Sicherheitsrisiko Smart Home

Die Hacker kommen durch den Kühlschrank

10.04.2015
Von Thomas Kuhn

Während das klassische Computergeschäft bestenfalls stagniert, verspricht sich die IT-Welt von der Vernetzung des trauten Heims munter sprudelnde Erlöse: Knapp 15,2 Milliarden Dollar, erwarten die US-Marktforscher von Zpryme Research, werden 2015 weltweit mit Smart-Home-Technik umgesetzt. 2012 war es ein Drittel. Und auch, dass der Internet-Riese Google im Januar für 3,2 Milliarden Dollar den Smart-Home-Spezialisten Nest Labs übernahm, zeigt, welches Potenzial die Branche im Geschäft mit smarten Haushalten sieht.

Und das wohl zu Recht: Laut einer Studie des Marktforschers Fittkau & Maaß Consulting sind 78 Prozent der Deutschen an Smart-Home-Technik interessiert, allem voran zum Steuern von Heizungen, Fenstern und Beleuchtung.

Dem großen Interesse auf Käuferseite steht allerdings bei vielen Anbietern ein offenbar geringes Bewusstsein für die Risiken der Vernetzung gegenüber: Beispiele wie das von Insteon zeigten, so moniert Maik Morgenstern, "dass es manchem Hersteller zunächst wichtiger ist, Smart-Home-Technik schnell auf den Markt zu bringen, erst später denkt er an Sicherheit".

Der 31-jährige Diplom-Ingenieur ist technischer Leiter beim Magdeburger IT-Sicherheitsberater AV-Test. Das Unternehmen überprüft für Softwarehersteller deren Schutzprogramme, Virenfilter und Firewalls auf Sicherheitslücken.

Basierend auf diesem Know-how, hat AV-Test exklusiv für die WirtschaftsWoche sieben aktuell in Deutschland verfügbare Smart-Home-Systeme auf Schwachstellen gegen Zugriffe von Fremden, Hacker-Aattacken oder den Einbruch von Online-Spionen getestet.

Mit sehr durchwachsenen Ergebnissen: Während die Magdeburger drei der jeweils 90 bis 300 Euro teuren Einsteigerpakete eine "gute" bis "sehr hohe" Sicherheit gegen Hacker-Aangriffe attestieren, bieten die vier übrigen Systeme nur "niedrigen" oder gar nur "sehr niedrigen" Schutz gegen Attacken.

Sehr hohen Schutz bieten sowohl Elements, das Überwachungssystem der Ex-Siemens-Tochter Gigaset, als auch das Smart-Home-Paket des Energieversorgers RWE. Das ermöglicht unter anderem, Licht, Heizung und Bewegungsmelder per App und über ein Online-Portal zu steuern.

Mit "Gut" schneidet das Qivicon-System ab, das die Deutsche Telekom mit Partnern vertreibt. "Manipulationen durch Externe sind nach dem aktuellen Stand der Technik ausgeschlossen, der Durchgriff auf die Geräte im Haus nicht möglich", urteilen die AV-Tester.

Viele Unsichere Systeme

Und sie verweisen auf die Herkunft der Technik: "Es ist augenfällig, dass alle weitgehend sicheren Systeme in Deutschland konzipiert wurden", sagt Morgenstern. Offensichtlich spiegele sich das deutsche Verständnis vom Schutz der Privatsphäre auch in der Sicherheitsphilosophie wider.