Die Balanced Scorecard laut Lehrbuch*

07.05.1999

Die Balanced Scorecard (BSC) ist ein Management-Instrument. Es stützt sich außer auf finanzielle Steuergrößen auch auf die hinter diesen Symptomen liegenden Ursachen. Die Ursprünge gehen auf eine Studie zurück, die das Nolan Norton Institute, ein Forschungszweig der Unternehmensberatung KPMG, bereits 1990 zum Thema "Performance Measurement in Unternehmen der Zukunft" verfaßte. Schon damals kristallisierte sich heraus, daß sich die Einflußfaktoren hinter dem wirtschaftlichen Erfolg einer Organisation unter vier verschiedenen Perspektiven gruppieren lassen: in finanzielle Steuergrößen und interne Prozesse sowie nach Kundenorientierung und Innovation. Dabei gilt es, die kurz- und langfristigen Ziele, die Früh- und Spätindikatoren, externe und interne Einflüsse und Interessen zu berücksichtigen.

Die BSC stellt sich somit als Kennzahlensystem dar, das traditionelle Meßgrößen aus dem Rechnungswesen mit immateriellen und intellektuellen Vermögenswerten in Beziehung setzt: zufriedene und treue Kunden, schnelle und berechenbare interne Prozesse, motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter. Die Leistung einer Organisation wird mehrdimensional meßbar. Das erleichtert die Klärung und Kommunikation von Unternehmenszielen und -strategien. Als Management-Instrument kann sie zur Veränderung der gesamten Organisation führen.

Laut Kaplan und Norton ist BSC ein Top-down-Prozeß. Das Führungsteam gibt Visionen, Ziele und Strategien vor. Dabei treten einzelne Aspekte in den Vordergrund, etwa die Prozesse, die für Teilhaber und Kunden am wichtigsten sind. Allerdings herrscht nicht immer Einvernehmen darüber, welche Zielgruppe mit der Dienstleistung oder dem Produkt adressiert werden soll, oder wie Qualität definiert wird. Kennzahlen machen komplexe und nebulöse Vorstellungen zu präzisen Konzepten.

BSC-Ziele sollten ehrgeizig sein und mit einem Zeitraum verknüpft werden, in dem sie zu erreichen sind, zwischen drei und fünf Jahren. Aus den Zielen ergeben sich Strategien und Aktionspläne; bei Lern- und Wachstumszielen etwa zeigen sich notwendige Investitionen in die Weiterbildung und Informationstechnologie sowie Änderungen in den Organisationsabläufen.

Lassen sich Ziele nicht erreichen, haben sich unter Umständen die Voraussetzungen geändert, unter denen sie beschlossen wurden. Diese Erkenntnis erschließt sich dem Management nur, wenn die Unternehmensziele hinreichend bekanntgemacht wurden und Feedback aus allen Organisationsschichten erwartet werden kann. Kaplan und Norton sprechen hier von einem "Double-loop-" oder "strategischem" Lernen. Die Ziele werden nicht nur immer wieder angepaßt, sondern auf ihre Entstehungsbedingungen geprüft und unter Umständen neu definiert.

*Robert Kaplan, David Norton: "Balanced Scorecard: Strategien erfolgreich umsetzen"; aus dem Amerikanischen übersetzt von Péter Horvçth, Beatrix Kuhn-Würfel, Claudia Vogelhuber, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 1997.