Enttäuschte Erwartungen an den CIO
Die Bemerkung zeigt, worauf die Diskussion um den CDO - mal wieder - zuläuft: Es geht im Kern um den CIO und um die - vielleicht enttäuschten - Erwartungen an ihn. Und die Diskussion ist ein Beleg dafür, dass es für CIOs schlicht unmöglich ist, diese Erwartungen zu erfüllen. Zu wenig Nähe zur IT?
Mindestens ebenso beliebt ist der entgegengesetzte Vorwurf. Anh Nguyen, Autorin der CIO-Schwesterpublikation Computerworld UK, berichtete am siebten April über eine Studie aus Berlin, deren Autoren herausgefunden hatten, dass 70 Prozent aller CIOs introvertiert sind.
Professor Joe Peppard von der European School of Management and Technology hatte rund 200 IT-Führungskräfte einem psychometrischen Test mit dem Namen "Myers Briggs Type Indicator" unterzogen. Dieser Test unterscheidet 16 Mentalitätstypen. Umso erstaunlicher, dass 70 Prozent aller IT-Chefs nur einem einzigen Muster zuzuordnen sind: dem des tausendfach beschriebenen Nerds.
- Was bei den CIOs 2014 floppt
Neben den Topthemen des Jahres beleuchtet Cap Gemini auch immer die „Flops“, also die Techniken, die zwar von Anbieterseite stark beworben und in den Medien sehr präsent sind, mit denen die CIOs aber noch wenig anfangen können. - App Stores für Endkunden:
AppStores für Endkunden bieten 15 Prozent der befragten Organisationen an. Andere Unternehmen stellen ihre Software lieber über die Plattformen der großen Anbieter wie Apple, Google und Microsoft zur Verfügung. Daran wird sich nach Capgemini-Prognosen vermutlich auch wenig ändern: Nicht einmal die Hälfte der Befragten habe vor, in naher Zukunft einen eigenen App-Store aufzubauen. - Bring your own Device:
Bring your own Device, also die Nutzung privater Geräte für dienstliche Zwecke, ist leicht in der Achtung der CIOs gestiegen, bleibt aber unter den Flops. Mit 13 Prozent ist auch der Umsetzungsgrad gering. Immerhin arbeiten weitere elf Prozent der Befragten derzeit an einer ByoD-Policy. Der Grund für die Zurückhaltung sind hauptsächlich die bekannten Sicherheits- und Support-Probleme. Ungeklärt sind auch viele Fragen des Lizenz- und Steuerrechts sowie des Datenschutzes und Datenschutzrechts. - Context-aware Computing:
Context-aware Computing gilt den Marktbeobachtern als Thema mit großem Potenzial. Wie Capgemini erläutert, handelt es sich dabei um Systeme, die anwenderspezifische Informationen wie Standort, Aktivität oder Objekte in der Umgebung verwenden, um jeweils passende Inhalte, Produkte oder Dienstleistungen auszuwählen und anzubieten. Innerhalb der Unternehmen stellen solche Lösungen den Anwendern die von ihnen gesuchten oder für sie relevanten Informationen automatisch zur Verfügung. Diese Technik interessiert die CIOs in diesem Jahr mehr als im vergangenen, aber von einem Durchbruch kann keine Rede sein. - App Store für Mitarbeiter:
AppStores für die Mitarbeiter sind ebenfalls ein Flop: Nur zwölf Prozent der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern eine Plattform zum Herunterladen von Apps für mobile Endgeräte an. Wie Capgemini herausgefunden hat, sind diese Appls auch hauptsächlich für den internen Einsatz vorgesehen. - Crowd Sourcing:
Crowd Sourcing schließt die Flop-Liste ab. Diese von den Marktauguren als Zukunftstrend ausgewiesene Praxis wird derzeit nur von fünf Prozent der Unternehmen verwendet, ein Prozent ist mit der Implementierung Implementierung beschäftigt, 14 Prozent haben das Thema in Planung. Interessant ist Crowd Sourcing aus Sicht von Capgemini derzeit nur für eine kleine Zahl von Fertigungs- und Vertriebsunternehmen, die ihre Kunden enger in den Produktentwicklungsprozess einbinden wollen.
Immer dieselben Klischees über CIOs
Menschen, die dem von Peppard beschriebenen Muster folgen, werden von den Erfindern des beschriebenen Tests etwas kryptisch als "ISTJs" (Introversion, Sensing, Thinking, Judging) bezeichnet. Sie hätten, schreibt der Professor, "ein starkes Verantwortungsgefühl und hohe Loyalität. Sie lassen sich von ihrem Wissen und ihrer Erfahrung leiten und orientieren sich an unmittelbaren praktischen Anforderungen ihres Jobs. Sie ziehen es vor, alleine zu arbeiten, erfüllen die Anforderungen pünktlich und gemäß den Anforderungen."
Und Joe Peppard sagt über jene, die dem beschriebenen Persönlichkeitstyp zuzurechnen sind auch: "Man kann sie als praktisch, pragmatisch und sensibel beschreiben, aber auch als unbeweglich und übertrieben ernst. Sie bemühen sich um Perfektion und sind unter Umständen schlecht im Delegieren. Sie haben die Neigung, sich in Details zu verheddern und sehen unter Umständen den Wald vor lauter Bäumen nicht." Zack! Mehr Klischee geht nicht.
Die übliche Diskussion
Oder doch. Nämlich wenn Peppard abschließend schreibt, CIOs hätten in der Regel vorschreibende oder logische Fächer wie Mathematik, Physik, Ingenieurwesen oder Computerwissenschaften studiert und den größten Teil ihrer Karriere in einer IT-Rolle zugebracht, die von Vorschriften und begrenzenden Rahmenbedingen geprägt war.
CIOs sind also einmal zu sehr Techniker, dann wieder zu wenig, eine Diskussion, die quasi zu einem Teil des normalen Betriebsgeräuschs von Analysten und Journalisten geworden ist.
Können CIOs auch CDO? Selbstverständlich
Doch die Ausgangsfrage lautete ja: Können CIOs auch CDO? Antwort: Selbstverständlich. Das gilt vor allem deshalb, weil es ja mittlerweile ohnehin fast kein IT-Thema mehr gibt, das nicht mit Digitalisierung zu tun hat. CIO müssen sich also zwangsläufig damit beschäftigen.
Und es geht ja auch - an diesem Punkt Martin Gill von Forrester Research völlig Recht - gar nicht um die Frage, wer es macht, sondern dass es überhaupt passiert. Dass Unternehmen eine Digital-Strategie entwickeln oder sich zumindest überlegen, wie sie auf den rasanten Trend zur Digitalisierung aller Lebens- und Businessbereiche reagieren wollen.
"Organisationen müssen vor allem lernfähig sein", sagt Martin Gill. "Und sie müssen die Grenzen zwischen ‚traditionell‘ arbeitenden Business Units auf der einen und bereits im digitalen Zeitalter angekommenen Abteilungen auf der anderen Seite einreißen."
CMO, CIO und CDO gemeinsam in der Kneipe
Außerdem sollten sie das Rollenverständnis und die Klischees, die den unterschiedlichen C-Jobs anhaften, überwinden, möchte man hinzufügen. Dann sitzen CMO, CIO und CDO am Ende hoffentlich gemeinsam in der Kneipe beim Bier, statt sich einzeln den Launen des Barkeepers auszusetzen.