Intelligenz steckt sowohl im Komfort als auch in der Erfüllung ergonomischer Anforderungen:

Die dummen Terminals werden nicht dumm bleiben

19.06.1987

Der moderne Büroarbeitsplatz ist nicht mehr allein durch das Telefon gekennzeichnet, sondern vor allem durch den Bildschirm. Das Schreibmaschinen-Image der Bildschirmterminals ist endgültig weg, die Geräte finden sich nicht nur am Sachbearbeiter- und Sekretärinnenplatz, sondern auch direkt in den Vorstandsbüros.

Intelligente Terminals verfügen über eine eigene Rechnerkapazität und interne/externe Speicher. Verschiedene Verarbeitungsfunktionen werden somit direkt am Arbeitsplatz möglich und belasten den Hauptrechner weniger. Das klassische Beispiel für maschinelle Intelligenz am Arbeitsplatz ist der PC. Der rasante Preisverfall der vergangenen Monate ist Ursache für das Nachdenken über den Einsatz eines PC als Bildschirmgerät.

Rasanter Preisverfall regt das Nachdenken an

Die asynchronen und synchronen Terminals gelten als "dumm". Ohne eigene Rechnerkapazität sind sie "nur" Datensichtgeräte. Welche Bedeutung diese Bildschirmterminals haben, zeigen ein paar Zahlen:

Der Zuwachs der Rechnersysteme im allgemeinen und die starke Zunahme der Online-Verarbeitung sind Grund für den immer noch wachsenden Markt der Bildschirme. Allerdings teilen sich diesen Markt inzwischen mehr als 30 Anbieter. Inzwischen dürften in der Bundesrepublik 1,4 Millionen Datenterminals installiert sein. Das entspricht in etwa einem Installationsvolumen von 9,5 Milliarden Mark. Besondere Bedeutung haben dabei die 3270-Terminals, synchrone Terminals in SNA/ SDLC- und BSC-Netzen. Rund ein Drittel aller installierten Einheiten gehören in diesen Bereich. Ein Markt, in dem immerhin rund 10 Anbieter tätig sind und der als einer der umkämpftesten gilt. Die größten Veränderungen in technischer und preislicher Hinsicht waren in den vergangenen Monaten hier zu beobachten. Die IBM kämpft gegen die Hersteller kompatibler Geräte um Marktanteile, die durch eine konsequente Hochpreispolitik und geringe technische Innovationsfreude dem Marktführer verlorengingen.

Vergleicht man die Zuwachsraten, so zeigt sich eine deutliche Präferenz der intelligenten Terminals. Auf der anderen Seite ist die Absatzentwicklung der dummen Terminals noch so stark positiv, daß zumindest bis 1990 kaum Produktionsnachteile auf der Herstellerseite befürchtet werden müssen.

Auch die bekannten Marktforschungsinstitute wagen kaum längerfristige Prognosen. Das hat seinen Grund vor allem in der fortschreitenden technischen Entwicklung der Geräte, die schon abzusehen ist, aber die bekannten Einordnungskriterien und bisherige Definitionen verwischt.

Denn längst sind dumme Terminals nicht mehr so dumm, daß sie diese Bezeichnung verdienen und diese scharfe Abgrenzung, wie in der Einleitung noch geschehen, für die Zukunft erlauben.

Wie schon erwähnt, will der Marktführer in naher Zukunft Boden gutmachen. Die im Februar dieses Jahres angekündigte neue Produktserie im 3270-Bereich beinhaltet die meisten Produkteigenschaften, die schon seit einiger Zeit Standard der Hersteller kompatibler Bildschirme sind. Die Anwender wissen die Vorteile zu schätzen, die intelligente Terminals an den Arbeitsplatz bringen. Auf der anderen Seite sind Bildschirme von PCs nicht geeignet, die komplizierten Anforderungen zu erfüllen, die heute an einen ergonomischen Arbeitsplatz im Büro gestellt werden. Vom immer noch bestehenden Preisunterschied ist dabei noch gar nicht die Rede.

Die Anzeige auf den Bildschirmgeräten muß so gestaltet sein, daß die Verweildauer an den Bildschirmarbeitsplätzen von oft mehr als vier Stunden ertragen werden kann. Seit ungefähr sieben Jahren gilt dabei, daß dunkle Schriftzeichen auf hellem Grund der negativen Darstellung vorzuziehen seien. Seit November 1986 existiert ein Entwurf zu DIN 66 234, der den sinnvollen Einsatz von Farbe beschreibt. Dabei sollen außer Weiß auf Schwarz maximal sechs verschiedene Farbtöne verwendet werden. Die Gesichtspunkte für den Farbeinsatz, wie sie dort beschrieben sind, leuchten ein: Farbe trennt Informationskategorien, gewichtet, ist hilfreich bei der Aufgliederung von Tabellen und Listen, erleichtert das Wiedererkennen, unterscheidet die unterschiedlichen Aufgaben und Tätigkeiten.

