Die Hanse Merkur setzt online auf Open Source

11.01.2009
Von Horst Karaschewski
Der Versicherer baute innerhalb weniger Monate die Portale hansemerkur.de, riestermeister.de sowie ein Vertriebsinformations-portal auf. Umsatz und Traffic ließen sich so steigern.

Vor gut zwei Jahren reagierte das Hamburger Versicherungsunternehmen Hanse Merkur auf einen deutlichen Wandel im Kundenverhalten: Die Klientel zeigte zunehmend Interesse, sich via Internet eigenständig und unabhängig Informationen über die Produkte und Angebote zu besorgen. Vor allem die jüngere, Web-affine Zielgruppe zog die Online-Recherche häufig dem direkten Beratungsgespräch vor Ort oder am Telefon vor.

Neue Kanäle für das Marketing

Da das Online-Angebot der Versicherungsgruppe bis dahin nur aus einer einfachen Informations-Website bestanden hatte, beschloss der Vorstand der Hanse Merkur 2006, seinen Internet-Auftritt erheblich zu erweitern. Die neue Web-Präsenz sollte nicht nur Vertriebsprozesse unterstützen, sondern auch neue Kanäle für das Marketing erschließen.

Nach ersten Überlegungen fiel die Entscheidung für eine Open-Source-Lösung, weil sie die Flexibilität bei der gewünschten Eigenentwicklung und geringe Initialkosten versprach. Zudem kann die Hanse Merkur auf etliche junge Java-Entwickler setzen, deren Änderungen in Open-Source-Projekten sogar in den Standard übernommen wurden.

Die Hanse Merkur

  • Der mittelständische Personenversicherer hat 130 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der privaten Gesundheitsversicherung.

  • Zum Portfolio des Unternehmens zählen auch Lebens-, Haftpflicht-, Eigentums-, Unfall- und Kfz-Versicherungen.

  • 2007 nahm die Versicherungsgruppe insgesamt 837 Millionen Euro an Beiträgen ein und erzielte ein Vorsteuerergebnis von 124 Millionen Euro.

  • Sie beschäftigte mehr als 900 Angestellte im Innen- und Außendienst sowie etwa 530 hauptberufliche Vermittler.

Auswahlkriterien für die Software

Als erstes Online-Projekt startete das Assekuranzunternehmen den Aufbau des Vertriebsportals hansemerkur.de. Für die Produktauswahl wurden diverse Open-Source-basierende Portallösungen sowohl unter technischen als auch unter strategischen Gesichtspunkten verglichen. Grundlage für die Bewertung war ein umfassender Kriterienkatalog: Die Kompatibilität mit der bestehenden IT-Infrastruktur sowie ein hohes Maß an Flexibilität und Skalierbarkeit gehörten zu den zentralen Anforderungen. So sollte sich das Portal mit vorhandene Systemen wie dem "Jboss Appserver", der Oracle-Datenbank oder mit Technik wie Java Server Faces (JSF) einsetzen lassen. Auch die Integration mit der Business-Intelligence-Software von Cognos war ein Thema. Darüber hinaus legte die Hanse Merkur viel Wert darauf, dass der Anbieter Support vor Ort bieten kann.

Die Partner sind integriert

Von den fünf Lösungen, die in die engere Wahl kamen, fiel die Entscheidung nach einem ausgiebigen Proof-of-Concept auf die Java-basierende Open-Source-Plattform von Liferay. Sie verfügt über die größte Auswahl an Features und kann bis dato die meisten Installationen nachweisen. Zudem bietet die deutsche Liferay-Tochter, Liferay GmbH mit Sitz im hessischen Langen, Implementierungsdienste, technischen Support, Individualentwicklungen und Training.

Gemeinsam mit Mitarbeitern des Anbieters konnte die Hanse Merkur in nur zweieinhalb Monaten mit hansemerkur.de ein komplett neues Online-Portal inklusive Content-Management-System (CMS) aufbauen. Die schnelle Einführung war unter anderem deshalb möglich, weil sich die Portalsoftware rasch einrichten ließ und gut in die interne Infrastruktur passte. Hinzu kam die Unterstützung durch Liferay-Entwickler, die von der Muttergesellschaft des Anbieters in den USA ausgeliehen wurden.

Besucher können sich mittlerweile auf mehr als 350 Seiten über Versicherungen informieren, ihren aktuellen Bedarf ermitteln und individuelle Angebote erstellen lassen. Zudem steht ein "Client-sponsored Feature" zur Verfügung: Wer den persönlichen Kontakt wünscht, erhält über die Suchmaske "Partner vor Ort" eine regional-spezifische Auswahl aus den bundesweit mehr als 850 Außendienstmitarbeitern.

