Uniforum '92: Eine Angelegenheit unter Amerikanern

Die größte Unix-Messe der Welt entpuppte sich als ein Supermarkt

07.02.1992

SAN FRANZISKO - Der dringlichste Ruf nach offenen Systemen ertönt in der Regel aus den Reihen der europäischen Großanwender. Auf der US-amerikanischen Uniforum-Messe ließen sich diese jedoch kaum blicken; die Veranstalter schätzten höchstens drei Prozent Besucher aus dem Ausland. Zum Ausgleich wird im November in Utrecht als "0pen Forum" eine ähnliche Veranstaltung stattfinden.

Wie die Jahresversammlung der German Unix Users Group wird auch das Uniforum von einer Anwendervereinigung, der Uniforum Association, ausgerichtet. Dabei hat die US-Messe weit mehr noch als ihre kleine deutsche Schwester die Gier der Industrie geweckt. Nur noch 7,5 Prozent der erwarteten Besucher sind Programmierer. Mit 300 Ausstellern und einem zweibändigen Katalog, der mehr als 7500 Produkte aufführt, hat sich das Uniforum längst zur größten Open-Systems-Messe der Welt ausgewachsen. In San Franzisko mußte bereits ein Teil des Vortragsprogramms in das nahegelegene Marriott-Hotel ausgelagert werden.

Dutzende von Produktankündigungen unterstreichen die Bedeutung der Uniform als Fach. messe. Auf herausragende Neuigkeiten warteten die Besucher jedoch vergeblich. So blieb etwa die von Insidern erwartete Ankündigung der relationalen AIX-Datenbank von IBM aus. Dafür versuchte der Mainframe-Spezialist mit seinen neuen RS/6000-Workstations- und dem aktuellen Release 3.2 des AIX- Betriebssystems seine Position im Unix-Markt zu verbessern.

Der Silicon-Valley-Hersteller Sun Microsystems gab vor bei. mischen Publikum seine Kooperation mit dem Supercomputer. Hersteller Cray bekannte und die OSF feierte Prestige-Erfolge mit der ersten kommerziellen OSF/I-Implementierung von Digital Equipment und der Präsentation der Mikrokernel-Version des Betriebsystems. Was die Ankündigungen der Branchenführer betrifft, bestätigten sich also im großen und ganzen Vorinformationen (vergleiche CW 4/92, S.23: "Die großen Drei..-" und in dieser Ausgabe, S.11: "Keine Euphorie...")

In den Ausstellungshallen dominierten jedoch die eher kleinen Anbieter von Anwendungen, und Zubehör. Bei ihnen betasteten die Besucher Einsteckkarten und Zusatzlaufwerke, spielten mit Textverarbeitungs-, Grafik- sowie Büro-Paketen und ließen sich Software-Sammlungen auf CDs mitgeben. Dieser Datenträger hat sich hier rundum durchgesetzt. Immer mehr Unternehmen liefern ihre Software auf CDs aus.

Softwerker bieten Produkte auf CDs an

Das gilt für Betriebssystemanbieter wie Sunsoft und Hewlett-Packard ebenso wie für die Open-Systems-Organisation X/Open, die eine Übersicht über die laufenden Spezifizierungsvorhaben auf CD verbreitet.

Die Rad Technologies Inc. hat aus diesem Trend bereits ein Vertriebskonzept entwickelt. Das Unternehmen verteilte kostenlos eine CD mit 17 Unix-Programmen, darunter die Tabellenkalkulation Wingz, die DTP-Software Framemaker, das Büropaket Asterix oder die Textverarbeitung Wordperfect. Voll funktionsfähig werden diese Programme allerdings erst durch ein Paßwort, das der Interessent durch einen Telefonanruf bei Rad gegen die Nennung seiner Kreditkartennummer erhalten kann.

Zu den Tool-Anbietern zählt sich auch die Münchner Ixos GmbH, das einzige deutsche Software-Unternehmen in San Franzisko. Die Unix-Spezialisten wagten mit ihrer Motif-basierten Datenbankabfrage-Umgebung "Ixview/SQL" den Sprung über den großen Teich. Die ebenfalls anwesende Software AG wird in USA eher als amerikanisches Unternehmen empfunden.

Beim Schlendern von Stand zu Stand fiel im übrigen auf, daß viele Hersteller - von Next bis IBM - das grafische Wingz- Spreadsheet von Informix präsentierten. Seine grafischen Features eignen sich offenbar besonders gut für kurzweilige Demos und zudem, so versicherte ein DEC-Spezialist, läßt sich die Software leicht portieren.