Molkerei steigt von Batch- auf Dialogsystem um:

Die FiBu-Daten weiter extern verarbeitet

25.02.1983

Welche Erfahrungen die Molkerei-Genossenschaft Eschwege mit ihren Datenverarbeitungssystemen sammeln konnte und welche Rationalisierungserfolge erzielt wurden, schildert der folgende Anwenderbericht. Bis vor etwa sechs Jahren arbeitete die Genossenschaft in der Verwaltung noch ohne technische Hilfsmittel. Dann jedoch wurde ein kleineres Computersystem installiert.

Dieses System arbeitete ausschließlich im Batchbetrieb und erledigte die Milchrechnung und die Lohn- und Gehaltsabrechnung. "Die Arbeit mit diesem Computer hat uns allerdings nicht befriedigt", berichtet Gerhard Gunkel, Direktor der Molkerei-Genossenschaft, "weil die Ergebnisse aus der Milchabrechnung nicht integriert in die Finanzbuchhaltung übernommen werden konnten."

Außerdem war es zum Beispiel nicht möglich, Lieferscheine für die Milchhändler zu schreiben. Aufgrund dieser Probleme wurden Überlegungen angestellt, ein neues Computersystem zu installieren. Deshalb wurde der einschlägige Markt an EDV-Systemen analysiert und die wichtigsten Hardwaresysteme miteinander verglichen. Nachdem dieser Auswahlprozeß abgeschlossen war, konzentrierte sich das Interesse der Genossenschaft auf ein Bürocomputersystem von Siemens. Auch das Raiffeisen-Rechenzentrum in Kassel, mit dem die Genossenschaft seit mehreren Jahren zusammenarbeitet, sprach sich für das Siemens-Computersystem aus.

Gleichzeitig zwei Papierbahnen

Die Entscheidung zugunsten dieser Anlage wurde unter anderem auch deshalb getroffen, weil das Raiffeisen-Rechenzentrum selber Siemens-Anwender ist und langjährige Erfahrungen mit diesem EDV-Hersteller hat. Heute ist eine 6.620 mit einer Hauptspeicherkapazität von 256 KB bei der Molkerei-Genossenschaft installiert. Zur Konfiguration gehören ferner zwei EDV-Arbeitsplätze (Bildschirm/Tastatur) und ein Matrixdrucker (250 Zeichen pro Sekunde).

An externen Speicherkapazitäten sind zwei Magnetplattenlaufwerke (Fest-/Wechselplatten) mit jeweils 16 Millionen Bytes Speicherkapazität vorhanden. Der Matrixdrucker ist so ausgelegt, daß er gleichzeitig zwei Papierbahnen bedrucken kann. Gegenwärtig ist geplant, die vorhandene Konfiguration auf eine Hauptspeicherkapazität von 384 KB auszubauen. Ferner sollen die Magnetplattenkapazitäten auf insgesamt 64 Millionen Bytes aufgestockt werden. Für den Datenträgeraustausch mit dem Raiffeisen-Rechenzentrum ist an den Siemens-Rechner zudem ein Diskettenlaufwerk angeschlossen.

Auswertung im RZ

Das umfangreiche Molkereiprogramm bedienen zwei Mitarbeiter. Die Software für die Molkereiabrechnung wurde im Auftrag des Raiffeisen-Rechenzentrums, Kassel, von dem Softwarehaus "gedava", Hannover-München, entwickelt und eingeführt. Eine benachbarte Molkerei arbeitet bereits mit dem gleichen Programmpaket, die Einführung in einer weiteren Molkerei ist in Vorbereitung.

Dieses Programmpaket umfaßt:

- Kundenabrechnung

- Lieferantenabrechnung

- Statistiken

- Bestandsführung

- Betriebsübersicht

- Mitgliederabrechnung

- Anlagenbuchhaltung.

Daneben läuft die Milchgelderfassung auf dem System sowie die Erfassung der Daten für die Finanzbuchhaltung und Lohn- und Gehaltsabrechnung. Die Auswertung dieser Anwendungsbereiche erfolgt im Raiffeisen-Rechenzentrum, Kassel (Diskettenaustausch).

Im Rahmen der Kundenabrechnung erfaßt das Unternehmen den täglichen Warenausgang wahlweise mit oder ohne Lieferscheinschreibung. Die erfaßten Mengen übernimmt der Rechner automatisch in die tägliche Bestandsführung beziehungsweise Betriebsübersicht. Zahlungsbedingungen, Kundenrabatt, Rechnungsstellung, Verkaufspreis, Artikelrabatt (aus den Stammdaten) lassen sich bei der Erfassung ändern. Im Anschluß an die Erfassung können Lade- und Tourenlisten Wagen- und Tour-bezogen abgerufen werden.

