Quantität statt Qualität

Die Bewerbungsfehler der Profis

14.03.2012
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Kein Bezug zur Stelle, zu viele Informationen, unstrukturiert und ein Hang zur Verschönerung des eigenen Lebenslaufes. Personalexperten finden in Bewerbungsunterlagen von erfahrenen Fach- und Führungskräften eine Vielzahl von Fehlern.

Deutsche Spitzenkräfte präsentieren sich in ihren Bewerbungsunterlagen unerwartet schlecht. Das bestätigen Personalprofis im Gespräch mit dem Karrieredienst Experteer. Drei Viertel der Lebensläufe besitzen deutlichen Verbesserungsbedarf und etwa die Hälfte fällt durch. Die Liste der Fehler ist lang: Fehlender Bezug zur Ausschreibung, keine Struktur, ein Übermaß an Informationen und eine unübersichtliche Gestaltung sind die Hauptkritikpunkte.

Kein Bezug zur Stelle

Der fehlende Bezug zu der ausgeschriebenen Position wird am häufigsten bei den Bewerbungen von Führungskräften bemängelt. "Oft listen Spitzenkräfte die Stationen im Lebenslauf einfach auf und verpassen die Chance, Bezug zur Stelle zu nehmen.", kritisiert Thorsten Knobbe, Managing Partner des Karrieredienstleisters Leaderspoint. Er empfiehlt Bewerbern schon im Anschreiben die relevanten Aufgaben und Erfahrungen gezielt auszuwählen und sie "ohne Standardphrasen, sondern gepfeffert und prägnant" in den Fokus zu stellen. Dem Leser müsse mit wenigen Blicken klar werden, warum der Bewerber die Idealbesetzung für die Position ist. Axel Kleen, von der Personalberatung Kleen Linnebo & Partner achtet besonders darauf, ob das Anschreiben zielgerichtet und aussagekräftig ist. Er kritisiert, dass die Bewerbungsunterlagen von Spitzenkräften meist unübersichtlich und nicht zeitlich strukturiert sind. Das Ergebnis ist dann oft "wie beim Schulaufsatz: Thema verfehlt".

Qualität statt Quantität

Manche Führungskraft findet kein Ende, wenn es um die Aufzählung der eigenen Vorzüge geht.
Manche Führungskraft findet kein Ende, wenn es um die Aufzählung der eigenen Vorzüge geht.
Foto: John - Fotolia.com

Der Großteil der deutschen Professionals und Führungskräfte will mit zu vielen Vorzügen gleichzeitig punkten. Die daraus resultierenden Informationsfluten überfordern die Leser. Laut Knobbe sehen "viele Spitzenkräfte den Wald vor lauter Bäumen nicht, können ihre Erfolge und Leistungen nicht selektieren und priorisieren. Sie überfrachten den Leser mit Informationen." Qualität statt Quantität fordert daher Frau Gabriele Weiss, Personalreferentin der Münchner Hypothekenbank. Zu ausführliche Unterlagen mit zahlreichen Kopien besuchter Seminare und seitenlanger Anschreiben sieht sie als einen der häufigsten Fehler bei Bewerbungen von Führungskräften.

Wichtig ist es, die bisherigen Positionen kurz zu beschreiben und nicht einfach die Jobtitel aufzuzählen, so Ulrike Weick, Marketing Managerin der Personalberatung Dr. Weick Executive Search GmbH. Wesentliche Punkte wie örtliche Mobilität, Wunscheinkommen und Wechselmotivation sollten dabei nicht vergessen werden. "Gerade bei Online-Bewerbungen besitzt die gezielte Nennung relevanter Stichworte einen großen Stellenwert" betont Knobbe, "denn bei automatisierten Suchen, wie etwa von Headhuntern, fällt man ohne Prägnanz und zielgerichtete Formulierungen einfach durchs Raster."

Lügen haben kurze Beine

Laut Personalreferentin Gabriele Weiss "neigen Führungskräfte zwar manchmal zum Verschönern des eigenen beruflichen Werdeganges", doch von Schwindeleien in der Bewerbung rät sie deutlich ab. Denn Personalprofis achten besonders darauf, ob die Angaben in Anschreiben und Lebenslauf deckungsgleich, logisch und durch Zeugnisse abgesichert sind: "Lügen haben kurze Beine". Axel Kleen formuliert es drastischer: "Von Schwindeln ist dringend abzuraten! Was im Lebenslauf steht, muss stimmen." Auch er sucht nach unbegründeten Lücken im Lebenslauf und kontrolliert zeitliche Angaben mit denen der Zeugnisse. "Kommen Ungereimtheiten zu einem späteren Zeitpunkt auf, kann das fatale Folgen für das neue Arbeitsverhältnis haben", so der Personalberater.