Rechtslage Dokumenten Management

Die größten Mythen über elektronische Archivierung

03.12.2008
Von 
Volker Halstenbach ist Senior Berater und Partner bei der Zöller & Partner GmbH, einer anbieterneutrale ECM-Beratung mit Sitz in Sulzbach im Taunus, www.zoeller.de

2. Archivdatenträger dürfen wechseln

Obwohl weder Gesetze noch die GOBS bestimmte Techniken vorschreiben, hält sich im Markt hartnäckig die Mär, die Speicherung von Archivdaten auf unveränderbaren Datenträgern sei verpflichtend. Dies hat dazu geführt, dass sich insbesondere die optische Speicherung zu einer juristisch nicht begründbaren Pseudo-Technologieanforderung entwickelt hat. Dieser Trend wurde dadurch verstärkt, dass optischer Speichersysteme günstiger waren als Magnetplatten. Doch dieser Kostenvorteil ist mittlerweile weg geschmolzen. Immer mehr Anwender lagern daher ihre Archivsysteminhalte auf "herkömmlichen", zentralen Speichersystemen - und verstoßen damit gegen kein Gesetz. Schließlich meistern diese Unternehmen die GOBS-konforme Datenspeicherung für ihre Buchhaltungsdaten in der Regel unter Verwendung derselben Speichersysteme bereits seit Jahren.

3. Herstellerzertifikate sind keine Persilscheine

Ein weiterer Mythos der DMS-Branche besagt, dass Anwender, die eine zertifizierte DMS-Lösung verwenden getrost ihre Originalunterlagen vernichten können. Doch tatsächlich sind weder Herstellerzertifikate, noch die viele Standards wie Moreq2 oder Zertifikate wie "ECM-Ready" ausreichend oder darauf ausgelegt, einen Rechtsschutz bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der eingesetzten Systeme und Verfahren zu schaffen.

Systeme, die diesen Anforderungen genügen, weisen lediglich einen Funktionsumfang auf, den der Entwickler des Standards beziehungsweise die Zertifizierungsinstanz für sinnvoll hält, unabhängig davon, welcher Nutzen für Endanwender hierdurch entsteht (siehe zum Beispiel die umstrittene ECM-Zertifizierung der SAP). Zudem führt eine funktionale Standardisierung häufig auch zu funktionalen Einschränkungen, indem sich beispielsweise individuelle Prozesse schlechter im Produkt abbilden lassen. Bei der Auswahl von Lösungen für ein Enterprise Content Management (ECM) sind Unternehmen also weiterhin gut beraten, zunächst die eigenen funktionalen Anforderungen zu ermitteln und dann Systeme auszuwählen, die diesen genügen.