Microsoft Deutschland GmbH

Die Bürden des Erfolgs

24.09.2004
Von Hermann Gfaller
Microsoft, von Kritikern gerne mit "M$" abgekürzt, musste sich seiner robusten Geschäftsmethoden wegen lange Zeit vor allem mit Gerichten herumschlagen. Jetzt macht dem Softwareriesen die Open-Source-Szene zu schaffen.

Der Zorn gegen Microsoft speist sich vor allem aus seiner Marktdominanz und der rüden Art, mit der das Unternehmen zu seiner nahezu monopolistischen Stellung für PC-Betriebssysteme und Bürosoftware gekommen ist. Einstige Softwaregrößen wie Ashton Tate, Lotus oder Netscape wurden ebenso vom Markt gedrängt oder marginalisiert wie die konkurrierenden Betriebssysteme OS/2, DR-DOS, PCX-Unix-Varianten und Novell-Netware. Dass Gerichtsverfahren auch im Fall von Verurteilungen in für Microsoft wenig schmerzhafte Vereinbarungen mündeten, hat wenig zur Beruhigung der Gemüter beigetragen.

Der Ärger über die Microsoft-Praktiken ist aber auch eine der wichtigsten Triebfedern der Open-Source-Gemeinde. Deren Freunde haben sich vorgenommen alles, was Microsoft kann, besser zu machen und den dabei entstehenden Quellcode offen zu legen. Diese Bemühungen zeigen Erfolg - treffen allerdings auch alle anderen Softwarehäuser, die wie Microsoft mit dem "klassischen" Lizenzmodell arbeiten. Insbesondere kostenbewusste Behörden setzen immer häufiger auf das Linux-Betriebssystem und entsprechende Anwendungssoftware.

Trotzdem hat Microsoft mit seinen Windows-Produkten und der Office-Suite die Märkte fest im Griff. Diese Dominanz soll nun genutzt werden, um im Markt für Business-Software weiterzukommen. Kunden-Management-Funktionen im Mail-System "Outlook" sollen die Anwender beispielweise an Customer-Relationship-Management heranführen. Die CRM-Software nutzt Outlook daher auch als Frontend. Ähnliches gilt für die Tabellenkalkulation "Excel", die für Business-Intelligence-Anwendungen aus dem Hause Microsoft aufgepeppt wird. Hierbei nutzt Microsoft aktuelle Integrationstechniken wie XML und Web-Services. Der Softwareriese setzt bei seiner Strategie auf einen langen Atem und kann sich darauf verlassen, dass die eigene Kriegskasse länger gefüllt ist als die der Wettbewerber. Wie erfolgreich dieses Konzept ist, beweist Microsoft im

Server-Bereich.

Unix-Konkurrenten haben die Nase vorn

Zwar ist der 1991 anlässlich der Einführung von Windows NT verkündete Einstieg in die Mainframe-Klasse immer noch nicht gelungen. Als Server-System hat sich das Betriebssystem jedoch etabliert und auch der zugehörigen Software von der Datenbank über Internet-Server bis zum Business-Intelligence-System zu Akzeptanz verholfen - auch weil diese Server-Applikationen meist kostenlos mitgeliefert werden. Von der Systemplattform für SAP-Standardsoftware bis zur Verwaltung von Speichernetzen hat sich Microsoft inzwischen fast alle Server-Bereiche erobert. Der Vorstoß in das Highend-Server-Segment ist dem Unternehmen allerdings noch nicht gelungen. Während die Unix-Konkurrenten längst auf 64-Bit-Architekturen umgestiegen sind, kommen die entsprechenden Microsoft-Produkte immer noch zögernd. Nicht einmal das Betriebssystem (Windows Server 2003) unterstützt bislang Intels 64-Bit-Chip Itanium mit dem vollen Funktionsumfang der 32-Bit-Variante.

Besonders viel Geduld braucht die Gates-Company im Unterhaltungsbereich. Obwohl Microsoft schon lange im Spielegeschäft aktiv ist und trotz 1, 4 Millionen verkaufter "Xbox"-Konsolen fährt das Unternehmen hier horrende Verluste ein. Besser läuft es im Bereich mobile Geräte wie PDAs und Smartphones. Hier ist Microsoft fast profitabel, auch wenn insbesondere die europäischen Handy-Hersteller das Betriebssystem "Symbian" bevorzugen.

Breite Anerkennung erwarb sich Microsoft mit seinen Entwicklungswerkzeugen. Das Unternehmen gehört zu den Web-Services-Pionieren, hat das Soap-Protokoll für entfernte Funktionsaufrufe beigesteuert und arbeitet auch sonst konstruktiv in industrieweiten Standardisierungsgremien mit.

Anerkennung in der Entwicklergemeinde

Die Weiterentwicklung von COM und COM+ zur .NET-Architektur ist in der Entwicklergemeinde ebenfalls positiv aufgenommen worden. Hier setzen sich ausgehend von der Unified Modeling Language (UML) übergreifende Standards durch, denen sich Microsoft meist anschließt. Geblieben ist die Grundsatzdiskussion um die Vor- und Nachteile von Plattformunabhängigkeit (Java) und Sprachenunabhängigkeit (.NET). Die Abhängigkeit von der Plattform gehört bei Microsoft zum wichtigsten strategischen Kapital. Sind die .NET-Werkzeuge gut, dann entstehen Anwendungen auf Basis von Betriebssystemen und anderer Software des Herstellers.

Im Betriebssystem-Bereich leidet Microsoft unter selbst geschaffenen Problemen. Die enge Integration zwischen Anwendungen und Betriebssystem hat insbesondere das E-Mail-System Outlook zum Einfallstor für bösartige Attacken werden lassen. Neben einer Menge Features (Benutzeroberfläche, Navigation) wird das mehrfach verschobene Betriebssystem "Longhorn" daher vor allem mit Sicherheitsfunktionen glänzen, wenn es 2007 auf den Markt kommt. Eine zentrale Rolle spielt dabei die unter der Bezeichnung "Palladium" umstrittene "Next-Generation Secure Computing Base" (NGSCB), bei der die Integrität des Systems über einen Sicherheitschip geprüft wird.

* Der Autor Hermann Gfaller ist freier IT-Fachautor in München. [hgfaller@t-online.de]