Bürgernähe durch Client-Server-Technik

Die Behörden sind mit ihrer Standardsoftware unzufrieden

07.06.1996

Die DV-Verantwortlichen in den Behörden von Bund, Ländern und Gemeinden sind sich einig: Absoluten Vorrang hat die Einführung verteilter Strukturen im Sinne von Client-Server-Techniken. Deren derzeitiger Anteil von knapp 60 Prozent soll möglichst rasch auf Kosten zentraler DV-Strukturen auf 75 ausgebaut werden. Da die momentane Hardware- und Netzwerk-Ausstattung von den DV-Verantwortlichen überwiegend als zufriedenstellend modern eingeschätzt wird, rechnet insbesondere bei Hardware mehr als ein Drittel mit Budget-Kürzungen.

Handlungsbedarf gibt es vor allem bei der Standardsoftware, die von 44 Prozent der Befragten als veraltet beurteilt wird. Rund 66 Prozent der Anwender fühlen sich von ihr nur mäßig unterstützt. Das hat seinen Grund, denn nur 15 Prozent der Befragten sind hier mit modernen Produkten ausgestattet. Die Ämter haben den Mangel erkannt und investieren vordringlich in diesem Bereich.

Das Urteil über die Individual-Software fällt positiver aus. Sie wird zwar nur von einem Viertel als modern, immerhin aber von 64 Prozent als zeitgemäß betrachtet. Wenig Klagen gibt es auch bei der Bürokommunikation. Deren Funktionalität wird von 67 Prozent der DV-Techniker als ausreichend und von 52,6 als zeitgemäß bewertet.

Besonders modern geben sich die Behörden im Bereich Datenbanken. Die zu rund 90 Prozent mit relationalen Datenbanksystemen ausgestatteten DV-Abteilungen planen den sukzessiven Einstieg in verteilte und Objekt-Techniken. Bei den Programmiersprachen streben 33,9 Prozent der Befragten den Einsatz von 4GL-Systemen an, weitere 66,1 Prozent die Verwendung objektorientierter Sprachen.

Trotz dieser Trends geht es den DV-Abteilungen der öffentlichen Hand weniger um Modernisierung als, so rund 70 Prozent der Beteiligten, um höhere Effizenz, Dynamisierung und Integration von Verwaltungsvorgängen (45 Prozent) und mehr Bürgernähe (40 Prozent).

Für Anbieter stellt die öffentliche Hand aufgrund ihrer Größe und des nach wie vor bestehenden Nachholbedarfs einen lukrativen Markt dar. Derzeit werden rund 12,8 Milliarden Mark im Jahr für die 1,6 Millionen DV-Arbeitsplätze ausgegeben. Haben davon bislang überwiegend die Hardware-Anbieter profitiert, werden sie künftig nur bei der Ersatzbeschaffung mithalten können. Nun sind die Softwerker am Zug, die den Löwenanteil der rund zehn Milliarden Mark einstreichen werden, die die Kommunen bis zum Jahr 2002 für Neuinvestitionen ausgeben wollen.

Zur Methode:

Für die Studie wurden mehr als 300 repräsentative Einrichtungen der Kommunen, Länder und des Bundes berücksichtigt. Ausgenommen waren aufgrund ihrer DV-technischen Sonderrolle die Bereiche Äußere Sicherheit (zum Beispiel Bundeswehr), Verkehrs- und Nachrichtenwesen. Auch Kommunen mit einer Einwohnerzahl unter 50000 wurden nicht berücksichtigt. Für die Auswertung der Umfrage verwendete BDL weitere Informa- tionsquellen wie Strategiekonzepte, RZ-Planungen und Kostenstudien. Außerdem wurden Einzelgespräche mit DV-Verantwortlichen und Beratern geführt.