Nachrichten als "Köder" für neue Geschäfte

Die Deutsche Bank handelt künftig auch mit Informationen

28.04.2000
MÜNCHEN (CW) - Das Business-Intelligence-Unternehmen Microstrategy und die Deutsche Bank sind eine strategische Allianz eingegangen. Künftig wird das Geldhaus seinen Kunden Finanzinformationen aus dem Portal Strategy.com zur Verfügung stellen.

Moderne Diskount-Broker müssen eine andere Strategie als die traditionellen Finanzdienstleister verfolgen. Während bei Ersteren eine Transaktion in der Regel zum Fixpreis von rund zehn Dollar angeboten wird, kassieren die Hausbanken eine prozentuale Gebühr. Bei einer Order im Wert von 10000 Dollar und einer Kommission von zwei Prozent fallen dort 200 Dollar an - ein signifikanter Unterschied. Diskount-Broker müssen folglich versuchen, die Anzahl der Transaktionen zu erhöhen, um ähnliche Umsätze zu erzielen. Die Frage für Firmen wie Ameritrade oder Charles Schwab ist: Wie bewege ich den potenziellen Investor dazu, eine Order abzuschließen?

Man müsse eben die Geschäftsprozesse umkehren, meint Microstrategys Europa-Chef Karl-Heinz Land: "Banken warten künftig nicht mehr darauf, dass ein Kunde anruft und seine Order platziert." Stattdessen müsse sich der Broker bei den Investoren melden und ihnen ein Geschäft vorschlagen - als goldene Brücke fungieren dabei Finanznachrichten. "Wenn ich weiß, dass Goldman Sachs seine Bewertung für eine Firma heraufsetzt, kann das ein gutes Kaufargument sein", so Land.

Dabei beruht das Geschäft auf Gegenseitigkeit: Der Kunde informiert den Broker über seine generellen Kaufinteressen, beispielsweise Internet-Aktien oder Titel aus dem Konsumgüterbereich. Darüber hinaus legt er fest, bei welchen Ereignissen er informiert werden möchte. Hierzu zählen Insidergeschäfte, Jahreshöchststände oder Tiefpunkte sowie Empfehlungen von Analysten. Die Events werden im persönlichen Profil des Kunden abgelegt, so dass das System bei Bedarf automatisch reagieren und ihn informieren kann.

Dabei ist es nach Aussage von Lang egal, auf welchem Wege die Nachrichten übermittelt werden: Neben Faxmitteilungen versendet die Software bei Bedarf auch E-Mails und Excel-Sheets sowie Nachrichten an Handys. Dabei wird der Kunde gefragt, ob er kaufen oder verkaufen möchte, allerdings laut Lang ganz ohne Zwang zur Order: "Im Prinzip läuft das System wie ein zusätzlicher Service für den Investor ab."

Die nötigen Finanzinformationen stammen aus dem Portal Strategy.com von Microstrategy. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren eigenen Angaben zufolge 50 Inhaltsanbieter als Partner gewonnen, die das System mit Börsenkursen und Nachrichten füttern. In den USA läuft die Informationszentrale bereits seit vergangenem Herbst, in diesem Jahr soll nun auch Deutschland folgen. Der erste Kunde, der das System in das eigene Angebot integriert, ist dabei die Deutsche Bank.

Mehr als 70 Millionen Mark lassen die Frankfurter springen, um künftig ihre Kunden mit Nachrichten zum Handeln zu bewegen. Dabei integriert die Bank das Portal in den eigenen Web-Auftritt und reichert es mit zusätzlichen Funktionen an. Microstrategy hostet das System und tritt nur noch als Co-Brand in Erscheinung. Der Einsatzbeginn ist für das dritte Quartal geplant.