Kolumne

Die größte Online-Baustelle der Welt

20.03.2008

IBM kauft Yahoo - das wäre wahrscheinlich eine Schlagzeile, die manchen IT-Verantwortlichen ins Grübeln brächte. Was wird denn nun aus "meiner IBM”, würden sich die IT-Manager fragen. Will Big Blue nur noch Geld mit Online-Werbung verdienen? Was wird aus meiner Software, meinen Rechnern? Wie intensiv wird sich IBM noch mit einer iSeries beschäftigen, wenn gleichzeitig Milliardenbeträge mit Internet-Werbung verdient werden können?

Bekanntlich will nicht IBM, sondern Microsoft Yahoo kaufen. Und eigentlich könnten die Microsoft-Kunden ähnliche Fragen stellen. Was bedeutet es für die Kunden, wenn die Windows-Company die Jagd auf Google eröffnet und den Markt für Internet-Werbung im ganz großen Stil angeht? Immerhin würde Microsoft damit die wohl größte Online-Baustelle der Welt eröffnen - ganz abgesehen von dem Kultur-Clash, den die Zusammenführung zweier so unterschiedlicher Unternehmen verursachen muss.

Doch Microsofts Kunden fragen nicht. Zum einen halten sie Steve Ballmer & Co. für clever genug, um die Fusion zu stemmen und das Softwarelizenzgeschäft auch unter den neuen Bedingungen wie bisher fortzuführen. Zum anderen sehen sie, dass die Company kaum eine andere Wahl hat. Google hat ja nicht nur den Markt für Online-Werbung dank überlegener Suchtechnik fest im Griff. Das Unternehmen schafft es auch noch, mit immer mehr Gratisangeboten - seien es Softwareprodukte oder werbefinanzierte Online-Dienste - das Fundament des Microsoft-Lizenzmodells zu untergraben.

Laut IDC wird sich allein in den USA der Online-Werbekuchen von 16,9 Milliarden Dollar im Jahr 2006 auf 31,3 Milliarden Dollar 2011 verdoppeln. Bei dem Gedanken, welche Beträge auf Dauer weltweit in Internet-Werbung fließen, dürfte sogar den Herren Gates und Ballmer schwindelig werden. Geradezu Übelkeit wird die Vorstellung erzeugen, dass diese Gelder zu einem Großteil in die Taschen des Erzrivalen Google strömen. Der würde noch mächtiger und könnte sein Hobby, Softwaregeschenke zu verteilen, noch intensiver als bisher pflegen. Mit Yahoos Web-Kompetenz will Microsoft den Aufstieg von Google aufhalten.

Microsofts Kunden werden dem Treiben gelassen und wahrscheinlich sogar mit einiger Sympathie für Google zusehen. Monopolistisches Gehabe, gerichtlich attestierte Wettbewerbsbehinderungen und die für Marktführer typische Arroganz haben nicht gerade dazu geführt, dass die Anwender geschlossen hinter Redmond stehen. Sein Lizenzgeschäft wird Microsoft kaum riskieren - schließlich muss es die Gewinne abwerfen, mit denen der Kampf gegen Google finanziert werden kann. Also können sich die Anwender zurücklehnen und zuschauen, wie mit Microsoft und Yahoo zwei Player, die jeweils im Alleingang gegen Google den Kürzeren gezogen haben, den Kampf nun im Duett aufnehmen wollen. Die Wettbüros sind geöffnet!