Public-Cloud-Anbieter im Porträt

Google Cloud Platform soll AWS Paroli bieten

12.09.2017
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Google unterbietet manche Preise von AWS und Azure

Für Google spricht dagegen der Preis. Das Evidence Lab des Schweizer Bankhauses UBS hat 2016 ermittelt, dass bei vergleichbaren Public-Cloud-Diensten Google um bis zu 45 Prozent preisgünstiger ist als AWS. Der Studie zufolge liegt Microsoft Azure in puncto Kosten wiederum etwa 25 Prozent höher als AWS. Einen direkten Vergleich zwischen Diensten von Microsoft und Google führte UBS nicht durch. Der Grund: Es gibt nach Angaben der Analysten keine Servicekonfigurationen beider Anbieter, die eine solche Einschätzung zulassen.

Berechnet man die Rabatte mit ein, haben bei virtuellen Servern je nach Konfiguration Google, AWS oder Microsoft das günstigste Angebot.
Berechnet man die Rabatte mit ein, haben bei virtuellen Servern je nach Konfiguration Google, AWS oder Microsoft das günstigste Angebot.
Foto: Simform

Aktuellere Daten hat das amerikanische Technologieberatungshaus Simform ermittelt. Demnach ergibt sich im Sommer 2017 beispielsweise bei virtuellen Servern ein differenziertes Bild. Abhängig von der Konfiguration der Systeme haben bei einzelnen Angeboten Google oder AWS die Nase vorn, in einer anderen Konstellation Microsoft. Betrachtet man dagegen nur den Listenpreis, ist das Angebot von Google meist besser. Simform zufolge lassen sich bei Cloud-Services im Bereich Compute über ein Jahr gerechnet Preisnachlässe zwischen rund 30 und 37 Prozent erzielen.

Für Nutzer bedeutet dies, dass sie sich nicht alleine an den Preislisten orientieren sollten. Vielmehr gilt es, direkt bei einem Cloud-Service-Provider oder dessen Partnern nachzuhaken, wie denn der "echte" Preis ausfällt. Kein Wunder, dass sich mittlerweile Dienstleister etabliert haben, die solche komplexen Preisvergleiche gegen Honorar durchführen.

Allerdings hat Google angekündigt, sich nicht an den Preiskämpfen zu beteiligen, die in den vergangenen Jahren vor allem AWS und Microsoft im Cloud-Bereich ausfochten. Vielmehr will das Unternehmen Kunden durch innovative und zuverlässige Cloud-Dienste überzeugen. Das gilt auch für mittelständische Unternehmen - bislang eher ein weißer Fleck bei Google.

Unternehmenskunden stärker im Fokus

Analysten wie Lydia Leong, Vice President und Cloud-Spezialistin bei Gartner, kritisierten noch vor wenigen Monaten, dass die Google-Cloud primär für interne Zwecke konzipiert wurde, nicht für die Vermarktung von Cloud-Diensten. Das spiegle sich in der Vermarktungsstrategie wider: Ebenso wie andere Analysten bemängelte Leong, dass es Google nur in begrenztem Maße geschafft habe, Unternehmenskunden von seinen Public-Cloud-Angeboten zu überzeugen. Dies, in Verbindung mit der relativ schmalen Palette von Cloud-Services, lasse Anbieter wie AWS und Microsoft in den Augen von Kunden aus dem Unternehmensumfeld als attraktiver erscheinen.

Diese Kritik hat sich Google offenkundig zu Herzen genommen und die Bemühungen intensiviert, Unternehmenskunden zu gewinnen. Eine Maßnahme: Customer Reliability Engineers sollen künftig für einen effizienten Wissenstransfer und eine bessere Unterstützung beim Betrieb und der Optimierung von Workloads auf der Google-Cloud-Plattform sorgen. "Die Rolle und die Art und Weise, wie der Support geleistet werden sollen, lehnt sich an das Konzept des Site Reliability Engineer an, das Google vor ein paar Jahren entwickelt und mittlerweile als Best Practices für den Betrieb von Cloud-Infrastrukturen optimiert hat", sagt Carlo Velten, CEO des deutschen IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research.