Leider entspricht die Zuordnung der Farben meist nicht den Anforderungen der Anwender, da sie ziemlich zufällig entstanden ist. Allerdings ist derzeit ein Farbbildschirm aus der 3270-Umgebung auf dem Markt, der dem Anwender die Möglichkeit gibt, in einem Menü den einzelnen Ein- und Ausgabefeldern Farben aus einer 7-Farben-Skala frei zuzuordnen. Ein interessanter Weg, mit dieser Hardwarelösung die fehlende Software-Ergonomie zu ersetzen und gleichzeitig auch ein Beispiel für die Intelligenz eines dummen Terminals.

Weitere Beispiele für die intelligentere Ausstattung moderner Terminals sind programmierbare Tasten oder Tischrechnerfunktionen. Komplizierte Log-on-/Log-off-Prozeduren können auf den Tasten ebenso abgelegt werden wie ganze Textbausteine für immer wiederkehrende, gleichlautende Eingaben. Eingebaute Batteriepuffer halten diese Informationen über mehrere Monate vor.

Per Knopfdruck verwandelt sich zum Beispiel die Tastatur in einen Tischrechner. Außer den vier Grundrechenarten enthalten die Rechnerfunktionen Prozentautomatik und Ergebnisspeicher. Das Rechnerergebnis wird auf dem Bildschirm in einem Fenster angezeigt. Eine Besonderheit für den Programmierer ist die Umschaltung in den Sedezimal-, Oktal- und Dualmodus. Logische Verknüpfungen und Bit-Shift-Operationen stehen ebenfalls zur Verfügung. Die ganze Prozedur erfolgt ohne Unterstützung des Hauptrechners oder der Steuereinheit.

Diese Beispiele zeigen einige Möglichkeiten heutiger dummer Terminals. Einen besonderen Schwerpunkt bei der Entscheidung für diese Terminals legen EDV-Orgaleiter jedoch auf die Körper-Ergonomie. Drehbarkeit, Schwenkbarkeit, nicht reflektierende Oberflächen, höhenverstellbare Tastaturen sind wichtige Kriterien. Herausragende Beachtung findet auch die Bildwiederholfrequenz.

Moderne Bildschirmgeräte für mehrstündigen Einsatz sollten bei Positivdarstellung, das heißt schwarzen Zeichen auf weißem Grund, mindestens eine Bildwiederholrate von 70 Hz haben. Die gängigen Monochrom- oder Farbschirme arbeiten meist schon mit 60 Hz. Zusammen mit der mittleren Leuchtdichte des Bildschirms und der Nachleuchtdauer des Phosphors liegt damit die Bildwiederholfrequenz über der Verschmelzungsfrequenz des Auges. Das bedeutet, das Flimmern geht in eine gleichbleibende Gesichtsempfindung über.

Gerade diese wichtigen Produkteigenschaften sind bei dummen Terminals eher zu finden als bei intelligenten, da bei letzteren das Preisniveau erheblich ansteigen würde, wollte man zur Rechnerkapazität noch zusätzliche Elektronik zur reinen Darstellungsverbesserung einsetzen.

Die Diskussion dieser wenigen Punkte deutet die Entwicklungsrichtung für das nächste Jahrzehnt an. Der Preisverfall bei dummen und intelligenten Bildschirmen ist Ursache für eine fortschreitende Terminalisierung der Unternehmen. Die Anwender qualifizieren sich mehr und mehr auf und nehmen verstärkt Einfluß auf die Arbeitsplatzgestaltung. Die Vorteile der Zentralisierung von Daten sind ebenso erkannt wie die Vorteile der dezentralen Verarbeitung. Die neuen Netzwerktechnologien fördern dabei die Realisierung dieser Vorteile. Die Verweildauer am Bildschirm wird eher wachsen als abnehmen, weshalb ergonomische Richtlinien verstärkt beachtet werden müssen. Letztendlich wird damit ein Zusammenwachsen der beiden Schwerpunkte, Ergonomie der dummen Terminals und zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten der intelligenten, erreicht werden. Schon jetzt ist mehr als nur der Ansatz sichtbar.