Die Angst des EDV-Mannes bei der Bildschirm-Lösung

11.07.1975

Wer den Bildschirm am Arbeitsplatz noch nicht realisiert hat, - und das dürfte ja wohl die große Mehrzahl der EDV-Chefs sein - der wird wohl kaum ob der derzeitigen Prozentverteilung beruhigt sein, sondern wird trotz Behagens in der Masse derer ohne Bildschirm bis in die Träume von Problemen verfolgt, denen gegenüber die gute alte Batch-Zeit wie ein glückliches Annodazumal erscheint.

Alle wollen fernsehen - die Konkurrenz hat es auch schon. Die Geschäftsleitung war auf dem Hersteller-Seminar: Sachzwang, Trend, neue technische Möglichkeiten. Da führt also kein Weg vorbei, -Meilenstein auf der Karriere-Leiter.

Aber der Weg ist lang. Und ist man nicht eigentlich überfordert? Die eine Lösung: Man folgt den Ratschlägen des Herstellers - koste es was es wolle. Der andere Weg ist voll voller schwerwiegender Entscheidungen:

Checkliste der Checklisten

1. Welches Datenbanksystem? Invertiert? Hierarchisch? Total, IDMS, Isogen, Adabas, System 2000, IMS, BOMP? Jeder Anbieter macht den anderen schlecht. Benchmark-Tests fahren? Wo gibt es die relevanten Studien? Wer hat Erfahrung?

2. Welchen TP-Monitor? Das gleiche Problem, ein buntes Angebot und kein DM-Test-Institut der Stiftung Warentest. Task Master, Intercomm, Environ, TICS, CICS?

3. Welche Leitungsgeschwindigkeiten? Welche Prozeduren? Womöglich gar SNA/SDLC - heute schon ?

4. Modem-Auswahl, sofern das Post-Monopol nicht das Problem löst: Racal-Milgo, TeKaDe, Siemens? Wen noch?

5. Standardproblem der Hardware-Auswahl beim Schirm. Ein Dutzend Anbieter und mehr: SEL, Sanders, Raytheon, GTE, Hazeltine, . . . und natürlich die Reinrassigen. Wem trauen? Alles selber testen?

6. Damit verbunden die Frage: Wieviel Intelligenz an den Arbeitsplatz? Oder: Wo im Netz Intelligenz verteilen? Womöglich gar Frontend-Prozessoren? Welche Hersteller gibt es überhaupt?

7. Auch das Problem der Datensicherheit, Zugriffsberechtigungen, Passwort-Verwaltung. Wer wird Data Base Administrator? Fragen über Fragen an die System-Software, - und zwar wichtige Fragen.

Sind Sie überfordert?

Achtens, Neuntens undsoweiter. Hier soll es nicht um Vollständigkeit gehen - schon gar nicht bei der Nennung von Firmen oder Produkten. Es geht um die Dimension des Gesamtproblems.

Verständlich, daß dem Techniker dabei gelegentlich oder gar häufiger die Kosten entgleiten. Aber: Nicht die technische Maximal-Lösung mit geringstmöglichem Risiko ist die Soll-Vorgabe der Unternehmensleitung, sondern - gerade in diesen Zeiten - eine wirtschaftliche Lösung, die sich auch an den Kosten alternativer Systemkomponenten orientiert. Man muß nicht alle Systeme vergolden. Erneut gefragt: Ist man eigentlich überfordert? Man läßt sich helfen und begrüßt die Unterstützung des Herstellers. Aber kann man sich als Gentleman eigentlich noch trauen, schließlich "Nein" zu sagen, nachdem die so viel Mühe mit so viel Studien, Entwürfen und bereits ausgefüllten Mietverträgen hatten ?

Kann man sich andererseits das Nein eigentlich leisten, wenn man an die eigene Karriere denkt? Werden Sanders, Pragma oder Memorex wirklich helfen können, wenn die Probleme kommen sollten?

Übrigens: Sind Sie nicht eigentlich überfordert?