Hinzu kommt ein weiterer Trend: Die Betreiber der großen Public-Cloud-Plattformen arbeiten besser zusammen - zumindest in einem gewissen Rahmen. Der Grund ist laut Velten, dass speziell größere Unternehmen und Firmen aus dem gehobenen Mittelstand eine Multi-Cloud-Strategie verfolgen. Sie setzen Cloud-Dienste mehrerer Anbieter ein, um Risiken zu minimieren. Eine Konsequenz dieser Entwicklung: Google etabliert sich auch als Windows-Plattform; Microsoft Azure hat sich wiederum für Open-Source-Software geöffnet. Auch AWS unterstützt beide Welten.

Kunden: Coca-Cola, Airbus, Apple - aber kaum deutscher Mittelstand

Derzeit sind es vor allem größere Unternehmen, die auf die Google Cloud Platform setzen. So hat der Musik-Streaming-Service Spotify 2016 seine IT-Infrastruktur auf die Cloud-Plattform von Google portiert. Zu den weiteren Kunden zählen unter anderem Disney, der Rüstungskonzern Northrop Grumman, der Flugzeughersteller Airbus und Coca-Cola. Auch Apple greift auf IaaS-Ressourcen von Google zurück. Das Unternehmen nutzt diese für seine Cloud-Plattform iCloud.

In Deutschland, das durch mittelständische Unternehmen geprägt ist, nimmt die Google Cloud Platform dagegen noch keine Spitzenposition ein. Laut einer Studie des deutschen Beratungshauses Crisp Research war GCP im Jahr 2016 nur bei 24 Prozent der mittelständischen Unternehmen ein Teil der Cloud-Strategie. Zum Vergleich: Rund 82 Prozent der Unternehmen planen mit AWS, an die 53 Prozent mit Microsoft Azure. Auch die SAP Hana Cloud Platform (27,4 Prozent) und IBM Softlayer (26,7 Prozent) liegen vor Google. Somit muss Google noch eine Menge Überzeugungsarbeit bei deutschen Unternehmen leisten, um zumindest SAP und IBM zu überholen. Dies gilt vor allem für Entscheidungsträger wie Geschäftsführer und CIOs. Diese sehen bei Googles Cloud-Angeboten offenbar Nachbesserungsbedarf, was deren Tauglichkeit für Geschäftskunden betrifft.

Fazit: Akzente setzen statt Gießkannen-Prinzip

Google verfolgt im Vergleich zu den beiden größten Mitbewerbern AWS und Microsoft eine andere Strategie. Statt jedes Jahr Dutzende neuer Cloud-Applikationen vorzustellen, setzt das Unternehmen stärker darauf, in einzelnen Bereichen Akzente zu setzen. Dazu zählen beispielsweise die Sparten Künstliche Intelligenz und Machine Learning, aber auch Sicherheit und Datenbanken, etwa in Form der NewSQL-Datenbank Spanner.

Doch um Amazon und Microsoft Marktanteile abjagen zu können, muss das Unternehmen etliche Dinge ändern. Ein zentraler Punkt ist, aktiv auf Geschäftskunden und deren Anforderungen zuzugehen. Das sieht auch Nigel Fenwick von Forrester so: "Google muss insbesondere die Unterschiede zwischen Business-to-Business- und dem Business-to-Consumer-Markt verstehen", so der Analyst. Zudem sei es notwendig, dass Googles Cloud-Angebot die unterschiedlichen regulatorischen Vorgaben in den diversen Regionen berücksichtige, beispielsweise Datenschutzregelungen und Compliance-Vorschriften.

Dazu ist mehr erforderlich als eine gut funktionierende Cloud-Plattform. Vielmehr gilt es Anwendern Wege aufzuzeigen, wie sie ihre vorhandene IT-Infrastruktur um eine Public-Cloud-Komponente ergänzen können. Zudem benötigen gerade Mittelständler dabei technische Unterstützung und Beratungsleistungen, auch in puncto Compliance und Datenschutz. Das heißt, Google muss sein Netzwerk von Partnern und eigenen Fachleuten weiter ausbauen. Andernfalls wird Google Diane Greenes Ziel wohl kaum erreichen: In fünf Jahren mit AWS auf einer Augenhöhe zu agieren.