Die interne IT lagert selbstbewusst aus

17.10.2005
Die IT-Verantwortlichen in den Unternehmen fällen Outsourcing-Entscheidungen einer aktuellen Umfrage zufolge zunehmend selbst. Sie nutzen Teilauslagerungen um die Effizienz zu steigern.
Derzeit schätzen die IT-Entwickler bei den Kosten als nicht wettbewerbsfähig ein. Das soll sich durch intelligentem Sourcing in den kommenden drei Jahren deutlich ändern.
Derzeit schätzen die IT-Entwickler bei den Kosten als nicht wettbewerbsfähig ein. Das soll sich durch intelligentem Sourcing in den kommenden drei Jahren deutlich ändern.

Die Zeiten, in denen Outsourcing-Entscheidungen über den Kopf der IT-Verantwortlichen hinweg getroffen, neigen sich dem Ende zu. "Die internen IT-Leiter haben das Heft wieder in die Hand genommen", bringt es Holger Neinhaus, Senior Manager bei der SMP AG in Düsseldorf, auf den Punkt. Grundlage seiner These sind die Antworten von 66 IT-Entscheidern. Erstmals seit Jahren rechnen die Befragten demnach wieder damit, dass ihr Anteil am gesamten IT-Budget des Konzerns leicht steigt und weniger Aufträge direkt an externe Dienstleister vergeben werden.

Hier lesen Sie …

• wie interne IT-Abteilungen den Outsourcing-Trend nutzen;

• welche Vorteile sie sich versprechen;

• wo die IT-Manager Prioritäten setzen;

• welche Rolle die interne IT künftig spielen wird.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

*81769: Sorgfalt zahlt sich aus;

*81415: Die Bedeutung des Sourcing-Managements;

*80404: Outsourcing- Risiken.

Kommentar

Joachim Hackmann

Der schon seit Monaten zu beobachtende Trend zum selektiven Auslagern zu Lasten des Komplett-Outsourcings stärkt die Rolle der internen IT. Während die vollständige Auslagerung die interne IT ersetzten sollte, geht beim selektiven Outsourcing nichts ohne interne IT-Mannschaft. Nur dort ist die Kompetenz vorhanden, um zu beurteilen, welche Dienste an welchen Anbieter abgegeben werden können.

Das heißt allerdings nicht, dass die IT-Abteilungen unverändert weiterarbeiten können. Der gezielte Einkauf von Leistungen wird zu ihrer Hauptaufgabe.

Das geht einher mit reduzierten internen IT-Mannschaften, denn viele einfache Aufgaben lassen sich unbestritten auslagern. In den Unternehmen sind künftig weniger Betriebsmitarbeiter und mehr Experten gefragt, die IT-Strategien entwickeln, das Kunden- und Partner-Management beherrschen oder über unternehmensspezifisches Wissen in wichtigen Bereichen des Kerngeschäfts verfügen.

Den internen IT-Leitern kommt in dieser Umgebung eine besondere Rolle zu. Sie müssen Leistungsportfolios der eigenen IT-Abteilung ständig beobachten und effizienter gestalten. Dieses ständige Monitoring des Marktes und der eigenen Leistungsfähigkeit kann unter Umständen auch zu der Erkenntnis führen, dass bestimmte Aufgaben zwar nicht günstiger, aber besser intern erbracht werden können, weil sie wichtige Bereiche des Kerngeschäfts berühren. Zum intelligenten Einkauf von IT-Leistungen zählt nicht allein das Outsourcing. Auch das Insourcing kann ein sinnvolles Management-Instrument sein.

Anteil am IT-Budget steigt

Damit hat sich das Auslagerungsthema aber keineswegs erledigt, es wird in den internen IT-Betrieben nur nicht mehr als Bedrohung empfunden. Die IT-Leiter, egal ob sie einen internen Bereich, eine Shared-Service-Einheit oder eine ausgegliederte Tochter führen, haben akzeptiert, dass ihre Abteilungen in vielen Bereichen unter Kostenaspekten nicht konkurrenzfähig sind. Nun konzentrieren sie sich zunehmend auf ihre Kernkompetenzen wie Unternehmens-Know-how und Kundenzugang.

"Die IT-Entscheider pflegen einen selbstbewussten Umgang mit dem Outsourcing", schildert Alfons Niebuer, Vorstand der SMP AG. "Durch neue Kooperationsformen sowie aktives und intelligentes Sourcing streben sie einen effizienten IT-Betrieb an." Die IT-Manager kalkulieren damit, dass das IT-Budget nicht länger an der internen IT-Organisation vorbei direkt zum Dienstleister geschleust wird, sondern dass sie zum Dreh- und Angelpunkt in der IT-Beschaffung avancieren. Sie übernehmen Auswahl und Steuerung der IT-Dienstleister, betreiben die IT aber nicht mehr komplett selbst.

