Die CD bleibt der Datenträger Nummer eins

Die DVD kommt an der beliebten CD vorerst nicht vorbei

10.11.2000
Bisher wird der DVD-Markt seinen Vorschusslorbeeren nicht gerecht. Hauptkritikpunkt bei Softwareproduzenten: Es sind zu wenig Geräte bei den Verbrauchern. Das Weihnachtsgeschäft soll dem Hardwareabsatz dieses Jahr endlich die nötigen Impulse geben. Von Karl Fröhlich*

Das Schicksal der CD-ROM ist eng mit der Zukunft der DVD verknüpft. Hersteller von DVD-ROM-Laufwerken prophezeiten mit der Einführung der ersten Produkte Anfang 1998 bereits das nahe Ende der CD-ROM. Nach rund zweieinhalb Jahren ist der Optimismus zwar ungebrochen, doch ihrem Ziel sind die DVD-Produzenten nicht näher gekommen. Vielmehr erfreut sich die CD-ROM bester Gesundheit und behauptet sich als weltweit standardisiertes digitales Speichermedium. Von Ruhestandsgedanken keine Spur.

Bis die steigende Kurve der Verkaufszahlen von DVD-Drives die eines sinkenden Absatzes von CD-ROM-Laufwerken erreicht, ist es noch ein langer Weg. Laut den Marktforschern von IDC sollen in diesem Jahr europaweit mehr als 24 Millionen CD-ROM-Drives abgesetzt werden. Dem stehen lediglich rund zwölf Millionen DVD-Geräte gegenüber. CD-RW-Recorder finden mit rund zehn Millionen Stück nahezu genauso viele Abnehmer. Die Analysten erwarten, dass sich frühestens 2002 die Absatzkurven kreuzen.

Mehrere Faktoren verwehren der DVD eine breite Akzeptanz. Blockade Nummer eins ist der hohe Preis. Ein CD-ROM-Laufwerk kostet den Endverbraucher zwischen 84 und 100 Mark. DVD-Laufwerke dagegen sind kaum für weniger als 300 Mark zu haben. Im Zweifel kaufen sich Anwender lieber einen CD-Recorder. Günstige Auslaufmodelle gibt es da bereits ab etwa 220 Mark.

Für einen Vierfach-Brenner muss mit rund 350 Mark gerechnet werden. Die Mehrkosten sind gut angelegt, denn die CD-R ist für den privaten Anwender das ideale Speichermedium. 650 MB reichen zum Sichern privater Daten sowie von MP3-Files oder Spielständen vollkommen aus. Zudem werden in erster Linie eigene Musik-Scheiben gebrannt sowie Audio- und Spiele-CDs kopiert.

Bislang ist ein DVD-Laufwerk dagegen im Prinzip nur ein teures CD-ROM-Drive. Es fehlt an ausreichender Auswahl an DVD-Software. Unter diesen Umständen kann sich der Anwender für die angeblich so zukunftsträchtige Technologie nur schwer begeistern.

Beliebt ist die DVD bisher nur bei Video-Enthusiasten. Ihnen ist die gute Bild- und Tonqualität dieser Technik wichtig. Das Angebot an DVD-Videos geht mittlerweile in die Tausende. Die installierte Basis an DVD-Playern beziffert Michael Ivert, Marketing-Manager bei der Münchner Concorde Home Entertainment, auf zirka 450000 Stück. "Wir gehen davon aus, dass es bis Weihnachten rund 600 000 Geräte sein werden und 2001 die Millionen-Grenze durchbrochen wird."

Auch Michael Pettke, Direktor des Film-und-Medien-Herstellers Mawa mit Sitz in Babelsberg, sieht die DVD im Aufwind. "Der Markt ist in diesem Jahr um 300 Prozent gewachsen." 25 Prozent aller Videokäufe seien DVDs. Bereits nächstes Jahr soll die Hälfte aller Filmkäufer zur DVD greifen.

Anklang finden vor allem Filme aus den Genres Action und Science-Fiction. "Noch nicht so begehrt sind Kinderfilme und Special-Interest-Programme", sagt Ivert. Spitzentitel wie Mawas "American Pie" und "Sixth Sense" haben sich insgesamt 250000-mal verkauft.

Um im PC-Markt erfolgreich zu sein, muss sich die DVD im Spielemarkt etablieren. Bisher gibt es allerdings nur einige wenige Umsetzungen erfolgreicher CD-Titel, und bis Weihnachten wird nichts Spektakuläres erwartet. Für die DVD ist die wichtigste europäische Messe für elektronische Spiele, die ECTS, Anfang September in London ergebnislos verlaufen.

Laut Frank Matzke, Marketing Direktor von Havas Interactive, Dreieich, wird sich das so schnell nicht ändern. "Die DVD spielt als Speichermedium im Spielemarkt auf überschaubare Zeit keine wichtige Rolle." Derzeit bestehe technisch nicht der Zwang, auf DVD-ROM umzusatteln. "Bei Video-lastigen Spielen oder Edutainment-Produkten entscheiden wir im Einzelfall, ob sich eine DVD wirtschaftlich lohnt", erklärt Matzke.

