Die Industrialisierung der Informationsverarbeitung

03.10.1980

Von Diplomkaufmann Thomas H. Adenauer, Professor an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz (Folge 13)

Bei dieser Serie handelt es sich um den Vorabdruck einer Auftragsarbeit für den schwedischen Computerhersteller Datasaab.

Der Hinweis mag nicht sehr wissenschaftlich sein, beschreibt aber zukünftige organisatorische Wirklichkeit, die zunehmend auch wieder von organisatorischen

Emanzipationsbedürfnissen der Fachabteilungen geprägt sein wird. Die Zentralisten werden es dann immer schwerer haben, den Fachabteilungen ihre dann immer teureren zentralen Online-Lösungen plausibel zu machen, die immer weniger für die Fachabteilungen mit von ihnen auch in Anspruch genommenem höheren Informationskomfort ausgestattet sein werden. Ich halte es deswegen schon allein aus taktischen Gründen für klüger, den Arbeitsplätzen ihre, von der Maschine her gesehen, autonome Informationsversorgung zurückzugeben, dafür aber die Verarbeitungsintegration, also entweder die maschinelle Übergabe oder die Übergabe der Daten auf maschinell lesbaren Datenträgern organisatorisch und die Programmierung in zentraler Verantwortung zu belassen.

Trotz der Mikrominiaturisierung gilt auch weiterhin das Gesetz der umgekehrten Proportionalität zwischen interner Speicherkapazität und Verarbeitungszeit. Je größer der Arbeitsspeicher (für Programm und Daten) ausgelegt wird, desto niedriger wird der Zeitaufwand für die Verarbeitung der Daten. Das hat neben programminternen insbesondere zwei Gründe:

l. Je mehr Daten für die Verarbeitung speicherresident gehalten werden können desto weniger maschinelle Zugriffe auf externe Speicher sind erforderlich. Weil Zugriffe auf externe Speicher immer um ein Vielfaches mehr an Zeitaufwand erfordern als entsprechende Operationen innerhalb der Zentraleinheit, für die Vermeidung externer Zugriffe aber interne Speicherkapazität benötigt wird, wird die Verarbeitung umso schneller, je größer der interne Arbeitsspeicher ausgelegt ist.

2. Je mehr Programmumfang ein interner Speicher aufnehmen kann, desto weniger muß ein Gesamtarbeitskomplex in einzelne Teilprogramme aufgelöst werden, die nacheinander ablaufen. Es galt immer schon in der Datenverarbeitung, daß jeder Problemumfang auf jeder Maschinengröße lösbar ist. Je weniger interne Programmspeicherkapazität für einen gegebenen Problemumfang bereitgestellt werden konnte, in desto mehr Einzelprogramme (durch Sequentierung, Virtualisierung oder Auflösung in einen Job-Stream) muß die Gesamtbearbeitung mit der Folge höherer Laufzeiten aufgelöst werden. Je größere (Programm-)Speicher folglich die Mikrominiaturisierung für das gleiche Geld bereitstellt, desto weiter kann die Programmintegration gehen.

Damit folgt aus dem Gesetz der umgekehrten Proportionalität zwischen Verarbeitungszeit und Speichergröße ein Anwendungsgesetz als Folge der Mikrominiaturisierung: Je größer die Hardware-Installationen bei gleichen Kosten, desto niedriger die Antwortzeiten bei gleichen Kosten, wenn die größeren internen Speicherkapazitäten zur Programmintegration benutzt werden. Das gilt aber nur bei gleicher Qualität der Informationsversorgung, wenn im Zuge der Programmintegration nicht, wie oft in der Praxis, gleichzeitig auch der Verarbeitungsumfang erhöht, die Qualität, der Komfort, der Automationsgrad der Informationsversorgung angehoben wird.

Je länger die Antwortzeiten sein dürfen, desto niedriger können die Leistungen der Hardware angesetzt werden. Wird die Hardware bei gleichen Preisen immer leistungsfähiger, können die Antwortzeiten bei entsprechenden Organisationslösungen sinken.

Insofern, vor allem insofern leistet die Mikrominiaturisierung eine Evolution der Informationsversorgung: Sie läßt in einem früher unvorstellbaren Maße autonome Computerunterstützung von Verwaltungstätigkeit an den Ereignisorten des Unternehmensgeschehens, den Arbeitsplätzen zu, automatisiert sie dort. Es werden nicht mehr, wie in der historischen Datenverarbeitung, zur Ausnutzung damals für beträchtlich gehaltener interner Verarbeitungsleistungen Daten einer zentralen Verarbeitung zugeführt. Sie werden gleich dort verarbeitet, wo sie entstehen und die Informationen gebraucht werden.

Es kommt in mittleren; größeren und großen Unternehmen sehr oft vor, daß sich innerhalb eines Arbeitsgebietes mehrere Arbeitsplätze in die gleiche Aufgabe teilen. Ich nenne das Volumen-Arbeitsteilung. Dergestalt homogene Probleme mehrerer Arbeitsplätze sind auch nicht selten da durch gekennzeichnet, daß au die physisch gleichen Datenbestände zugegriffen und damit so zusagen "problemzentral" verarbeitet werden muß. In solcher Fällen scheint es mir geboten, die maschinelle Autonomie auf das ganze Anwendungsgebiet, dessen Grenzen strukturorganisatorisch meist mit den Grenzen einer Fachabteilung zusammenfallen zu erweitern. Die maschinelle Konzeption heißt aber auch dann nicht unternehmenszentrale Verarbeitung, sondern problem- oder abteilungszentrale Verarbeitung mit einem Mehrplatzsystem au Minibasis.

Bei Mehrplatzsystemen muß der Organisator zwar verfahrensspezifische Prozeßkosten für die Warteschlangenverwaltung, der Anfragen von den Arbeitsplätzen und das Absetzen der Ausgaben an die Arbeitsplätze in Kauf nehmen. Aber es entstehen in der Regel nicht die hohen Datenfernverarbeitungskosten und nicht de Aufwand für die interne Ressourcenverwaltung. Wird fortgesetzt