EDV-Gehälter '79:

Die Bandbreiten sind immens

25.05.1979

An Arbeitsmangel leidet die Computerzunft kaum. Arbeitslosigkeit droht den DV-Spezialisten nicht. 45 Prozent der Unternehmen wollen ihren EDV-Mitarbeiterstand sogar noch ausweiten. Bei 48 Prozent wird es keine Veränderungen, allenfalls Ersatzbeschaffungen, geben. Lediglich der verbleibende Rest wird EDV-Personal einsparen. Der EDV-Arbeitsmarkt signalisiert eine Verknappung des Arbeitskräfteangebotes. Besonders offenkundig wird dieses Problem bei der Suche nach qualifizierten EDV-Mitarbeitern. Systemprogrammierer und andere EDV-Kräfte sind Mangelware. Vor allem dann, wenn es um erfahrene Leute geht. Entsprechend stark stiegen die Gehälter der EDV-Kräfte. Von Januar 1978 bis Januar 1979 erhöhten sich ihre Bruttomonatsgehälter um durchschnittlich 6,9 Prozent. Ein Anstieg, der deutlich über den im Tarifbereich realisierten Raten liegt. Die Kienbaum Unternehmensberatung hat ihre neueste Gehaltsstrukturuntersuchung für 23 EDV-Positionen jetzt vorgelegt. 279 Unternehmen beteiligten sich mit der Abgabe von Daten ihrer 5763 EDV-Mitarbeiter.

Die Gehaltsspannen sind, entsprechend dem sehr unterschiedlichen Qualificationsniveau der verschiedenen EDV-Funktionen, beträchtlich. An erster Stelle der Gehalts- "Rang" -Liste steht der Leiter der Organisation und Datenverarbeitung mit einem Jahresgesamteinkommen von 82 100 Mark. Das Schlußlicht bildet mit 25 800 Mark die Datentypistin. Diese Gehaltszahlen sind Jahresgesamtbezüge, schließen also Weihnachts- und Urlaubsgelder, 13., 14. Gehalt, Schichtzulagen, Prämien, Tantiemen, Boni etc. mit ein.

Groß ist die Gehaltsspanne auch innerhalb ein- und derselben Funktion. Am Beispiel des Organisationsprogrammierers soll das verdeutlicht werden. Läßt man einmal 25 Prozent der am besten und 25 Prozent der am schlechtesten bezahlten Organisationsprogrammierer unter den Tisch fallen, reicht die Spanne bei den restlichen 50 Prozent von

38 400 Mark bis 49 300 Mark jährlich. Ähnliche Spannen finden sich bei allen 23 in der Kienbaum-Erhebung erfaßten Funktionen.

Diese breite Streuung ist erstaunlich, sie dokumentiert die große Unsicherheit seitens der Unternehmen bei der Gehaltsfestsetzung: Jeder vierte Organisationsprogrammierer verdient über 50 000 Mark jährlich, ebenfalls jeder vierte erhält weniger als 38 000 Mark!

Zum Teil sind diese immensen Differenzen zu erklären. Qualifikation, individuelle Leistung des Mitarbeiters sowie Aufgabenumfang einer Position sind durchaus verschieden und finden in unterschiedlichen Gehältern ihren Niederschlag. Dazu kommen noch andere Einflußfaktoren, die das Gehalt nachhaltig beeinflussen können: Unternehmensgröße, Branche, Standort, Alter, Geschlecht, um nur einige zu nennen.

In Großunternehmen mehr

So verdienen EDV-Kräfte in Großunternehmen erheblich mehr als ihre Kollegen, die bei kleineren Unternehmen beschäftigt sind. Im Extremfall kassieren sie 20 Prozent mehr.

