Die Aufgaben der Betriebsdatenerfassung

04.06.1976

Professor Dr.-Ing. Hans - Jürgen Warnecke, Institut für Produktionstechnik und Automatisierung an der Universität Stuttgart

Die Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erfordert eine systematische Planung, die alle wesentlichen Einflüsse berücksichtigt. In den letzten Jahren wurden verstärkte Anstrengungen unternommen, diese Aufgaben mit Hilfe von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen durchzuführen.

Im Bereich der Fertigungssteuerung konnten zahlreiche Anwendungen, insbesondere auf dem Gebiet der Termin- und Kapazitätsplanung, die Anforderungen nicht voll erfüllen. Somit sind nach wie vor zu lange Durchlaufzeiten, zu hohe Bestände, eine zu geringe Nutzung der Fertigungskapazitäten, eine ungenügende Liefertreue und zu hohe Produktionskosten Ansatzpunkte für Verbesserungen. Meist wurde versucht, mit Hilfe leistungsfähiger EDV - Anlagen in kürzeren Zyklen aufwendigere Planungsläufe durchzuführen. Grundlegende Verbesserungen wurden hiermit kaum erzielt, da vom Anfall der Daten bis zu ihrer Bereitstellung in verarbeitungsfähiger Form zu viel Zeit vergeht, so daß den Planungen schon wieder veralterte und teilweise fehlerhafte Daten zugrunde liegen. Zudem ist es nicht möglich, bei Abweichungen vom geplanten Ablauf entsprechend frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Verbesserungen lassen sich nur dadurch erzielen, daß die Daten möglichst am Entstehungsort und nahe am Zeitpunkt des Entstehens erfaßt werden. Hierfür sollte man nicht grundsätzlich die Verwendung leistungsstarker und somit aufwendiger Datenerfassungssysteme ins Auge fassen. Der Aufwand und die Leistungsfähigkeit der Betriebsdatenerfassungskonzeptionen müssen sich vielmehr an den Anforderungen des einzelnen Anwendungsfalles orientieren . Die Aufgabe der Betriebsdatenerfassung (BDE) besteht in der Erfassung der Ist - Situation im Fertigungsbetrieb als Ausgangspunkt für nachfolgende Planungen. Untersuchungen in Fertigungsbetrieben haben ergeben, daß die tatsächliche Ist - Situation schon nach kurzer Zeit erheblich von den vorgegebenen Planungsdaten abweicht. Der Grund liegt in Störungen, die auf den Fertigungsablauf einwirken. Je später diese Störungen erkannt werden, um so höher ist der zur Behebung erforderliche Aufwand. Kurzfristigen Steuerungsmaßnahmen und Umplanungen kommt somit erhebliche Bedeutung zu. Aufgrund der langen Laufzeiten der Kapazitätsplanungsprogramme, des zu großen Zeitbedarfs und aufgrund der bei häufigen maschinellen Planungen entstehenden hohen Kosten müssen diese Umplanungsmaßnahmen bis jetzt weitgehend manuell durchgeführt werden. Die Betriebsdatenerfassungs - Systeme können dabei dem Disponenten Hilfe geben, indem sie aktuelle Informationen über den bisherigen Arbeitsfortschritt und den vorhandenen Arbeitsvorrat bereitstellen. Die Verwendung der erfaßten Daten für kurzfristige Umplanungen und Steuerungsmaßnahmen erfordert es, daß bei der Konzeption von Lösungen für die Betriebsdatenerfassung die Form der Solldaten - Vorgabe und die nachfolgende Verarbeitung der Daten mit einbezogen wird.

In der Literatur findet sich keine eindeutige Abgrenzung des Begriffs "Datenerfassung" gegenüber der nachfolgenden Datenverarbeitung.

Untersuchungen haben gezeigt, daß bei der Betriebsdatenerfassung bestimmten Teilaufgaben (Datenaufbereitung, Transportvorgänge), die bei den vorhandenen Begriffsbildungen nicht einbezogen sind, erhebliche Bedeutung zukommt. Der Begriff Betriebsdatenerfassung sollte deshalb folgendermaßen definiert werden:

Alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um Betriebsdaten, in verarbeitungsfähiger Form am Ort der Verarbeitung bereitzustellen. Unter "Betriebsdaten" werden hierbei das Verhalten des Betriebes kennzeichnende Daten verstanden (zum Beispiel Angaben über gefertigte Mengen, benötigte Zeiten, Zustände von Fertigungsanlagen). Betriebsdatenerfassung umfaßt also auch alle Maßnahmen zur Aufbereitung der Daten und den Transport von Belegen und Datenträgern. Dazu kommen alle Datenprüfungen sowohl auf Formatfehler (zulässige Stellenzahl der erfaßten Informationen) als auch auf logische Fehler (Verhältnis zwischen Vorgabezeit, gefertigter Menge, und benötigter Arbeitszeit) und die nachfolgende Abspeicherung der Daten. Unter dem Begriff Betriebsdatenerfassungssystem ist folgendes zu verstehen:

Hilfsmittel zur Erfassung und / oder Ausgabe betrieblicher Daten mit Hilfe von Datenstationen und / oder Sensoren. Die Systeme können über echte Datenverarbeitungsmöglichkeiten verfügen. Diese Systeme zur Betiebsdatenerfassung lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

1. Bereichsweise Datenerfassung,

2.Datenerfassung direkt an der Anfallstelle (Maschine).

Bei der ersten Gruppe werden die Daten über voll ausgebaute Eingabe - Geräte mit Tastaturen, Leseeinrichtungen für Datenträger (Lochkarten, Personalausweise, Schlüssel) und meist auch optischen Anzeigen zur Kontrolle der eingegebenen Werte eingegeben. Die zweite Gruppe ermöglicht eine automatisierte Erfassung von Geberdaten (Stillstandsgründe, Mengen- und Qualitätsdaten), wobei konstante Eingaben über Maschinen - Stationen . möglich sind. Leistungsfähige Systeme vereinen die Möglichkeiten beider Gruppen, so daß Informationseingaben von den Maschinen her und bereichsweise Datenein und -ausgabe durchführbar sind. Bei diesen Systemen werden über die Maschinenstationen einfachere Eingaben durchgeführt, während Sonderfälle mit den bereichsweisen Eingabegeräten und ihren größeren gerätetechnischen Möglichkeiten erledigt werden. Innerhalb der Hauptgruppen unterscheiden sich die Systeme noch durch die Übertragung und Speicherung der, Daten. Das Spektrum bewegt sich von der Erstellung eines Datenträgers (Diagrammscheibe oder Lochstreifen) direkt Eingabegerät über eine zentrale Datenträgererstellung bis zur Online - Eingabe in eine elektronische Datenverarbeitungsanlage (Prozeßrechner). Die Online - Systeme können durch eine Bedienerführung die Eingabeperson unterstützen und sofort umfangreiche Datenprüfungen durchführen.

Da in jüngster Zeit preiswerte Prozeßrechner zur Verfügung stehen, geht die Tendenz zu diesen Online - Lösungen, wobei die Systeme teilweise in Form von Rechnerhierarchien auf Datenbestände übergeordneter Rechnersysteme zugreifen oder Datenaustausch im Remote - Batch - Betrieb ausführen können. Auch ein Offline -Datenaustausch mit kompatiblem Magnetband ist, denkbar (Planungsdaten vom Rechner - Istdaten vom Erfassungssystem).