Borland und Wordperfect kooperieren

Die Furcht vor Microsoft laesst Mitbewerber zusammenruecken

30.04.1993

"Borland Office for Windows" heisst das Produkt, mit dem Wordperfect und Borland dem Marktriesen Microsoft Marktanteile abnehmen wollen. Pikant an der Ankuendigung eines solchen Produktpakets aus Datenbank, Spreadsheet und Textverarbeitung ist, dass die Unternehmen dieses Erfolgsrezept eingestandenermassen beim Mitbewerber Microsoft abgeschaut haben. "Die Verkaufserfolge von Microsoft zeigen, dass die Kunden solche Produktpakete wollen", freut sich Borland-Geschaeftsfuehrer Wolfgang Schroeder.

Dass die Branche Produktkonzepte mit dem vorbildhaften Erfolg Microsofts begruendet, wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung von Bill Gates´ Softwarekonzern.

Marco Seiler, Director Product Marketing der Wordperfect Software GmbH, Eschborn, will diese Vorgehensweise allerdings nicht als Schwaeche gedeutet wissen. Er sieht darin eine Strategie, um Microsoft mit den eigenen Waffen in die Schranken zu weisen.

Laut Seiler handelt es sich bei der jetzigen Kooperation nicht nur darum, in einem lukrativen Markt als Mitbewerber aufzutreten. Gemeinsam mit Borland sei man darueber hinaus dabei, Standards fuer E-Mail-Funktionen und Datenbank-Zugriffsmethoden zu erstellen, die mit denen von Microsoft konkurrieren sollen.

Dabei verfolgen die beiden beteiligten Unternehmen die Absicht, Microsofts Vorleistungen einzubinden, sie aber in Funktionalitaet und Offenheit zu uebertreffen. Setzen sich diese Standards durch, so die Hoffnung, wird Microsoft fuer die eigenen Produkte auf die Kooperationsbereitschaft der Mitbewerber angewiesen sein.

Datenbank im Programm integriert

Die Standardisierungsbemuehungen sind Teil der Initiativen fuer ein gegen Microsofts Datenbank-Schnittstelle ODBC gerichtetes Integrated-Database API (Idapi) und ein Vendor-Independent- Mailing-Protokoll (VIM), das gegen das Message Application Programming Interface (Mapi) von Microsoft antritt. Vor allem bei VIM werden Borland und Wordperfect von Lotus, IBM, Apple und Novell unterstuetzt.

Im Anwendungsbereich arbeiten, so fuehrt der Wordperfect-Manager aus, vor allem die VIM-Partner schon seit laengerem an konkreten Konzepten zur Verschmelzung von Produkten verschiedener Hersteller. Borland Office stelle in diesem Zusammenhang die erste Konkretisierung dieser Strategie dar.

Bei dem Office-Produkt ergaenzen sich die Partner durch ihre Produktpalette. Wordperfekt bringt sein Textverarbeitungs-Programm und seine Erfahrung in Sachen Bueroprodukte ein, waehrend Borland das Spreadsheet, die Datenbank und objektorientiertes Know-how liefert.

Den Zusatzwert des Office-Pakets gegenueber dem Microsoft-Produkt sehen die Partner in dem integrierten Datenbankprodukt "Paradox for Windows". Ein Datenbanksystem fehle bei MS-Office. Die noetigen Groupware- und E-Mail-Eigenschaften soll Wordperfect im Herbst in Form eines "Workgroup Extension Pack" nachliefern.

"Wir haben auch ueber die Einbindunge einer Datenbank nachgedacht", kontert Hank Vigil, Director Application Marketing bei Mircrosoft, "einen Vorteil konnten wir dabei nicht entdecken".