Neue Konzepte für die elektronische Post

Die E-Mail ist noch lange nicht tot

17.07.2013
Von  und
Frank Heuer ist bei der Information Services Group als Manager Advisor tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf den Themen Kommunikations- / Collaboration-Lösungen und -Dienste sowie Cloud Computing und Cyber Security. Er ist seit 1999 in der Analyse von IT- und Telekommunikationsmärkten und der entsprechenden Beratung aktiv. Zu seinen Aufgabengebieten gehört insbesondere die Beratung von IT-Anbietern und Telekommunikationsunternehmen zu Marketing und Vertrieb.
Axel Oppermann beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Social Enterprise, Cloud Computing und Microsoft hineinfällt. Axel schreibt auf Computerwoche als Experte zu den Themen Enterprise Cloud, Digital Enterprise und dem IT-Lieferanten Microsoft. Als IT-Analyst berät er Anwender bei der Planung und Umsetzung ihrer IT-Strategien. Axel ist Geschäftsführer des Beratungs- und Analystenhaus Avispador aus Kassel. Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE
Während die einen schon den Abgesang auf die E-Mail anstimmen, feilen andere an immer neuen Konzepten für die elektronische Post. Zwar verändert sich gerade im Zuge von Social Business die Kommunikation - das braucht aber seine Zeit.
Foto: Zenphotography - shutterstock.com

Es ist schon interessant, wie kontrovers das Thema E-Mail gegenwärtig diskutiert wird. Da gibt es die Marketiers, die sich ständig neue Konzepte ausdenken, wie sich das E-Mail-Marketing optimieren und Dialog-Marketing-Kampagnen in CRM-Systeme integrieren lassen. De-Mail-Anbieter wollen uns vermitteln, dass ein auf E-Mail-Technik beruhender Service die "sichere, vertrauliche und nachweisbare" Kommunikationsform der Zukunft ist. Und Verfechter von Social-Business verkünden, E-Mail sei bereits tot.

Kurzum: Das Thema beschäftigt. Nicht nur die Mitarbeiter, die tagtäglich Dutzende mehr oder weniger wichtige Nachrichten in ihren elektronischen Postfächern finden. Auch IT-Verantwortliche und Organisationsentwickler müssen sich mit der Zukunft der Kommunikation im Unternehmen, Kunden und Lieferanten sowie zwischen Mitarbeitern beschäftigen.

Eins vorab: Eine pauschale Antwort gibt es nicht. Was sich jedoch sagen lässt, ist, dass sich die Art und Weise, wie kommuniziert wird, nachhaltig ändert. Im privaten Umfeld wird die Kommunikation immer seltener über E-Mail abgewickelt. Besonders, wenn es nicht zwingend auf Formalien ankommt, wenn Spontanität und Inhalt im Vordergrund stehen, werden Messenger-Lösungen und Chats bevorzugt. Text wird kombiniert mit Bewegtbild. Diese Trends halten nun auch Einzug in die Unternehmen.

Social Media hin, Instant Messaging her: Die Zahl der Anmeldungen klassischer E-Mail-Accounts wird auch in den nächsten Jahren wachsen. Angaben in Milliarden; Quelle: Radicati Group

Social Software ist eine Bezeichnung für Software, die der menschlichen Kommunikation und der Zusammenarbeit dient. Dabei steht die Orchestrierung des Informations-Managements (Suchen, Finden, Bewerten), des Identitäts-Managements (Selbstdarstellung, Kompetenzprofile) und des Beziehungs-Managements (Management von Kontakten) im Fokus.

Dabei ist Social Software im Kontext zu sehen, namentlich mit Social Business für Collaboration und Communication. Social Business kann als Strategie für den organisatorischen Wandel den Unternehmen einen Mehrwert liefern. Das Konzept bietet eine Chance, die Arbeitswelt und Interaktion mit unterschiedlichen Bezugsgruppen flexibler und offener zu gestalten. Ziel dabei ist, die Effizienz zu steigern. Social Business steht synonym für Unternehmen der Zukunft, die Strategie, Kompetenzen, Kultur und Prozesse vereinen, um in einer vernetzten Welt die Art und Weise, wie Menschen arbeiten, neu zu justieren.