Die Versicherungsmakler sind jeweils mit einer eigenen Unterseite in das Gesamtportal integriert. Auf diesen Seiten hinterlegen sie individuelle Informationen wie Kontaktdaten und Öffnungszeiten. Die grafische Oberfläche und sämtliche kontaktunabhängigen Inhalte bleiben jedoch auch auf den Partnerseiten mit denen von hansemerkur.de identisch.

Hat sich ein Interessent einmal auf die individuelle Partner-vor-Ort-Seite begeben, kann der Versicherer jede seiner Aktionen - von der Informationssuche bis zur Angebotseinholung - eindeutig auf den jeweiligen Vertriebspartner zurückführen. Die Provisionen für folgende Vertragsabschlüsse lassen sich so direkt dem entsprechenden Mitarbeiter zuordnen. "Mit diesem individuellen Feature konnte die Hanse Merkur ihre Vertriebsprozesse deutlich vereinheitlichen", erläutert Suresh Shamanna, Geschäftsführer der deutschen Liferay GmbH.

Folgeprojekt 1: Riester-Rente im Web

Bestärkt durch die erfolgreiche Implementierung des Portals hansemerkur.de brachte die Hanse Merkur bald darauf ein weiteres Liferay-basierendes Projekt an den Start: Mit dem Beginn der Bundesligasaison 2007/08 ging die Informations- und Vertriebsplattform riestermeister.de online - begleitet von einer groß angelegten Werbe-Kampagne. Mit Fußballer Mario Gomez als Gallionsfigur erhielt das neue "RiesterMeister"-Angebot der Hanse Merkur einen eigenen Markenauftritt. Es handelte sich um eine ausschließlich online abzuschließende Variante der Riester-Rente. Die Kampagne wurde nicht nur im Internet, sondern auch in Rundfunk und Presse beworben. Deshalb musste das Portal hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit erfüllen. In der Regel treten unmittelbar nach der Ausstrahlung der Werbe- und TV-Spots Spitzenlasten von bis zu 200 000 Besuchern auf. Dies gelang, indem die Hardwareausstattung verbessert wurde und die Services auf einem anderen Cluster laufen als das Liferay-CMS, wodurch eine zusätzliche Lastverteilung möglich ist.

Folgeprojekt 2: Vertrieb immer im Bilde

Seit Anfang 2008 ist mit dem Vertriebsinformationsportal ein drittes Modul der neuen Web-Infrastrukur im Betrieb. Diese Plattform dient Außendienstmitarbeitern als Informationsinstrument und stellt umfangreiche, nach Regionen unterteilte Reports zu Abverkäufen und anderen vertriebsrelevanten Kennzahlen zur Verfügung.

Aus Sicherheitsgründen und zur Regelung der Zugriffsrechte wurden das Vertriebsinformationsportal, hansemerkur.de und riestermeister.de separat aufgesetzt. Die Wartung blieb davon unbeeinträchtigt: Die drei Plattformen greifen auf ein System zu, das dank der schnellen Übertragbarkeit von Zusatzfunktionen auf andere Instanzen viel Gestaltungsspielraum lässt und die Administration erleichtert.

Die Versicherungsgruppe freut sich über die hohe Resonanz auf die neuen Online-Angebote. So stieg seit Live-Schaltung von riestermeister.de der Anteil des Online-Geschäfts im Bereich Leben innerhalb eines Jahres um elf Prozent. (as)

Projektsteckbrief

Projektname: hansemerkur.de; riestermeister.de; Vertriebsinformations-Portal VIP.

Branche: Versicherungen.

Projektkathegorie: Self-Service-Portal.

Kernprodukt: Open-Source-Software von Lieferay.

Systemumgebung: Solaris, Oracle.

Herausforderungen: im ersten Projekt neue Technologie, kurze Einführung; im zweiten Projekt notwendige Hochverfügbarkeit; im dritten Projekt vor allem die Integration von Daten verschiedenster Backend-Systeme.

Ergebnis: Alle drei Portale wurden termin- und budgetgerecht aufgebaut. Sie prägen heute das Online-Gesicht der Hanse Merkur.

Zeitrahmen: hansemerkur.de wurde in drei Monaten geplant und in drei weiteren eingeführt. Bei riestermeister.de dauerte die Planung vier Monate, die Implementierung drei. Die Realisierung des Vertriebsinforma-tions-Portals dauert sechs Monate.

Ansprechpartner: Horst Karaschewski, Hanse Merkur.