Das schnelle Wachstum des Suzuki-lmporteurs Max Walk GmbH & Co:

Die DV-Abteilung scheiterte am Anspruch

22.08.1980

MÜNCHEN - Der Motorrad-Boom führte beim Münchner Suzuki-lmporteur Max Walk GmbH & Co zum Crash in der Datenverarbeitung: Die DV-Profis kamen nicht nach, die vom Management wegen des explosiven Umsatzwachstums geforderten Daten zu liefern. Hohe Fluktuationsraten in der DV-Abteilung und Systemwechsel im Hauruck-Verfahren frustrierten Management, Computer-Spezialisten und Lieferanten. Jetzt wollen die Münchner nach fünf Jahren Siemens-Erfahrung (7.722) auf ein Honeywell Bull-System DPS 7/60 umsteigen.

Die ursprünglich als Kfz-Enatzteil-Lieferant operierende Max Walk KG, sicherte sich 1977 die Alleinrechte für den europäischen Vertrieb japanischer Suzuki-Motorräder. Mit dem

Vertrag schnellte der Umsatz der Münchner sprunghaft hoch und brachte sie aus der Sicht von Ralph-Harro Hoffmann-Odermat (bis April 1980 DV-Chef bei Walk) in organisatorischen Zugzwang. Erschwert wurde dies alles dadurch, daß die vorhandene DV-Lösung nicht geeignet war, den "japanischen Forderungen nach Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens" gerecht zu werden, wie ein Siemens-Mitarbeiter die 77er/78er-Situation schildert. Die Walk-Leute, die seit 1975 mit einem Siemens-System 7.722 arbeiteten, mußten sich schnellstens nach einer fertigen Kfz-Handelslösung umsehen.

Da der Motorrad-Boom nicht nachließ (Walk-Umsatz 1977 etwa 40 Millionen Mark; Umsatzerwartung 1980, 260 Millionen Mark), häuften sich mit den organisatorischen Problemen die Querelen zwischen Management und DV-Abteilung.

Siemens-Vertriebsleiter Hans Semmler kann sich "bis dato an insgesamt fünf DV-Leiter" erinnern, die sich "die Türklinke in die Hand gegeben haben". "Wir haben uns selbst einige Mitarbeiter abwerben lassen", bedauert Semmler, "die bei Walk dann den DV-Chef stellten." Erbost kontert Walk-Controller Josef Hirler: "Seit Bestehen unserer DV-Abteilung haben wir erst den dritten DV-Chef und das ist völlig normal."

Klar, daß Ex-Walk-DV-Chef Hoffmann-Odermat die Fluktuation in seiner damaligen Abteilung nicht als normal empfindet und von einem "exorbitanten Wechsel" spricht, der auch die Programmierer betraf.

Die hohe Fluktuationsrate entstand wohl auch deshalb, weil Geschäftsleitung und EDV-Abteilung nicht zueinander fanden. Walk-Geschäftsführer Otto de Cregnis, dem von allen Seiten "allerhand DV-Kenntnisse" testiert werden, hatte wohl über die vom Management an die DV-Abteilung gestellten Anforderungen das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit seiner DV-Spezialisten verloren. Des Ärgers überdrüssig setzte de Cregnis verstärkt auf freie DV-Mitarbeiter, was Hoffmann-Odermat mit zu einer ersten Kündigung veranlaßte. Er blieb aber dann doch noch ein weiteres

In dieser Zeit, so schildert ein Honeywell Bull-Mitarbeiter, "war die 7.722 schon unheimlich aufgebläht und hatte absolut keinen Durchsatz mehr".

Immer noch wirkte sich offenbar aus, daß bei der Ablöse einer IBM-Maschine durch die Siemens 7.722 die Daten eins zu eins übernommen worden waren und ohne organisatorische Weiterentwicklung liefen. "An diesem Stand habe sich bis heute nichts verändert", kritisiert Siemens-Semmler. Er führt dies auf die Personalfluktuation bei Walk zurück - doch die Walk-Crew klagt vor allem über mangelnden Siemens-Support. So waren denn auch die Schwachstellen beim Service und eine "sehr schlechte Software!' (O-Ton Hoffmann-Odermat) für den DV-Chef ausschlaggebend, sich 1979 gegen ein größeres Siemens-System zu entscheiden. Ergebnis: Zwei von Siemens abgeworbene Programmierer, die hier ihre Auslastung sahen, kündigten.

Auf der Suche nach einem geeigneten System machte die Max Walk KG dann vor etwa zwölf Monaten die erste Ausschreibung. Im Rennen lagen Siemens, Honeywell, IBM und Datel. Lanciert durch den inzwischen für Walk arbeitenden Unternehmensberater Michael Bernecker, entschied sich der Suzuki-Distributor für Datel, die bereits auf einem PDP-11-Rechner eine ähnliche Kfz-Lösung in Salzburg realisiert hatte. Der Datel-Vertrag kam zustande, wurde aber kurz darauf rückgängig gemacht, "weil gewisse Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden konnten" (Hoffmann-Odermat). "Wir mußten vorwiegend aus finanziellen Gründen passen", erläutert Datel-Vertriebschef Peter Müller, der zu den gegebenen Konditionen nicht seine gesamte Software umbauen wollte. "Wir sind nicht auf dem Markt, um etwas zu verschenken."

Aber auch Siemens-Verkäufer Semmler wollte in das Walk-Geschäft nicht mehr einsteigen: "Auf der Basis unserer Anwender-Software-Pakete hätte uns die Kfz-handels-spezifische Adaption etwa eine Million Mark an Manpower-Leistung gekostet."

Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Datel machten die Suzuki-Leute eine weitere Ausschreibung. Ergebnis: Honeywell Bull wird im zweiten Quartal 1981 eine DPS 7/60 installieren. Die Software strickt die Münchner ACS GmbH. Als Bridge-Lösung will der neue Walk DV-Chef Eduardo Robero, bis Juli noch Software-Entwickler bei Univac, ab September eine 64 DPS einsetzen. Robero: "Ich hoffe, daß ich erfolgreicher bin als meine Vorgänger.".