Arbeitsprozesse neu organisieren

Die CAD-Einführung braucht den qualifizierten Projektleiter

16.10.1992

Bei der CAD-Einführung spielt der Projektleiter die Schlüsselrolle: Seine größte Herausforderung besteht nach Auffassung von Gotthard von Törne* darin, künftige Arbeitsprozesse und die Arbeitsorganisation mit den Mitarbeitern von heute wahrzunehmen und umzusetzen.

Seit mehr als zehn Jahren ist in Deutschland CAD und das gesamte Spektrum der dazugehörigen Elemente bekannt. Nach einer aktuellen Studie der GFK/Gesellschaft für Konsumforschung Nürnberg für einen führenden CAD-Anbieter bei mehr als 2000 Unternehmen, die für den Einsatz dieser Technik in Frage kommen, liegt der Verbreitungsgrad heute bei 17 Prozent. Damit ist offensichtlich das mögliche Marktpotential für etablierte und neue Anwendungsfelder in Deutschland noch nicht annähernd erschlossen.

Aus der kritischen Erfahrung der zurückliegenden Jahre heraus fragen Fachleute in der letzten Zeit verstärkt nach der Effizienz. Alte und neue Kunden müssen über Systemausweitung oder -wechsel nachdenken. Die Anbieter mußten ebenfalls lernen. Die Mathematik des CAD ist nicht simpel. Leistungsfähige Hardware, die heute fast nichts mehr kostet, steht für Ansprüche an Leistungsfähigkeit und Benutzerunterstützung erst jetzt zur Verfügung.

Spezialisten die für den Verkauf, die Einführung und den Einsatz die Voraussetzung sind, mußten in den letzten Jahren ausgebildet werden, ohne daß sich ihnen eine ähnlich rosige und gesicherte Zukunft bot wie anderen Informatikern. Erschwert wurde die Verbreitung von CAD außerdem durch die fehlende Erfahrung der heutigen Entscheidungsträger in Entwicklung, Konstruktion, Arbeitsorganisation und Top-Management mit diesen Systemen.

Die heutigen Leistungsträger in den Unternehmen haben in ihrer Ausbildung noch keinerlei Grundlagen erwerben können. Studenten finden selbst heute wegen der finanziellen Nöte der Universitäten und Fachhochschulen zum Teil veraltete Systeme vor.

Die Anbieter haben es häufig versäumt, ihre Kunden darauf hinzuweisen, welche umfassenden Änderungen in ihrer Arbeits- und Unternehmensorganisation unumgänglich sind, um die neuen Instrumente effizient einsetzen zu können und daraus tatsächlich neben Vorzeigeargumenten Nutzen zu ziehen, das heißt, auch wirtschaftlicher zu arbeiten.

Der Wettbewerbsdruck in Deutschland, auch mit Blick auf Europa, der zum Beispiel in der Automobil- und Zulieferindustrie schon vor der deutschen Vereinigung herrschte, führt dazu, daß eine intelligente Produktion, die auch die Entwicklungspartnerschaft mit dem Abnehmer einschließt, nur noch mit Unternehmen durchgeführt wird, die ein passendes, nicht unbedingt identisches System zum Entwicklungsumfeld CAD, CAM, Schnittstellen, DFÜ etc. vorweisen können.

Bei JIT (Just in time), dem Lieferkonzept von heute auf morgen nach Wunsch des Abnehmers, und dem damit verbundenen Termindruck fehlt gleichzeitig der Spielraum, Fehler am Ende eines Fertigungsprozesses auffangen zu können. Damit rückt das Thema Qualität als Systemqualität des liefernden Unternehmens in das Zentrum der gemeinsamen Beziehungen zwischen Lieferant und Kunde.

Qualität als Systemqualität

Mit einem seit bald vier Jahren etablierten Normensystem, der DIN/ISO 9000 ff., das inzwischen in einer weiterentwickelten Form aktualisiert wird und konkrete Prüf- und Beurteilungsrichtlinien enthält, werden Unternehmen verpflichtet, ihre Produktion an diese Richtlinien anzupassen, wenn sie weiter Lieferanten bleiben wollen.

Damit ist es nicht nur ein Streben nach fortschrittlicher Weiterentwicklung, neue Technologien einzuführen. Der neue technische Stand und der stetige Prozeß der Weiterentwicklung sind Vertragsbestandteil des Lieferabkommens.

Organisationsentwicklung und Management der Veränderung sind in der Literatur eigentlich die Domäne externer Berater. Sich ausschließlich oder überwiegend darauf verlassen zu wollen, scheitert hier aber, da das Spezialwissen zu den CAD-Produkten und Systemen mit gleichzeitig unersetzbarer Kenntnis der konkreten Details im Unternehmen nicht nach außen delegierbar ist oder delegiert werden sollte. So kommt dem CAD-Projektleiter eine entscheidende Rolle als Organisator und Integrator zu.

Die Elemente seiner Funktion, die Veränderung seiner Rolle im Projekt und die Rahmenbedingungen sollen in einem Vortrag anläßlich der Systec '92 im Studio-Programm der COMPUTERWOCHE vertieft werden.

*Gotthard von Törne ist Personal- und Unternehmensberater für Information und Zeit-Management in München.