Interview

"Die Hälfte des Geschäfts soll via Internet laufen"

14.05.1999
Mit Mort Topfer von Dell Computer Corp., Round Rock in Texas, sprach CW-Redakteur Martin Bayer

CW: Dell setzt mehr und mehr auf das Internet, um Rechner zu verkaufen. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung dieses Vertriebsweges?

TOPFER: Bislang machen wir 25 Prozent unseres Umsatzes über das Internet. Wir gehen davon aus, daß wir diesen Anteil innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre auf 50 Prozent steigern werden. Gerade hier in Europa, wo das Medium noch nicht so akzeptiert ist wie in den Vereinigten Staaten, sehen wir ein großes Wachstumspotential.

CW: Bedeutet das Internet das Ende der herkömmlichen Verkaufswege?

TOPFER: Das glaube ich nicht. Viele Leute legen nach wie vor großen Wert darauf, mit einem erfahrenen Verkäufer zu sprechen, der spezielle Fragen beantworten kann. Ich denke, das Internet stellt in erster Linie ein Rationalisierungsmittel dar, durch das eine Menge lästiger Telefonanrufe überflüssig werden.

CW: Andere Unternehmen wie Compaq oder IBM drängen ebenfalls ins Internet-Geschäft. Sehen Sie hier eine ernstzunehmende Konkurrenz heranwachsen?

TOPFER: Ich denke, wir haben gezeigt, wie man das Internet nutzt, während unsere Konkurrenten bislang nur darüber gesprochen haben. Letztendlich werden jedoch alle diesen Weg gehen.

CW: Wie sehen Sie den PC-Markt? Dell kann eindrucksvolle Wachstumszahlen vorweisen. Wird das die nächsten Jahre anhalten?

TOPFER: Ich gehe von etwa 15 Prozent jährlichem Wachstum aus. In vielen Ländern ist die Anzahl der installierten Computer längst nicht so hoch wie in den USA, so daß hier noch ein großer Bedarf herrscht. (Anm. d. Red.: 50 Prozent aller US-amerikanischen Haushalte besitzen einen PC.)

CW: Analysten gehen jedoch davon aus, daß in einigen Jahren ein Sättigungsgrad bei den PCs ereicht sein wird. Was passiert dann?

TOPFER: In Europa und Japan ist die PC-Durchdringung nur halb so hoch wie in den USA. Hier steckt noch ein enormes Marktpotential. Und wenn Sie nach Asien oder Südamerika blicken, dort liegt der Wert nur bei einem Fünftel oder einem Zehntel der USA-Rate. Aber auch in den USA tendieren die Experten dazu, das Wachstum zu unterschätzen. Zuerst sprechen sie von etwa zehn bis 15 Prozent und stellen dann am Quartalsende fest: Hoppla, der Markt ist doch um 19 Prozent gewachsen.

CW: In den USA kommt ein Verkaufsmodell in Mode, das neben einem längerfristigen Internet-Vertrag den PC fast umsonst dazu mitliefert. Ist das eine Gefahr für Dell?

TOPFER: Wir sprechen uns nächstes Jahr wieder, wenn es keine dieser Firmen mehr geben wird.

CW: Warum sollten Firmen wie E-Machine verschwinden?

Topfer: Sie wenden sich an die Interessenten, die am wenigsten über Computer wissen und deshalb die größte technische Unterstützung benötigen. Und das kostet natürlich. Außerdem könnte ich mir vorstellen, daß diese Anbieter gerademal 20 Supporttechniker haben.

CW: Aber es gibt Zahlen darüber, daß die Unternehmen bereits Hunderttausende von Rechnern an den Mann gebracht haben.

TOPFER: Das mag sein. Und sie werden Hunderttausende von unglücklichen Kunden haben.

CW: Doch sehen die Kunden nicht in erster Linie auf den Preis?

TOPFER: Diese Unternehmen kaufen sich kurzfristig einen großen Marktanteil und verschwinden dann wieder. Das Ganze ist zwar eine nette Marketing-Idee, wird sich aber nicht durchsetzen.

CW: Es gibt einen Boom im Bereich Handheld-PCs. Wird Dell wie Compaq, IBM oder HP auf den Zug aufspringen?

TOPFER: Nein. Aus unserer Sicht ist auf dem Handheld-Markt kein Profit zu machen.

CW: Warum?

TOPFER: Es ist ein hart umkämpfter Markt mit vielen Firmen, auch solchen, die neu hineindrängen. Außerdem ist das Volumen noch sehr begrenzt.

CW: Die Prognosen gehen jedoch davon aus, daß der Markt explodieren wird.

TOPFER: Er könnte wachsen. Das ist nur eine Vorhersage. Ohne Profit wird der Markt jedoch nicht wachsen. Wir planen nicht, ein Handheld-Gerät auf den Markt zu bringen, solange es keinen Profit verspricht. Dells Philosophie lautet: Den Markt zum richtigen Zeitpunkt betreten.

CW: Viele Firmen haben sich aber bereits etabliert. Wird es dann für Dell nicht zu spät sein?

TOPFER: Es würde mich nicht überraschen, wenn wir dann 3Coms Palm-Division kaufen könnten.