Internationale Zusammenarbeit ist nötig
CW: Einige Leute meinen, im Kampf gegen Cyberkriminalität sei internationale Zusammenarbeit nötig. Würden Sie dem zustimmen?
Stikeleather: Ja. Die entscheidende Frage ist "wo, wann, wie und wie intensiv"? Das Problem mit Cybercrime ist, dass der Feind nicht sichtbar ist. Wird ein Mafiaboss festgenommen, bekommen wir eindeutige Bilder in den Nachrichten zu sehen. Wie soll das bei einem Botnet funktionieren? Die beteiligten Computer stehen bei irgendwelchen Privatpersonen herum. Dasselbe gilt für Kreditkartenbetrug, weil die Täter nur die Daten stehlen und Codes benutzen. Überdies gibt es international noch keine eindeutigen Richtlinien, was überhaupt als Internet-Verbrechen zu betrachten ist. Hier sollte eine einheitliche forensische Basis geschaffen werden, anhand der ein Richter gegen Täter vorgehen kann. Dazu sollten Richtlinien entstehen, nach denen ein Richter in einem Land Informationen an einen Richter in einem anderen Land weitergeben darf. Wir müssen keine internationale "Wir-hassen-Cybercrime-Organisation" ins Leben rufen, aber unsere jetzigen Gesetze sind durchaus verbesserungswürdig.
Entstehen dabei keine Probleme bezüglich der Privatsphäre von Nutzern und Datenschutz ?
Stikeleather: Natürlich entstehen da Komplikationen. Es gibt sensible Bereiche wie das Gesundheitswesen, wo strikt keine Daten weitergegeben werden dürfen. Wenn ein Datendiebstahl in Amerika passiert, die Person kommt aus Frankreich und der ISP sitzt in China, in welchem Land wurden dann eigentlich die Gesetze gebrochen? Welche Instanzen müssen informiert werden und welche Informationen darf man herausgeben? Die Probleme sind vielfältig. Man hätte sie aber auch, wenn die physikalischen Patientenakten abhanden gekommen wären. Das eigentliche Problem liegt in der Geschwindigkeit mit der aus gestohlenen Daten Geld gemacht werden kann, während die Mühlen der Justiz relativ langsam mahlen. Außerdem erkalten die Spuren der Täter im Cyberspace sehr schnell.