Schwächen im Auslandsgeschäft, unzufriedene Kunden

Die Deutsche Telekom steht vor schwierigen Zeiten

07.08.1998

Als die Telekom die vorläufigen Ergebnisse ihres zweiten Geschäftsquartals vorstellte (endgültige Resultate am 207.08.1998), waren die Analysten nicht sonderlich angetan. Der Umsatz stieg im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum nur um drei Prozent, woran Tarifsenkungen um durchschnittlich 4,5 Prozent zum 1. März 1998 schuld gewesen seien, hieß es. Der Konzernüberschuß betrug 0,95 Milliarden Mark (0,8 Milliarden im zweiten Quartal 1997).

Wachstumsträger waren die große Zahl an ISDN-Neuanschlüssen, ein Schub im Mobilfunkgeschäft und der Online-Dienst T-Online. Dennoch verrät der Blick auf die Halbjahresbilanz, daß der deutsche Carrier im zweiten Jahresviertel einen Abwärtstrend erlebte. Betrug das Wachstum im ersten Quartal noch sechs Prozent, fiel es im zweiten Viertel auf die Hälfte. In den ersten sechs Monaten 1998 legte die Telekom beim Umsatz um fünf Prozent auf 34,4 Milliarden Mark zu, der Überschuß lag bei insgesamt 1,95 Milliarden Mark (plus 18 Prozent).

Erneut waren es die Beteiligungen, die dem Telefongiganten zusetzten. Ein Verlust von 500 Millionen Mark mußte hier im ersten Halbjahr verkraftet werden. Der rosarote Riese wollte nicht aufschlüsseln, wie es zu diesem Debakel gekommen war, doch Analysten halten es für ausgemacht, daß nicht nur die Asienkrise, sondern auch die Beteiligung am Joint-venture Global One maßgeblich zu dem Defizit beigetragen hat.

Das Joint-venture hatte bereits 1997 einen Verlust von rund 500 Millionen Mark geschrieben. Folge war die Demission des Telekom-Auslandsvorstands Jan Nederkoorn, dessen Stelle noch immer nicht wieder besetzt ist, und die Verabschiedung von Viesturs Vucins - der President von Global One wurde von Sprint-Manager Gary Forsee abgelöst.

Beobachter hielten diese Maßnahmen jedoch für Kosmetik. Das eigentliche Problem sei, daß sich die drei Gründungsgesellschaften aus Frankreich, Deutschland und den USA nie einig würden und jeden größeren internationalen Auftrag im Alleingang erledigen wollten, anstatt ihn an das international positionierte Global-One-Team weiterzugeben.

Wie das "Manager Magazin" berichtet, summieren sich die Verluste der Telekom im Auslandsgeschäft inzwischen auf einen "hohen dreistelligen Millionenbetrag". Die Cash-cow des Ex-Monopolisten, der Markt für Ferngespräche, drohe aufgrund der Liberalisierung im Telco-Markt an Ertragskraft zu verlieren. Schwindende Einnahmen im Inland seien zu erwarten, die nicht durch andere Gewinne kompensiert werden könnten. Telekom-Chef Ron Sommer stehe unter großem Druck.

Diesen Eindruck bestätigt die gemeinsame Erhebung von Arthur D. Little und der Zeitschrift "Capital". Danach verbucht die Telekom zwar nach wie vor Pluspunkte bei ihren Kunden, was die Breite des Angebots und die Qualität der Dienste angeht, doch bei der Bewertung der Preise schnitt der Carrier schlecht ab. Auf einer Skala von eins (sehr gut) bis fünf (sehr schlecht) erreichte das Unternehmen nur einen Wert von 3,28; die Konkurrenz kam im Durchschnitt auf 2,17. Auch die Beratungsleistungen werden kritisiert: Die Telekom wurde mit 2,99 bewertet, die neuen Anbieter dagegen mit 2,36.

Unter den befragten 650 Geschäftskunden ist die Bereitschaft, den Anbieter zu wechseln, inzwischen sehr groß. In einzelnen Dienstleistungsbereichen hat sich bereits ein knappes Viertel neu orientiert. Nur 36,5 Prozent bekundeten, auf absehbare Zeit definitiv bei der Telekom bleiben zu wollen. Nicht nur seitens der Kunden, auch von Politikern droht dem Bonner Carrier Ungemach. Gegenüber der Nachrichtenagentur "vwd" erklärte Hans Martin Bury, Telekommunikations- und Postexperte der SPD, nach einem zu erwartenden Wahlsieg müßten Reformen bei Post, Telekom, Postbank und Regulierungsbehörde erfolgen. In der Kritik steht vor allem Ron Sommer, der nur auf den Regulierer schimpfe, ansonsten aber wenige Management-Impulse einbringe.