Nach fuenf Jahren zog die Kommission CIM im DIN Bilanz

Die Bemuehungen um Normung noch lange nicht abgeschlossen

07.05.1993

Computerintegrierte Fertigung (CIM) war bis weit in die 80er Jahre die Technik der Zukunft im Fertigungsbereich. Als es dann galt, die in der Anfangseuphorie versprochene vollstaendige Integration aller Unternehmensbereiche - obendrein noch innerhalb relativ kurzer Zeit - zu verwirklichen, begann die Ernuechterung. Viele der angepriesenen CIM-Komplettloesungen verschwanden mitsamt ihren Anbietern sang- und klanglos vom Markt.

Es war einfach zuviel versprochen worden, und allmaehlich machte sich die Einsicht breit, dass man CIM nicht von der Stange kaufen kann, sondern jeder Anwender seinen speziellen CIM-Massanzug benoetigt. Jedes Unternehmen, so wurde deutlich, muss sich seine ureigene CIM-Loesung erarbeiten. Sie hat darueber hinaus auf einer offenen Struktur zu basieren, um auf kuenftige Kundenbeduerfnisse auch weiter flexibel reagieren zu koennen.

Will ein Anwender einfach, preisguenstig und unabhaengig von einem Anbieter die fuer sein CIM-Konzept jeweils optimalen Systembausteine zusammenfuegen, so geht das nur ueber standardisierte CIM-Module mittels genormter Schnittstellen. Das war der Anstoss zur Gruendung der KCIM. Industrie und Forschung setzten sich an einen Tisch, um mit Hilfe der Normung eine gewisse Ordnung in die bis dato wilde CIM-Schnittstellen-Landschaft zu bringen.

Die Normung erfolgt entwicklungsbegleitend

Die Besonderheit der CIM-Normung ist ihr entwicklungsbegleitender Charakter: Bei der CIM-Normung kann nicht ein gewisser, in der Praxis bewaehrter Stand der Technik abgewartet und dann genormt werden;

vielmehr hat die Normung parallel zur Entwicklung der auf einem breiten Konsens erarbeiteten Schnittstellen-Spezifikation stattzufinden. Auf der Basis dieser Norm entwickeln die Systemhaeuser dann jeweils ihre Produkte.

Laut Professor H. J. Warnecke, dem zukuenftigen Praesidenten der Fraunhofer-Gesellschaft und fachlichen Leiter des KCIM-Projektes, hat sich dieses Vorgehen bewaehrt. Die Methode werde beispielsweise heute schon in anderen High-Tech-Bereichen, zum Beispiel, der Lasertechnik, angewendet.

Das Bundesministerium fuer Forschung und Technologie (BMFT) hat das KCIM bislang mit 20 Millionen Mark gefoerdert. Der gesamte volkswirtschaftliche Aufwand fuer die CIM-Normung wurde zu Beginn des KCIM-Projektes auf 1,2 Milliarden Mark geschaetzt. Es ist heute zumindest zweifelhaft, ob ein Aufwand in dieser Hoehe ausreicht. Denn die Ergebnisse, die jetzt - nach fuenf Jahren der vorbereitenden Forschungsarbeit - vorliegen, sind in weiten Bereichen sicher nicht als abgeschlossen anzusehen.

Vielmehr ist die Arbeit in den insgesamt vier Arbeitskreisen (AK) unterschiedlich weit gediehen. Der mit Produktmodellierung beschaeftigte AK 1 kann eindeutig das beste Ergebnis vorlegen, hat er doch nach Aussagen seines Leiters, Professor Reiner Anderl (ehemals Universitaet Karlsruhe), entscheidend daran mitgewirkt, dass die CAD-Schnittstellen-Norm "Step" noch im Laufe dieses Jahres als internationale Vornorm (Step Version 1.0) verabschiedet werden soll.

Der urspruenglich mit Step angestrebte Zweck, einen sicheren Datenaustausch zwischen CAD-Systemen zu gewaehrleisten und damit die Schwaechen der alten Schnittstellen wie Iges oder VDAFS auszumerzen, hat sich im Laufe der Normungsarbeit ausgeweitet.

Heute wird die Step-Norm allgemein als technologische Grundlage fuer die Funktionen der Produkt-Datenverarbeitung eines Unternehmens angesehen.

Die mit Unterstuetzung des AK 1 gegruendete Anwenderorganisation Prostep ist heute bereits dabei, die Step-Norm in Produkte umzusetzen. So sind bis Ende des Jahres die ersten Step-konformen Pre- und Postprozessoren fuer verschiedene CAD-Systeme zu erwarten. Genannt werden in diesem Zuammenhang die CAD-Systeme Alias, Autocad, Cadds/CV-Core, Catia, Euclid 3, HP Solid Designer, Ideas, I-EMS, Syrko, Tebis und Robcad.

Die anderen drei Arbeitskreise koennen mit solch spektakulaeren Resultaten nicht aufwarten. Der AK 2, der sich mit der NC- Verfahrenskette beschaeftigt, hat unter anderem eine Beschreibungsmethodik fuer Betriebsmittel entwickelt sowie Zuarbeit geleistet fuer die Festlegung von Kommunikations-Schnittstellen in der Fertigung (NC-, RC- und SPS-Companion-Standard).

Der mit der Fertigungssteuerung befasste AK 3 hat hingegen eine Systematik zur Modellierung von Fertigungsprozessen und verschiedene Schnittstellen-Vorschlaege fuer die Fertigungssteuerung erarbeitet. Ergebnis dieser Bemuehungen ist beispielsweise eine Schnittstelle zwischen Fertigungssteuerung und Computer-aided Planning (FST-CAP).

Integrierte Unternehmensmodellierung ist das Arbeitsgebiet des AK 4. Er hat sich unter anderem mit einem Modellierungskonzept fuer das gesamte Unternehmen beschaeftigt sowie mit Methoden zur Modellierung von Schnittstellen der Auftragssteuerung, aber auch bereits mit der Integration der Qualitaetssicherung (QS) in die Auftragssteuerung (QS als Querfunktion in Edifact).

Die Normenarbeit fuer CIM wird auch nach Beendigung dieser ersten Projekte weiter fortgefuehrt. Die Ergebnisse der vier Arbeitskreise fliessen ein in die ebenfalls vom BMFT gefoerderte entwicklungsbegleitende Normung zur Qualitaetssicherung, die jetzt gerade anlaeuft.

*Eduard Ruesing ist freier Autor in Karlsruhe.