Das neue Selbstbewusstsein der Manager schießt aber an anderer Stelle über das Ziel hinaus. Die Frage nach wichtigen Voraussetzungen für erfolgreiches Outsourcing zeigt, dass die leitenden IT-Experten Projekten, in denen sie in der Haustechnik schlummernde Spareffekte aufdecken, keine hohe Bedeutung beimessen."Das halte ich für gefährlich, denn die Unternehmen verschenken ein erhebliches Sparpotenzial, immerhin gehen sie mit dem Outsourcing langfristige Beziehungen ein", warnt Neinhaus. "Eine mögliche Erklärung für diese Nachlässigkeit ist, dass viele IT-Leiter glauben, ihre Umgebung sei bereits gut aufgestellt, oder sie überlassen diese Aufgabe dem Outsourcer."

Preisoffensive interner IT-Bereich

Auch wenn sie die Aufräumarbeiten meiden, wissen die Befragten dennoch, dass wichtige Aufgaben vor der Auslagerung erledigt sein müssen. Die gewissenhafte Vertragsgestaltung und die genaue Definition der Service-Level-Agreements (SLAs) führen die Liste der Erfolgsfaktoren in Outsourcing-Projekten an. Auch diese Konzerntration auf formale Vereinbarungen dürfte der wachsenden Erfahrung und den zum Teil problematischen Projekten der Vergangenheit geschuldet sein.

In ihrer neuen Rolle trauen sich die IT-Manager künftig auch zu, gute IT-Preise für den Konzern zu erzielen. Befragt nach ihrem heutigen und künftigen Alleinstellungsmerkmal, räumten die IT-Manager ein, der Muttergesellschaft derzeit keine Kostenvorteile zu bieten (siehe Grafik: "Alleinstellungsmerkmale der internen IT wandeln sich"). Doch das soll sich ändern: In drei Jahren glauben viele, dem Konzern auch preislich attraktive Dienste bereitstellen zu können. Sie streben sogar an, sich gegenüber externen Dienstleistern auch unter Kostenaspekten ein ähnliches Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten, wie sie es heute etwa schon haben, wenn kundenspezifische Anforderungen gefragt sind. Der schlaue Einkauf von IT-Dienstleistungen soll es möglich machen. "Je mehr Leistungen die IT-Entscheider nach außen vergeben, desto mehr fokussieren sie sich auf das Kunden- und Partner-Management", sagt Neinhaus.

Die Zuversicht fusst vermutlich auch auf der wachsenden Zufriedenheit mit Auslagerungsprojekten, wenngleich die Ergebnisse insgesamt noch nicht überzeugen. "Die Erfahrungen mit dem Outsourcing werden zunehmend besser. Vor allem die Bewertung der weichen Faktoren wie etwa die Konzentration auf Kernkompetenzen, Variabilisierung von Fixkosten und die Nutzung von Know-how-Vorteilen fallen gut aus. Müssen jedoch harte Fakten wie Kosteneinsparungen eingeschätzt werden, sind die Urteile weniger positiv", erläutert Niebuer.

Know-how-Suche im Ausland

Bemerkenswert an dieser Erhebung ist zudem, dass die IT-Verantwortlichen zunehmend Know-how im Ausland finden. Vor allem beim Support von Anwendungen, die nicht erfolgskritisch für die Unternehmen sind, bietet sich das Off- und Nearshoring an, weil Softwaresysteme sich zunehmend auf Web-Basis betreuen lassen. "Offshorer können Anwendungen damit schneller, besser und günstiger erstellen", schildert Niebuer. So zeigt die Erhebung beispielsweise, dass die Unternehmen vor allem in europäischen Niedriglohnländern Fachkräfte beschäftigen, obgleich sie in entfernten Ländern mehr sparen können. Rundum glücklich sind die Kunden mit dieser Auslagerungsform nicht. Die Zufriedenheit mit dem Off- und Nearshoring erreicht Wert zwischen 60 und 86 Prozent. Ab einem Erfüllungsgrad von 90 Prozent sprechen die Berater von SMP von guter Qualität.

Insgesamt glauben sich die Manager auf dem richtigen Weg, dem Konzernkunden bessere und günstigere Leistungen liefern zu können. In allen wesentlichen Punkten wollen sie ihre Alleinstellungsmerkmale gegenüber den Angeboten externer Dienstleister verbessern, so dass das im Unternehmen vorhandene IT-Budget nicht mehr an ihnen vorbei direkt zum Outsourcer geschleust wird. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen sie das eigene Leistungsportfolio straffen und durch eingekaufte Dienste ersetzen. Mit einer schlanken Struktur trauen sich die IT-Veranwortlichen künftig auch wieder zu, dem Unternehmen Mehrwert im Kerngeschäft zu liefern.