Auch die EDV-Größe ist entscheidend. Mit steigender Beschäftigtenzahl der EDV-Abteilung und mit steigendem Mietwert der EDV-Anlage wachsen auch die Gehälter. Die Höhe des Anstiegs deckt sich in etwa mit dem Anstieg, wie er sich bei wachsender Unternehmensgröße darstellt. In allgemeinen kann man unterstellen, daß die größeren EDV-Abteilungen auch in größeren Unternehmen anzutreffen sind und umgekehrt. Eine Ausnahme bilden lediglich Softwarehaüser und Rechenzentren, bei denen die Gesamtbeschäftigtenzahlccc mit der Zahl der in der EDV Beschäftigten gleichzusetzen ist.

Aber auch in den einzelnen Größenkategorien, gibt es wieder beträchtliche Gehaltsspannen. Hat die EDV-Abteilung 20 bis 40 Beschäftigte reichen die Einkommen bei EDV-Führungskräften (zum Beispiel Leiter Rechenzentrum, Leiter Programmierung, Leiter EDV-Organization) von 54 100 bis 78 600 jährlich. Bei qualifizierte Fachkräften (zum Beispiel Vertriebsbeauftragte, mathematisch-technishe Assistenten, Systemanalytzker) geht es von 42 700 bis 54 000 Mark. Weniger qualifizierte EDV-Kräfte (zum Beispiel Operatoren, Arbeitsvorbereiter, Datentypistinnen) können mit 28 000 bis 42 400 Mark jährlichen rechnen. Je nachdem, in welchem Unternehmen sie arbeiten. Wohlgemerkt, auch hier wurden wieder 25 Prozent der am schlechtesten und 25 Prozent der am besten bezahlten EDV-Mitarbeiten außer acht gelassen. Die tatsächlichen Extremwerte liegen demnach noch wesentlich weiter auseinander.

Branchentypische Gehaltsstrukturen gibt es kaum. Das gilt vor allem für den Führungskräftebereich. Die unterschiedlich hohen Einkommen in den einzelnen Branchen werden ursächlich durch eine ganze Reihe anderer Faktoren hervorgerufen. Unternehmensgröße,

konjunkturelle und strukturelle Gegebenheiten spielen hier eine Rolle. So wird in der für Großunternehmen typischen Branche "Bergbau und Energie" traditionell gut verdient. Ein Gehaltswergleich der Branchen über einige Zeit ergab, daß die Reihenfolge der Gehälter nach Branchen von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich ausfällt, also keine "Gesetzmäßigkeiten" feststellbar sind.

"Wüstenzuschlag und Vergütungsknick"

In Hamburg sind - wie schon in den vorangegangenen Jahren - die Gehälter am höchsten. Entscheidend ist dabei allerdings nicht das Bundesland Hamburg, sondern die Großstadt Hamburg. Ein sogenanntes Nord-Süd-Gefälle gibt es nämlich nicht. Einfluß auf die Gehaltshöhe übt lediglich die Gemeindegröße aus. Höhere Lebenshaltungskosten können hierfür die Begründung liefern. In Großstädten wird besser verdient als auf

dem Lande. Vor allem bei Führungskräften kann es aber auch in kleinen Gemeinden zu hohen Gehältern kommen. Dies ist als ein Tribut der Firmen an den Arbeitsmarkt Zu verstehen. Das kulturelle Angebot sowie die Infrastruktur sind in kleinen Gemeinden vielfach so ungenügend, daß die Unternehmen für qualifizierte Kräfte sogenannte "Wüstenzuschläge" zahlen müssen, um sie zu einer Standortverlagerung zu veranlassen.

