„Die IT muss das Rechnen lernen“

01.04.2003
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Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Dietmar Lummitsch, CIO der TÜV Süddeutschland Holding AG und Geschäftsführer der TÜV Informatik Service GmbH, sieht ein Einsparpotenzial von zwei Prozent im Zuge einer Standardisierung. Das bezieht er auch auf die Applikationen, von denen sein Unternehmen einige hundert hat: „Der PC ist ein Arbeitsplatzgerät und kein Spielfeld für die Selbstentfaltung der Mitarbeiter.“

Abspecken lautet deshalb die Devise bei der Landesbank Baden-Württemberg, die nach Fischers Ansicht mehr Geld als sinnvoll für den Betrieb der Systeme ausgibt - Ausgaben, die der Anwender nicht wahrnehme: „Heute fließen noch 70 Prozent unseres IT-Budgets in den Betrieb der Systeme und in die Wartung der Anwendungen. Das ist zu viel.“ Diese Einschätzung teilt Accenture-Partner Harald Lieder: „In vielen Firmen lassen sich durch Effizienzsteigerungen 20 bis 50 Prozent des Budgets sparen. Außerdem sollten die Ausgaben für den Betrieb der Systeme maximal 60 Prozent betragen, der Rest sollte für Innovationen reserviert werden.“

Im Benchmark mit anderen Banken mussten die Stuttgarter feststellen, dass sie 20 Prozent mehr Anwendungen für die Mitarbeiter vorhalten als die Konkurrenz: „Darum wollen wir den Warenkorb verkleinern - nicht jeder Mitarbeiter braucht einen Routenplaner auf seinem PC -, und die Zahl der Terminals verringern, die im Verhältnis zur Mitarbeiterzahl überproportional hoch ist“, erklärt Fischer. Bei der Eon Energie AG ist der Warenkorb bereits schlank, so Chief Information Officer (CIO) Torsten Ecke, der durch Konsolidierung im LAN-Bereich 30 Prozent der Kosten einsparte. Allerdings gibt er zu bedenken, dass „die Standardisierung nicht nur eine Aufgabe der IT ist. Mit den Anwendungen müssen auch die Geschäftsprozesse angepasst werden“. Der Abstimmungsaufwand bei Standardisierungen sei manchmal sehr groß und könne jede Innovationskraft lähmen.

In welcher Intensität IT-Abteilungen neue Themen wie Mobile Business, Portaltechnologien oder Customer-Relationship-Management vorantreiben können, hängt nicht nur von ihrem Budget, sondern auch von der Zusammenarbeit mit Geschäftsführung und Fachabteilungen ab. Um die ist es oft nicht zum Besten bestellt, wie Ecke beschreibt: „Wir haben noch das Problem, dass IT- und Fachabteilungen nicht die gleiche Sprache sprechen. Die IT wird oft nach wie vor als Machtblock gesehen, der Leistungen zuteilt. Zum Neuanfang gehört auch der Dialog mit den Fachabteilungen. Das heißt aber, dass die Führungskräfte ein Grundverständnis für die IT brauchen.“

Daneben müssen sich die IT-Verantwortlichen „mit einem neuen Management-Ansatz anfreunden, den Schulterschluss mit der Geschäftsführung suchen und das Primat der Betriebswirtschaft akzeptieren“, so die Forderung von LBBW-Vorstand Fischer. Die CIOs waren sich einig, dass sie Kosten und Nutzen der IT aufzeigen müssen. Dazu Lummitsch:

Nein zu Outsourcing Da die IT-Verantwortlichen vom strategischen Beitrag der IT zum Geschäftserfolg überzeugt sind, stehen sie dem Thema Outsourcing eher ablehnend gegenüber. Das zeigte sich während der Diskussionsrunde zum Thema „Neuanfang für die IT?“. Für Thomas Fischer, Vorstandsmitglied der Landesbank Baden-Württemberg, sind Gespräche mit einem Dienstleister schnell beendet, wenn dieser die gleiche Leistung nicht zum halben Preis anbieten kann. Seine Skepsis beruht aber nicht nur auf dem mangelnden Einspareffekt. Die Vorstellung, die IT an Dritte übertragen zu können, sei ein Irrweg: „Wenn eine Bank ihre Anwendungsentwicklung auslagern würde, käme das einer Kapitulation gleich.“ Der Dienstleister müsse erst beweisen, dass er die bessere Bank sei. Ausnahmen seien standardisierte Leistungen wie die Wartung der Computer oder der Betrieb des Helpdesk. Die weit reichende Standardisierung von Prozessen sieht auch Dietmar Lummitsch,

CIO des TÜV Süddeutschland, als Voraussetzung für sinnvolles Outsourcing. Ebensowenig ist für die meisten Diskutanten die Offshore-Programmierung ein Thema. Allein Steffen Roehn, IT-Chef von T-Mobile, gibt zu Protokoll, dass er darüber nachdenke, „die reine IT-Produktion aus Kostengründen nach Osteuropa zu verlagern, wo wir eigene Operatoren haben“.