Bei allen Bemühungen, die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und externen Dritten zu verbessern, muss klar sein: Die neuen Möglichkeiten der Kommunikation werden die bewährten Werkzeuge nicht von heute auf morgen ablösen. Vielmehr ergänzen sie sich. Versuche, ein System wie die E-Mail-Kommunikation Hals über Kopf hinauszuwerfen, werden zwangsläufig an der Trägheit der Organisation und den Verhaltensmustern der Anwender scheitern.

Auch wenn die Menschen privat weniger Mails verschicken, wird die Zahl der geschäftlich versandten Nachrichten unvermindert ansteigen. Angaben in Milliarden pro Tag; Quelle: Radicati Group

Kommunikationswelten verknüpfen

Ziel muss sein, beide Welten kreativ zu verknüpfen und die Wertschöpfung, die auf Resonanz und Dialog beruht, zu optimieren. In einem ersten Schritt gilt es, die unterschiedlichen Kommunikationsszenarien zu analysieren. Einfacher wird es, wenn man sich zunächst auf ein Element fokussiert - zum Beispiel die unternehmensinterne Kommunikation. Hier sollten die Verantwortlichen die unterschiedlichen internen Arbeitsabläufe und Prozesse bezüglich der Interaktion bewerten. Im Fokus steht immer eine verbesserte Leistungserbringung. Auf dieser Basis lassen sich dann alternative Szenarien entwickeln. Dafür werden IT-Lösungen ausgewählt, Co-Existenzmodelle erarbeitet und die Transformation der Organisation vorbereitet. Hierbei sind die unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation zu berücksichtigen. Dazu zählen beispielsweise die formale beziehungsweise formelle interne Kommunikation, die Kommunikation in Projekten oder die informelle Interaktion zwischen Mitarbeitern.

Die Umsetzung muss sowohl Top-down als auch Bottom-up erfolgen: Einerseits gilt es, durch Vorgaben und gelebte Umsetzung die Adaption zu fördern. Auf der anderen Seite muss den Mitarbeitern Freiraum zur Selbstentwicklung und rollenspezifischen Adaption eingeräumt werden.

Argumente, die auf eine Reduktion der puren Anzahl an E-Mail oder den Faktor Zeit pro Mitarbeiter abzielen, treffen nicht den Punkt. Es ist egal, ob der Mitarbeiter 20 E-Mails beantwortet oder 50 Nachrichten aus anderen Systemen. Im Kern kommt es darauf an, die Kommunikation zu optimieren, um individuelle und kollektive Mehrwerte zu erzeugen. Dafür braucht es eine Roadmap. Im Zentrum steht eine bestimmte Arbeitsform beziehungsweise eine neue Unternehmenskultur, bezogen auf Kommunikation. Im nächsten Schritt gilt es zu beurteilen, welche Funktionen bestehende Lösungen haben, die für die neuen Szenarien genutzt werden können.

Zum Beispiel kann es sein, dass vorhandene Groupware-Lösungen die neuen Formen der Interaktion und des Informationsaustauschs sofort oder bald zu unterstützen vermögen. Gleiches gilt für die Client-Lösungen. So können unterschiedliche inhaltliche Ströme in einem einzigen Activity Stream abgebildet werden. Ist dies nicht der Fall, gilt es, Lösungen zu identifizieren, die eine nahtlose und interoperable Zusammenarbeit über die Systeme hinweg ermöglichen.

Fazit

Die Zahl der E-Mail-Konten und verschickten E-Mails steigt - und so wird es auf absehbare Zeit auch noch bleiben. Jedoch wird der Kommunikationskanal E-Mail künftig anders genutzt. Der Versand von üppigen Anhängen fällt weg. Im Fokus wird die formelle und formal korrekte Kommunikation stehen, welche Ansprüchen in Sachen Compliance, Governance oder Legal Hold genügt. Parallel nimmt die Popularität von sozialen Netzen und die Kommunikation über solche Social Software weiter zu.

Mehr und mehr Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, um Social-Business-Praktiken zu integrieren und so die Produktivität zu steigern sowie die Interaktion mit Kunden und Partnern zu verbessern. Die Herausforderung liegt darin, die unterschiedlichen Kommunikationswege zu harmonisieren. Das bedeutet, eine Cross-Media- beziehungsweise Cross-Kanal-Kommunikation sicherzustellen. Es gilt, Arbeits- und Kommunikationsweisen anzupassen - das kann ein zäher Prozess sein. (ba)