Das Alter einen verhältnismäßig großen Einfluß auf die Gehaltshöhe. Der Sprung in die Altersklasse der über 30jährigen bringt den größten Gehaltszuwachs. Ab 40 beginnen die Gehälter bei den meisten EDV-Kräften zu stagnieren oder sogar leicht abzufallen. Dieser "Vergütungsknick" ist jedoch nicht so zu interpretieren, als ob einer bestimmten Altersklasse zurückgestuft würde. Die älteren Mitarbeiter haben vielmehr seinerzeit mit niedrigeren Gehältern angefangen, in den letzten Jahren jedoch mit der allgemeinen Gehaltsentwicklung nicht mehr voll Schritt halten können. Unter 30 Jahre alte EDV-Mitarbeiter erzielen ein durchschnittliches Einkommen in Höhe von 34 800 Mark. Als 31- bis 35jährige kommen sie auf 47 500 Mark, bis sie mit gut 40 ihr Maximum mit 53 900 Mark erreichen. EDV-Mitarbeiter gehören sowieso zu der Mitarbeitergruppe, deren Durchschnittsalter sehr niedrig liegt. Ein Drittel der EDV-Mitarbeiter sind unter 30, 50 Prozent sind zwischen 30 und 40, und nur jeder 5. ist älter als 40. Die jüngste Gruppe sind mit 25 Jahren die Datenverarbeitungskaufleute, die älteste Gruppe mit durchschnittlich 45 Jahren sind die Datenschutzbeauftragten.

Hochschule zahlt sich aus

Die überwiegende Mehrheit der EDV-Mitarbeiter hat die Volksschule beziehungsweise die Realschule besucht. Nur 23 Prozent haben höhere Ausbildungsabschlüsse vorzuweisen. Das Hochschulstudium dominiert nur beim Leiter der Organisation und Datenverarbeitung, beim Leiter der EDV-Organisation, beim Leiter der Datenbank und Datensicherung, beim Vertriebsbeauftragten sowie beim mathematisch-technischen Assistenten. Diese haben meist Mathematik oder Wirtschaftswissenschaften studiert.

Auch die Ausbildung macht sich im Geldbeutel bemerkbar. Eine qualifizierte Ausbildung ermöglicht dem Mitarbeiter einmal einen rascheren Aufstieg in höhere Positionen. Zum anderen stehen dem besser Ausgebildeten stets die qualifizierten Positionen offen. Beides, qualifizierte Positionen und eine höhere hierarchische Einstufung, wirkt sich positiv auf das Gehalt aus. Hochschule-Fachhochschule/Abitur-Mittlere

ReifeVolksschule, so lautet die Rangfolge bei den Gehältern nach Ausbildung. Sogar in den Fachpositionen sind noch Unterschiede zwischen den Extremen von 10 000 Mark jährlich festzustellen. Bei Führungskräften macht die Differenz sogar über 20 000 Mark aus. Der Leiter der EDV-Organisation verdient als Volksschüler 66 400 Mark. Hat er die Universität besucht, kommt er auf 78 100 Mark.

Eine Schichtzulage kommt für nur sehr wenige EDV-Kräfte in Betracht: Chef-Operatoren, Operatoren und allenfalls noch Arbeitsvorbereiter. Die Höhe der jährlichen Bruttoschichtzulage bewegt sich etwa in Höhe eines Monatsgehaltes.

Erfolgsbeteiligung seltener

Erfolgsbeteiligungen werden immer seltener. Nur noch 30 Prozent der Führungskräfte im EDV-Bereich erhalten eine Erfolgsbeteiligung. Mitarbeiter in qualifizierten Positionen noch zu 17 Prozent, weniger qualifizierte EDV-Kräfte nur noch zu 12 Prozent. Diese Erfolgsbeteiligungen werden meist in Form von Prämien, also freiwilligen Zahlungen der Unternehmen ohne vertraglichen Anspruch seitens des Mitarbeiters, ausbezahlt. Die Höhe dieser Erfolgsbeteiligung macht bei Führungskräften durchschnittlich zwei Monatsgehälter aus. Bei EDV-Kräften mit qualifizierter Aufgabenstellung sind es zirka 1,3 Monatsgehälter, für Mitarbeiter in den weniger qualifizierten Positionen ein Monatsgehalt.

Die Gehaltsstrukturuntersuchung "Führungs- und Fachkräfte in der Datenverarbeitung 1979" kann für 480 Mark ( + Mehrwertsteuer) bei der Kienbaum Unternehmensberatung GmbH, Postfach 1509, 5270 Gummersbach 1, bezogen werden.

Christian Näser ist Mitarbeiter der Kienbaum Unternehmensberatung GmbH, Gummersbach