Gastkommentar

Die IT braucht "junge Alte"

19.12.1997

Eine verteilte, vernetzte, objektorientierte Datenverarbeitung auf der Basis von Corba oder Active X mit Internet- und Intranet-Anschluß, grafischen Benutzeroberflächen und flexiblen, frei gestaltbaren Geschäftsprozessen gilt allerseits als das Modell der Zukunft. IT, die nicht dieser Welt angehört oder sich wenigstens auf dem Wege dahin befindet, wird als rückständig eingeschätzt. Dennoch zählen noch immer 75 Prozent der operativen Anwendungssysteme zu den Host-zentrierten, monolithischen, prozeduralen Programmen mit textbasierten Oberflächen und satz- oder segmentorientierten Datenbanken.

Argumente, die Systeme nicht abzulösen, lassen sich immer finden: Termindruck, Rückwärtskompatibilität, die hohen Kosten der Migration sowie Unsicherheit über den Nutzen der neuen Techniken. Manager beweisen ein allzu offenes Ohr für diese Argumente. Der wahre Grund bleibt jedoch unausgesprochen: der Machterhalt.

Cobol, PL/1, IMS, VSAM, UDS, Adabas und Natural sind Strandgut vergangener DV-Zeiten. Heute kümmert sich eine Clique "alter" Programmierer darum, die nur im Sinn haben, ihre Vormachtstellung so lange wie möglich zu erhalten. Hier spielt sich ein gewöhnlicher Generationskonflikt ab.

Dagegen hilft nur eines: Bereitwillige "Alte" müssen gefunden und in junge Projekte integriert werden, zumal es ohnehin noch zuwenig Experten für die neuen Technologien gibt. Sie haben sich dort den jungen Mitarbeitern anzupassen nach dem Motto: Opa fährt Skateboard. Durch Migration oder, wo das nicht möglich erscheint, durch objektorientiertes Verschalen (Wrapping) läßt sich alter Code peu ê peu ablösen. Die "Alten", die nicht so flexibel sind, dürfen so lange ihre Legacy-Systeme pflegen, bis diese endlich verschwunden sind.