Application on Demand/Die Marktstrukturen verändern sich

Die Hausaufgaben liegen im Projekt-Controlling

03.11.2000
In den kommenden fünf Jahren ist mit einem Boom der Application-Service-Provider auch im deutschen Markt zu rechnen. Josef Adam* zeigt auf, was bei einer ASP-Entscheidung zu beachten ist. Außerdem wagt er eine Prognose, wie sich der ASP-Markt künftig zusammensetzen wird.

Kostenreduzierung, die ständige Weiterentwicklung der Technologie sowie die hohe Verantwortung bei der Umsetzung neuer Geschäftsstrategien: All das setzt die IT-Verantwortlichen der Unternehmen unter enormen Druck. Zusätzlich schafft der Mangel an Fachkräften Probleme. Die mit ASP verbundenen Versprechungen lassen daher die Augen vieler IT-Manager glänzen. Aber wie so oft gibt es auch bei ASP Haken und Ösen. Die hohe Abhängigkeit vom externen Partner oder Sicherheitslücken beim Authentifizierungsverfahren und bei der Datenübertragung stellen nur zwei dieser Risiken dar.

Um Application-Service-Providing erfolgreich zu gestalten, sind eine enge Kooperation und eine kontrollierte Zusammenarbeit zwischen dem Betreiber und dem Nutzer unumgänglich. Bereits zu Beginn sollte sich der User einige Fragen stellen, die vielleicht trivial klingen, aber für den weiteren Verlauf des Vorhabens entscheidend sein können:

- Bin ich bereit, meine Daten außer Haus zu geben?

- Bin ich mir der entstehenden Abhängigkeiten bewusst?

- Wie gehe ich mit einem möglichen Know-how-Verlust innerhalb meiner IT-Abteilung um?

- Welche Erwartungen hege ich bezüglich Kosten und Nutzen für mein Unternehmen?

Bei diesen Fragen geht es nicht darum, ASP-Interessenten zu verunsichern oder das neue Modell gar zu verteufeln. Vielmehr sollen sie bereits im Vorfeld einer Entscheidung das Bewusstsein für die möglichen Widrigkeiten von ASP schaffen.

Ist diese Hürde überwunden, kann man sich einer detaillierten Bedarfsanalyse unterziehen. Neben den technischen Überlegungen kommen hier insbesondere auch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte zum Tragen: Welche eingesetzten Programme lassen sich auf ASP-Betrieb portieren, welche Leistungen und Qualitätsmerkmale werden gefordert, welche Verrechnungsgrundlagen sind für ein Unternehmen geeignet?

Ausgerüstet mit diesem Pflichtenheft sollte dann der Suche nach einem kompetenten Partner nichts mehr im Weg stehen. Kriterien wie Markterfahrung, spezielle Branchenkenntnisse oder die "Nähe" zu Softwareherstellern spielen hierbei eine wichtige Rolle. Outsourcer, die den Weg in Richtung ASP-Anbieter beschreiten, haben daher einen großen Vorsprung gegenüber Neueinsteigern.

Auf der Basis aller technischen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen ist dann die vertragliche Zusammenarbeit festzulegen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des ASP-Anbieters liefern hierzu lediglich die Grundlage. Erst mit der detaillierten Formulierung von Service Level Agreements (SLAs) lässt sich der Erfolg von ASP sicherstellen. Fehlende oder unzureichende Regelungen können im Konfliktfall zu massiven Problemen führen und hohe Kosten nach sich ziehen.

Ein besonderes Augenmerk sollte auf das Vertragsende gerichtet werden. So ist beispielsweise für den Fall eines Wechsels des Providers oder einer Rückverlagerung der IT ins eigene Unternehmen ein geregeltes Übergabeverfahren zu definieren.

Nur wenn beide Vertragspartner mit den Vereinbarungen einverstanden sind, kann eine transparente und somit partnerschaftliche Zusammenarbeit entstehen. Der Aufbau gegenseitigen Vertrauens gilt als eines der wichtigsten Kriterien für erfolgreiches Application-Service-Providing.

Glaubt man den derzeitigen Prognosen, wird sich ASP in den kommenden fünf Jahren zu einem regelrechten Boomfaktor im IT-Markt mit entsprechenden Zuwachsraten entwickeln. Erste Ansätze im deutschen Markt, vorwiegend im Bereich von ERP-Anwendungen, konzentrieren sich primär auf den Mittelstand. Langfristig werden jedoch die meisten dieser Anwender an ihrer bisherigen IT-Strategie festhalten, da die für ihre Branchenlösungen nötigen Anpassungen oftmals zu teuer und mit zu hohen Aufwänden verbunden sind.

Es ist wohl davon auszugehen, dass sich künftig zwei Ausrichtungen von ASP herausbilden werden:

- Privatanwender und Kleinunternehmen, die mit hohem Anteil an Standardapplikationen (Ready-to-go-Software) arbeiten können, wollen sich mit den ASP-Potenzialen enorme Kostenvorteile sichern.

- IT-Abteilungen großer Unternehmen werden sich verstärkt zu hauseigenen Application-Service-Providern entwickeln. Sie liefern das umfassende Softwareportfolio sowie die erforderlichen Services für das gesamte Unternehmen auf Basis eines hohen Standardisierungsgrades. Die sich hierbei ergebenden Synergien hinsichtlich der Leistungs- beziehungsweise Kostentransparenz und Flexibilität verhelfen den IT-Abteilungen zu einem enormen Prestigegewinn.

*Josef Adam ist Mitarbeiter der Pica Information & Management GmbH, Martinsried bei München.

Abb: Der ASP-Markt wird eine völlig neue Richtung einschlagen. Statt der mittelständischen Branchenlösungen sind es künftig kleine Büros und die ausgelagerten IT-Abteilungen von Großunternehmen, die das ASP-Lager prägen. Quelle: Pica