Automatisch in die Bestandsführung

Auf Anforderung druckt das System die Rechnungen, wobei es zwischen Tages-, Dekaden- und Monatsrechnungen unterscheidet. Für Verbände erstellt der Bürocomputer zusätzlich Sammelrechnungen. Für Kunden mit Bankeinzug werden Lastenschriften. erstellt, die gezielt nach Zahlungsziel abgerufen werden können. Die für die Finanzbuchhaltung benötigten Daten (Sollstellung, Erlösbuchungen) stellt die Anlage für die Verarbeitung im Raiffeisen-Rechenzentrum bereit und gibt sie auf Anforderung auf Diskette aus.

Im Rahmen der Lieferantenabrechnung erfaßt der Computer die täglichen Warenausgänge an die Lieferanten (Milchanlieferer). Vorliegende Wochenbestellungen können dabei ohne nochmalige Erfassung abgerufen werden. Die erfaßten Mengen werden automatisch in die tägliche Bestandsführung beziehungsweise Betriebsübersicht übernommenen. Im Anschluß an die Erfassung können Lade- und Tourenlisten Wagen- und Tour-bezogen abgerufen werden. Die Erstellung der Lastschriften erfolgt durch beleglosen Datenaustausch (Diskette zur Bank).

Fehler verringert

Im Rahmen der Statistik erstellt die Software Monats- und Jahresstatistiken für Kunden, Lieferanten und Artikel. Dabei erfolgt die Gegenüberstellung des Umsatzes zum Vorjahreszeitraum.

Im Rahmen der Bestandsführung erfolgt die Erfassung der täglichen Produktionswerte und Verluste: Anschließend ermittelt und bewertet das System die täglichen Bestände.

Ein Vorteil der neuen Lösung ist, daß die Betriebsübersicht mit Hilfe des Bürocomputers im Hause der Genossenschaft erstellt werden kann. Daraus resultiert, daß die täglichen Erfassungen sofort - auch rechnerisch - in der Betriebsübersicht sind. Auch sämtliche Produktionen und die Bestandsführung der einzelnen Produkte sind ständig verfügbar. Im Gegensatz zur manuellen Betriebsübersicht befinden sich heute alle relevanten Daten auf einem aktuellen Stand, wodurch sich Fehler verringern.

"Durch die Betriebsübersicht per Computer haben wir jetzt die Möglichkeit, daß die gesamten Ausgänge aus der Fakturierung sofort in die Betriebsübersicht laufen und Übertragungsfehler damit ausgeschaltet sind.

Außerdem haben wir durch eine ,DifferenzlisteÆ die Möglichkeit zur sofortigen Kontrolle", meint Direktor Gunkel. Im weiteren Ausbau der Betriebsübersicht wurde eine sogenannte "Ausbeute-Rechnung" angegliedert. Mit Hilfe der Ausbeute-Rechnung ist es möglich, den tatsächlichen Verbrauch an Rohware nachzuweisen. Außerdem wurde an die Betriebsübersicht ein weiteres Modul für die Kostenrechnung angefügt (Deckungsbeitragsrechnung). Auch der exakte Verbrauch an Verpackungsmaterial wird in der Betriebsübersicht ausgewiesen.

Sortiment aus 15 Artikeln

Die Molkerei wurde im Jahre 1935 gegründet und hat heute eine Anlieferungskapazität von 38 Millionen Litern Milch pro Jahr. Das Einzugsgebiet der Molkereigenossenschaft erstreckt sich entlang der Zonengrenze auf einer Länge von rund hundert Kilometern.- Die Genossenschaft wird von etwa 900 Milchlieferanten bedient. Der Betrieb hat insgesamt 42 Belegschaftsmitglieder

Pro Jahr werden in der Genossenschaft rund 24 Millionen Becher Sahneprodukte (Schlagsahne, H-Sahne, Saure Sahne, Schmand) hergestellt. Zur weiteren Produktion gehören etwa 1,5 Millionen Becher Schulmilch-Produkte. Ein weiterer Warenbereich sind Speise-Quarkartikel. Insgesamt besteht das Sortiment der Molkerei-Genossenschaft - einschließlich Milchprodukten - aus 15 Artikeln. Zu den Kunden der Genossenschaft zählen etwa 100 Milchhändler (Einzelhandelsbetriebe) und rund 60 Schulen.