmens leistet ein schlankes Geschäftsmodell. Zusatzleistungen, Individualisierung von Leistungen, Globalisierung, Regulierung, Vernetzung und das zunehmend elektronisch dokumentierte Wissen sind mächtige Komplexitätstreiber der Geschäftsmodelle. Modularisierung, Standardisierung und Konsolidierung der IT reduzieren diese Komplexität. Die auffallend hohe und noch wachsende Anzahl der Projekte zur Standardisierung der Informationstechnik belegt, dass sich Unternehmen mit dieser Problematik beschäftigen. Sie nutzen das Potenzial der IT als wichtiges Instrument zur Beherrschung und Reduktion der Komplexität, die den Geschäftsmodellen innewohnt.

Den größten Zuwachs im Verlauf der vergangenen Jahre zeigen Projekte, die sich mit den Geschäftsprozessen und der Strategie im Unternehmen befassen. Fortsetzung auf Seite 12

Ziel ist häufig das Alignment von Geschäftsmodell und Informationsarchitektur. Dabei müssen das gültige Geschäftsmodell und seine geplanten Veränderungen die Informationsarchitektur bestimmen. Eine zentrale Vorgabe für die Informationsarchitektur ist die Prozessarchitektur, die die Gültigkeitsbereiche der Prozesse festlegt. Sie bestimmt also beispielsweise, ob ein Vertriebsprozess unternehmensweit oder nur für eine Region beziehungsweise einen Standort gelten soll.

Kritisch anzumerken bleibt hier, dass der ausgeprägte Fokus auf innerbetriebliche Abläufe unternehmensübergreifende Potenziale nur unzureichend berücksichtigt. Die organisationsübergreifende prozessbasierte Zusammenarbeit steht auch 2006 erst am Anfang.

Brennpunkt Stammdaten

Jedes Geschäftsmodell basiert auf einem Kern von effizienten und sicheren unternehmensinternen Prozessen, die sich mit ihm weiterentwickeln. Im Idealfall arbeiten alle Mitarbeiter und Applikationen in nahtlosen Prozessen mit denselben Daten (Single-Source-of-Truth), erreichen kurze Durchlaufzeiten und fällen ihre Entscheidungen aufgrund hoher Transparenz über das betriebliche Geschehen - von der Auftrags-Pipeline bis zur Budgeteinhaltung. Erste Schritte zu nahtlosen Prozessen sind deren Redesign, die Konsolidierung der Applikationen und Datenbestände, das Outsourcing von nicht wettbewerbskritischen Prozessen und das Stammdaten-Management.

Viele Unternehmen haben Projekte zum Business Process Redesign (BPR) ins Leben gerufen, und sie konsolidieren Applikationen sowie Datenbestände. Allein das Stammdaten-Management entwickelt sich noch recht langsam und auf niedrigem Niveau. Erst 21 der untersuchten Projekte haben sich seit 2003 explizit mit diesem Thema beschäftigt. Allerdings finden die Stammdaten innerhalb anderer Projekte Beachtung. Zudem ist künftig mit einer Zunahme von Stammdatenprojekten zu rechnen, denn die Risiken, die nicht abgeglichene Artikelstämme für die Umsetzung des Geschäftsmodells bedeuten, sind vielen Unternehmen durchaus präsent.

Serviceorientierung nimmt zu

Serviceorientierung macht Unternehmen netzwerkfähiger. Sie vereinfacht die Kopplung nahtloser Kernprozesse mit den Prozessen anderer - eigener oder fremder - Geschäftseinheiten und erlaubt, beliebige interne und externe Web-Services einzubinden. Aus geschäftlicher Sicht bedeutet Serviceorientierung, dass Aufgaben, die an verschiedenen Stellen anfallen, an einer einzigen Stelle gelöst werden. Aus technischer Sicht ist Serviceorientierung die Identifikation von Gleichteilen in Applikationen und ihre zentrale Bereitstellung.

Die Serviceorientierung steht erst am Anfang ihrer Umsetzung. Doch wird die Bedeutung serviceorientierter Informationsarchitekturen von vielen CIOs als eine der wichtigsten IT-Entwicklungen erkannt. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich das in neu initiierten IT-Projekten widerspiegelt.

Management der IT-Risiken

Großunternehmen befassen sich verstärkt mit dem systematischen Management des IT-Risikos. Manche Risiken nehmen mit der Vernetzung der Wirtschaft zu, während gleichzeitig die Regelungsdichte die Anforderungen an die Informationsverarbeitung erhöht. Die gesetzlichen (Compliance-)Anforderungen sind ohne integrierte Datenbanken sowie geplante und dokumentierte Prozesse oft kaum noch zu erfüllen. Geschäftspartner machen die Einhaltung von Bestimmungen oft zur Voraussetzung für eine Geschäftsbeziehung.

Um IT-Risiken zu mindern, reichen technische Abwehrmaßnahmen oft nicht aus. Sie müssen durch organisatorische Maßnahmen wie Sicherheitsrichtlinien ergänzt werden. Die bislang noch geringe Anzahl von Projekten in diesem Bereich widmet sich zum Einen der Erarbeitung umfangreicher Sicherheitskonzepte, zum Anderen der Implementierung von Virtual Private Networks sowie der Nutzung von Antiviren-Software und Spam-Filtern.

Das Fazit

Dass sich die Informatik zunehmend am Geschäft ausrichtet, zeigen nicht nur die Projektzahlen. Es kommt auch - wenn nicht noch stärker - in den Aussagen der befragten CIOs zum Ausdruck. Wie die Auswertung der Fragebögen verdeutlicht, schaffen die Unternehmen in der IT durch eine Reihe komplexitätsreduzierender Maßnahmen die Voraussetzungen für Agilität und Innovationsfähigkeit im Geschäft. Auf der CIO-Agenda weit oben stehen auch Prozessoptimierungs- und Integrationsprojekte. (qua)

*Alexander Schmidt und Oliver Wilke sind Assistenten am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen. Prof. Dr. Hubert Österle ist Direktor des Instituts.