ESFI, MNOS, Bubbles und CCD:

Die Hierarchie der Halbleiterspeicher

06.08.1976

Der Hauptspeicher kostet Geld im Computersystem - das ist eine Binsenwahrheit. Hauptspeichererweiterungen von Fremdanbietern kosten weniger Geld als "reinrassige" Memories - auch das galt bis vor kurzem ohne Einschränkung -, die großen Hersteller bekamen es zu spüren: Das Geschäft der Anbieter von Hauptspeichererweiterungen zeigte einen eindeutigen Aufwärtstrend. Nachdem die Mainframer durchwegs ihre Preise reduziert haben, ist der Preisvorteil des Mixens kleiner geworden. Deshalb erscheint ein Blick auf die Leistungsmerkmale der angebotenen Speicher nützlich, die Technologie rückt in den Vordergrund. Im folgenden einige grundsätzliche Bemerkungen über Speicher-Technologien von Dr. Joachim Schubert.

Die ersten Halbleiterspeicher wurden aus diskreten Bauelementen, Transistoren, Kondensatoren und Widerständen aufgebaut. Als Speicherzelle wurden bi-stabile Kippschaltungen verwandt. Die Packungsdichte war gering. Sie entsprach etwa 10 Bit/dm³. Mit der Integration mehrerer Bauelemente auf einen Chip begann auch die Entwicklung der Halbleiterspeicher.

Hier stehen sich die schnelle, (...)er aufwendige bipolare Technik und die langsamere, aber einfache und billige MOS-Technik gegenüber. Die Entwicklung der letzten Jahre ist dadurch gekennzeichnet, daß bei der MOS-Technik die langsamere P-Kanaltechnik durch die schnellere N-Kanaltechnik ersetzt wurde. (Die positiven Löcher wandern in Silizium langsamer als Elektronen.) Gleichzeitig wurde die Speicherkapazität je Baustein größer und damit die Kosten je Bit kleiner. Da ein Teil der Leitungen auf dem Baustein integriert ist, wird der Baustein auch schneller.

Die Verkleinerung der Strukturen ist das nächste Ziel der Entwicklung. Heute ist man in der Maskentechnik durch die Wellenlänge des Lichtes einer Grenze nahe gekommen. Mit kurzen Wellenlängen und dem Lichtmikroskop erreicht man eine Strukturfeinheit in der Größenordnung um 1 Ám. Zur Zeit arbeitet man daran das Elektronenmikroskop zum Schre(...)en feinster Strukturen unter 1 Ám einzusetzen. Beim Elektronenstrahlschreiber wird die Struktur auf den Halbleiterkristall oder die Maske direkt geschrieben.

Die mit chemischen Verfahren hergestellten Strukturen zeigen Über- oder Unterätzung in der Größenordnung der Breite der Leiterbahn. Das ist natürlich unter einem Ám nicht mehr: tragbar.

Zwei neue Halbleitertechniken haben sich als zukunftsträchtig herausgestellt. Wenn man die N- oder P-Kanaltechnik auf Isolatoren durchführt, erhält man MOS-Bausteine, die kaum parasitäre Kapazitäten aufweisen. Die Geschwindigkeit erreicht die der bi(...)laren Bauelemente. Die Technik der (...)itaxialen Silizium-Filme auf Isolatoren (ESFI, in Englisch Silicon On (...)hire, SOS) wird trotz des höheren (...)tigungsaufwands für bestimmte Bausteine wichtig werden.

Der einfachste elektrische Speicher (...) der Kondensator. Benötigten die ersten Halbleiterspeicherzellen noch mehrere Feldeffekttransistoren, so wurde ihre Zahl ständig reduziert; das Ergebnis ist heute das Eintransistorenelement.

Diese ökonomische Speicherzelle besteht nur noch aus einem Kondensator, einem Feldeffekttransistor und zwei Leitungen. Bisher wurden in dieser Technik Speicher mit 4096 Bit realisiert. Als nächster Schritt ist ein Chip (...)it etwa 16 000 Bit/mm zu erwarten. Hierbei sind Kodierung und Adressierung bereits auf dem Chip enthalten.

Man kann in der Vereinfachung der (...)eicherzellen noch einen Schritt weiter gehen und nur noch eine Kette von Kondensatoren benutzen. Man er(...)ilt so die Ladungstransportspeicher. (CCD = charged coupled devices.) Durch geeignete Elektroden-Konfigurationen auf der Halbleiterschicht, werden Ladungspakete mit Spannun(...)en, die an diese Elektroden gelegt, (...), von Elektrode zu Elektrode (...)ben. Die Ladungspakete veran(...)haulichen die eingespeicherte Information. Der Vergleich mit den "Bub(...)le"-Speichern liegt nahe (Tabelle). (...)ie dieser ist der CCD-Speicher ein (...)erieller Speicher, der geeignet ist, (...)en Band- und Plattenspeicher zu ersetzen. Ein Nachteil dieser Halbleiter(...)eicher ist, daß die eingeschriebene Information flüchtig ist. Man löst dieses Problem dadurch, daß die Ladungen periodisch regeneriert werden.

Eine Speicherart; die es gestattet, die Information auch bei abgeschalteter Versorgungspannung zu halten, und die Speicher mit MNOS-Transistoren (MNOS = Metal-Nitrid-Oxide-Semiconductor). Diese sind Isolierschicht-Feldeffekttransistoren, die eine variable Einsatzspannung haben. (Die Entwicklung ist hier jedoch noch völlig im Fluß.) Ein weiterer Vorteil dieser Speicher ist die Möglichkeit, den Informationsgehalt nur einer Zelle zu ändern. Die Zellen sind wieder Eintransistorelemente und haben daher einen geringen Platzbedarf. Ein Nachteil dieser Speicher sind die zum Ändern der Information nötige hohe Gatespannung (etwa ± 30 V) und die notwendigen verschiedenen Paritäten dieser Gatespannung. Es ist denkbar, daß auch CCDs aus MNOS-Kondensatoren (Transistoren) aufgebaut werden. Bei beiden Speicherarten in dieser Technologie ist die eingeschriebene Information nicht flüchtig.

In den nächsten Jahren kann man erwarten, daß die Platte als Massenspeicher bleiben wird. Das bisher übliche Band wird durch Kassetten ersetzt werden. Der Festkopfplattenspieler wird den CCD- oder Bubble-Speichern weichen. Man hat wie bisher eine Hierarchie von Speichern: die sehr schnellen bipolaren Speicher, MOS-Speicher, CCD-Speicher. Man gewinnt zwei bis drei Zehnerpotenzen in der Zugriffszeit. Heute gibt es bereits Muster von CCD-Bausteinen mit 16 385 Bit.

Es ist interessant, die bisher erreichte Speicherkapazität mit den in der Natur vorkommenden Speichern zu vergleichen. Die Gene enthalten vier Informationselemente, die einen Abstand von zum Beispiel 3 x 10-(18)m haben. Das entspricht etwa 3 x 10 (6) Informationselementen je mm. Die Natur verwirklicht in den Genen Speicherdichten von 10(18) Bit/mm³. Das gesamte Bücherwissen der Erde wird auf 10(16) Bit geschätzt. Das ist 1/100 dessen, was die Natur in 1 mm³ Erbsubstanz verwirklicht. Die technischen Speicher sind zur Zeit etwa zehn Zehnerpotenzen von den höchsten in der Natur verwirklichten Speicherdichten entfernt.

*Dr. Schubert ist Fachreferent bei der Zentralstelle für Information der Siemens AG, München.