Heiße Eisen anpacken

Die Firma - dein Freund und Helfer

26.01.2013
Von 
ist freie Wirtschaftsjournalistin in London.

Vorbeugen ist besser als Krank schreiben

In Zeiten von Demografiewandel und Fachkräftemangel entdecken ITK-Unternehmen eine neue Ebene der Fürsorgepflicht. "Auch bei IT-Startups kommen die Mitarbeiter langsam in die Jahre", erklärt Ahmad. "Im Zuge dessen entdecken die Geschäftsleitungen, dass Tischfußball und Dartscheiben nicht ausreichen, um bei der Belegschaft Leistungsfähigkeit und Freude an der Arbeit zu erhalten."

Anne-Katrin Krempien, ärztliche Direktorin bei der Deutschen Telekom: "Wir versuchen gesundheitliche Belastungen frühzeitig zu erkennen."
Anne-Katrin Krempien, ärztliche Direktorin bei der Deutschen Telekom: "Wir versuchen gesundheitliche Belastungen frühzeitig zu erkennen."
Foto: Privat

Das sehen auch die großen Firmen der Branche so. "Mitarbeiter, die den Kopf voller Sorgen haben, schöpfen ihr Leistungspotenzial nicht aus", sagt Lars Gielg, HR Manager Integrated Health Services bei IBM in München. Daher liege es sowohl im humanistischen als auch im unternehmerischen Interesse, ihnen zur Seite zu stehen. Diese Einstellung ist mittlerweile Common Sense in der Branche. Bei der Deutschen Telekom heißt es: "Als Arbeitgeber sind wir auch ein Spiegel der Gesellschaft. Wenn die Menschen in eine Arztpraxis gehen, ist es oft schon zu spät", sagt Anne-Katrin Krempien, ärztliche Direktorin beim Bonner TK-Riesen. "Wir versuchen gesundheitliche Belastungen frühzeitig zu erkennen und unsere Mitarbeiter dabei zu unterstützen, rechtzeitig gegenzusteuern."

Gut so, loben Experten. "Unternehmen sollten Probleme wie Sucht, Mobbing oder Burn-out in ihren Reihen nicht verleugnen", sagt Monika Heilmann, Management-Trainerin, Coach und Wirtschaftsmediatorin aus Leinfelden. "Heiße Eisen anzupacken, liegt im Eigeninteresse der Firmen." Denn Konflikte, die das Berufsumfeld stören, können Teams und Arbeitgeber mächtig belasten. Sie stören das Betriebsklima, bremsen die Produktivität, strahlen negativ auf das Image von Abteilung und Firma aus und verursachen erhebliche Krankheitskosten.

Gemäß dem aktuellen BKK Gesundheitsreport 2011 verbuchte die IT-Industrie im Jahr 2010 pro pflichtversichert Beschäftigtem 8,3 Arbeitsunfähigkeitstage, in der Telekommunikation lag der Wert sogar bei 15,3 Tagen.

Private Probleme wie z.B. eine Scheidung belasten Mitarbeiter nicht nur nach Feierabend.
Private Probleme wie z.B. eine Scheidung belasten Mitarbeiter nicht nur nach Feierabend.
Foto: Rafael Ben-Ari Fotolia.com

Um auch künftig wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen viele Firmen schon heute auf Prävention. So wie die Telekom. Um heikle Situationen rechtzeitig zu erkennen, hat das Unternehmen 2010 ein "Frühwarn-Cockpit" eingerichtet. Herzstück dieser Datensammlung ist - neben Fluktuations- und Arbeitsunfähigkeitsberechnungen - eine Mitarbeiterbefragung mit 50 Fragen zur psychischen Gesundheit. Der Gedanke dahinter: "Jeder Mitarbeiter, den wir frühzeitig stabilisieren können, bleibt motiviert und leistungsfähig und fällt damit womöglich gar nicht erst aus", so Krempien. Das Frühwarnsystem soll zudem verhindern, dass sich kranke Mitarbeiter zur Arbeit schleppen und dort vermeidbare Schäden anrichten. Personaler sprechen dabei von Präsentismus.

Anonyme Telefon-Hotline

Zur Vorbeugung dieses unerwünschten Phänomens arbeitet die Telekom mit rund 50 internen und externen Beratern zusammen, die auf seelische Probleme aller Art spezialisiert sind. Die Mitarbeiter erreichen die Psychologen und Coaches entweder per kostenfreier und anonymer Telefon-Hotline oder in Beratungsgesprächen - innerhalb oder außerhalb ihrer Arbeitszeit.

Zudem offeriert der Konzern neben Seminaren zu Themen wie Sucht oder Stress auch spezielle Resilienz-Workshops, in denen die Teilnehmer lernen, mit belastenden Themen umzugehen. Schon mehr als 1000 Angestellte haben hier Hilfe gesucht.