Neuer Bayer-CIO

Die IT muss die Dinge einfacher statt komplexer machen

17.08.2009
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Aktuelle Themen sind BI und CRM

CW: Ein anderes Feld, auf dem Sie Handlungsbedarf angemeldet haben, ist die Kundenorientierung. Was wollen Sie hier besser machen?

Hartert fordert von der IT proaktives Denken.
Hartert fordert von der IT proaktives Denken.

HARTERT: Die IT hat oft das Problem, dass sie sich als reaktiver Dienstleister verhält, also "nur" tut, was der Kunde will. Stattdessen sollte sie proaktiver mitdenken und immer den maximalen Mehrwert für den Kunden im Fokus haben. Nehmen wir mal an, der Kunde hat ein neues Vorhaben spezifiziert, dessen IT-Umsetzung eine Million Euro kostet. Die IT würde sich üblicherweise über den Auftrag freuen und sich darauf konzentrieren, das Projekt innerhalb von Budget, Zeit und Qualität abzuschließen. Ich erwarte jedoch, dass zuerst über alternative Möglichkeiten nachgedacht wird, also darüber, wie dasselbe Ziel über einen anderen, vielleicht um 30 Prozent günstigeren Weg erreicht werden kann. Und das nicht erst nach Aufforderung, sondern proaktiv und aus der Sicht des Kunden. Dies ist aber ein Paradigmenwechsel, denn die IT macht häufig Dinge eher komplexer als einfacher. Nehmen Sie die berühmten Picasso-Zeichnungen, die mit einem einzigen Strich ein Tier darstellen - für mich ein Synonym für großartige Einfachheit und geeignet als Anspruch an die IT.

CW: Wie wirkt sich das in der täglichen Praxis aus?

HARTERT: Zum Beispiel in Form von Transparenz. Wir haben global konsistente Preislisten und sind gerade dabei, unsere regionalen Produktkataloge auf eine weltweite Basis zu stellen. Wir lassen uns gern an den marktgängigen Benchmarks messen. Und wir definieren Kosten stets im Sinne des Business, also nicht als ein komplexes Zahlenwerk, das niemand versteht, sondern in der Terminologie des Geschäfts. Das bedeutet selbstverständlich auch, dass sich die Denkweise innerhalb der IT ändern muss.

CW: Welche konkreten Projekte planen Sie oder haben Sie bereits initiiert?

HARTERT: In den vergangenen Jahren hat sich Bayer stark auf die ERP-Standardisierung konzentriert. Hier hat der Konzern viel erreicht. Wichtige Themen sind jetzt Customer-Relationship-Management und Business Intelligence beziehungsweise - gesamtheitlich betrachtet - Informations-Management. Die SAP-Systeme liefern Daten, die teilweise gar noch nicht genutzt werden. Da gibt es sehr viel Potenzial. Wo und wie können wir unser Working Capital reduzieren? Wie können wir unsere Supply Chain in allen Regionen der Welt verbessern? Das sind relevante Fragen, zu deren Beantwortung die IT einen großen Beitrag leisten kann. Darüber hinaus haben wir ein Projekt namens "Personalized Workplace". Es zielt auf eine moderne Arbeits- und Kommunikationsumgebung und trägt auch dem Trend der "Konsumerisierung" Rechnung. Unsere Mitarbeiter erwarten im Unternehmen eine ähnlich einfach zu benutzende Umgebung wie in ihrer privaten Welt, die zunehmend durch Themen wie Web 2.0 geprägt ist. Besonders junge Menschen gehen bei einem Erfinderunternehmen wie Bayer davon aus, dass wir in dieser Hinsicht ein "early adopter" sind.