Die Düsseldorfer Ubi-Soft Entertainment teilt die Ansicht. "Um im Spielebereich gewinnbringend produzieren zu können, muss die Verbreitung und auch das Interesse der Verbraucher an DVD-ROMs noch wachsen", erklärt Unternehmenssprecher Niels Bogdan.

Matzke gibt offen zu, dass Havas die installierte Hardwarebasis für zu klein hält. "DVDs werden allgemein nur als Nachfolger der VHS-Kassette gesehen. Erst wenn in den Discount-PCs ein DVD-ROM-Laufwerk samt entsprechender Grafikkarte steckt, wird sich diese Haltung entscheidend ändern", prophezeit der Havas-Manager.

Der Wunsch der Spieleindustrie könnte in Erfüllung gehen, denn zum Jahresende haben sich die Rechnerhersteller einiges vorgenommen. In den PC-Aktionsangeboten der großen Elektromärkte und des Lebensmittelhandels sollen erstmals auf breiter Front DVD-Laufwerke eingebaut sein. Branchenkenner erwarten einen Absatz solcher Rechner in einer Größenordnung von fast 500000 Stück. "Wir gehen davon aus, dass die DVD nach Weihnachten fest etabliert ist", erklärt Karola Bode, Director Consumer Products der Compaq Computer GmbH.

Im europäischen Vergleich hinkt der deutsche Markt hinterher. Nach Dataquest-Analysen sind erst 20 Prozent der hierzulande verkauften Consumer-PCs standardmäßig mit einem DVD-Laufwerk ausgestattet. In England und Frankreich ist bereits in mehr als 55 Prozent der Consumer-Rechner der CD-ROM-Nachfolger eingebaut.

Während der Videosektor das DVD-Laufwerk im PC-Markt nicht merklich fördert, könnten sich die neuen Spielekonsolen als unerwartete Schützenhilfe erweisen. "Mit dem Start von Sonys Playstation 2 oder der X-Box von Microsoft wird der Wechsel von CD zu DVD schneller gehen, als es mancher für möglich hält", erklärt Wolfgang Ebert, Unternehmenssprecher der Konami of Europe GmbH in Frankfurt, Herstellerfirma von Videospielgeräten.

Insbesondere die Videohersteller hoffen auf einen neuen Absatzkanal mit großem Kaufpotenzial. "Kurzfristig wird das Thema DVD für die jugendliche Zielgruppe durch die neuen Konsolen noch interessanter", meint Pettke von Mawa.

Concord-Manager Ivert ist sich sicher, dass die Branche davon profitieren wird. "Bei derzeit rund einer Million DVD-ROM-Laufwerken in Haushalt-PCs und 450000 installierten DVD-Playern wird mit der Sony-Playstation die Mittellinie zwischen beiden Produktgruppen gezogen. Dies wird beide Seiten zugleich positiv stimulieren und die Nachfrage an DVD-Software erhöhen", vermutet er.

Die Spieleindustrie bleibt trotzdem skeptisch. "Der allgemeinen Verbreitung und der Akzeptanz von DVD werden die Konsolen sicherlich helfen. Wie sich das auf den PC-Markt widerspiegelt, ist schwer vorher zu sagen", sagt Ubisoft-Sprecher Bogdan. Ebert von Konami sieht es ähnlich. "Konsolen- und PC-Markt waren und sind noch immer relativ stark voneinander getrennt. Bisher hat sich noch kein Konsolen-Release messbar auf PC-Verkäufe ausgewirkt."

Doch indirekt kann der Konsolenmarkt das PC-Geschäft eher beeinflussen. Mit Verpackung und Cover ist das Vervielfältigen eines DVD-Titels zirka drei- bis viermal teurer als die Produktion einer CD-ROM. Wenn die Auflagen mit Hilfe der Konsolen steigen, können die Herstellungskosten entsprechend sinken.

Das Medium CD oder CD-ROM wird dem Anwender sicher noch lange erhalten bleiben - auch bis in eine Zeit, in der das CD-ROM-Laufwerk im Computermuseum gelandet ist. Die Erben, egal ob DVD-ROM, -Player oder Spielekonsole, können allesamt mit dem Silberling umgehen. Auch die Bestrebungen der Softwareindustrie, ihre Produkte zukünftig nicht mehr auf einen Datenträger zu bannen, sondern über das Internet zu verbreiten, dürfte der CD so schnell nichts anhaben können.

*Karl Fröhlich ist freier Journalist in München.

Abb: Das CD-ROM-Laufwerk hat seinen Zenit überschritten. Seine Verkaufszahlen werden DVD- und CD-RW-Geräte aber erst 2002 erreichen. Quelle: IDC