Skandale, Pech und Pannen

Die Akte Apple

28.03.2011

Macintosh und Apple IIc – die Kult-Computer

Die tolle Kiste stand erst am Anfang des Erfolges. Die Revolution kam 1984: der Macintosh mit Mausbedienung und Software mit Fenstern. Macintosh-Mitentwickler Andy Hertzfeld: „In den siebziger Jahren waren Computer Instrument der Autorität gewesen. Wir wollten daraus ein Instrument der Befreiung machen.“

Ein Werbespot für den „Mac“ begründete den Apple-Kult: Star-Regisseur Ridley Scott („Alien“) ließ eine Sklavenarmee von Arbeitern in eine dunkle Halle marschieren, um dem großen Boss auf der Videoleinwand zu lauschen, dem düsteren Symbol für IBM. Die Befreiung: Eine blonde Frau lief in den Saal und warf einen Vorschlaghammer in den gigantischen Bildschirm. Dann der Werbespruch: „Am 24. Januar wird Apple den Macintosh einführen. Und Sie werden sehen, warum 1984 nicht wie ,1984‘ sein wird.“

Der Werbespot schlug vor allem bei Werbern, Kreativen und Technikern ein wie eine Bombe. Dr. Peter Fleissner, Gestaltungsforscher aus Wien, zu unserer Schwesterpublikation PC WELT: „Dieses Bild entsprach der Sehnsucht vieler Menschen, dass die Arbeit generell von Zwängen befreit und zur emanzipierten Arbeit wird. Wer einen Apple hatte, gehörte zu den Vorreitern. Die Apple-Kultur des Kreativ-Seins wurde damit zur Werbebotschaft.“

Doch es war nicht nur schick, einen Apple zu haben. Denn das Hardware-Konzept und das Betriebssystem waren in den 80ern der Windows-Welt weit voraus. Forscher Fleissner erklärt: „Apple hat die grafisch orientierte Oberfläche von Xerox übernommen. Dazu wurden in den intenen Speicher Routinen eingebaut, die von Anwendungsprogrammen in der Programmiersprache Pascal abgerufen werden konnten. Das machte die Software-Entwicklung einfacher und den Macintosh-Rechner schneller. “

Die Folge: Gerade für Werber und Kreative wichtige Anwendungen wie digitale Grafik- und Gestaltungsprogramme wurden ausschließlich für den „Mac“ entwickelt. Gestaltungsforscher Dr. Peter Fleissner erinnert sich zum Beispiel an eine Anwendung wie Hypercard, die es Apple-Benutzern damals erlaubte, Powerpoint-artige Präsentationen ohne Mühe zu programmieren.

Ein gefälliges Äußeres, die leichte Bedienung und Programme, mit denen man Anzeigen gestalten, Fotos bearbeiten oder Illustrationen erstellen kann: Dieses Erfolgsrezept begründet den Apple-Kult bis heute. Buchautor Dr. Joachim Gartz: „Das Look and Feel sowie die Qualität der Produkte sind besser als bei der grauen PC-Konkurrenz. Apple hat immer auf die mystische Einheit von Hardware und Software bestanden.“

Steve Jobs wurde mit dem Macintosh zum smarten Guru der Computer-Zukunft, des „Digital Lifestyle“. Eifrig befeuert von der Apple-Marketing-Abteilung, die auch die eigene Unternehmenskultur in den 80er Jahren als „Zukunft der Arbeit“ verkauft. Dr. Fleissner: „Nach außen hin wurden die Mitarbeiter von Apple als lockerer Haufen von Kreativen dargestellt. Die Unternehmenskultur sei liberal und schöpferisch, es gäbe keine Disziplinierungen, man könne nach Herzenslust schöpferisch tätig sein, ohne Urlaubsantrag frei machen. Oder 16 Stunden durcharbeiten. Einfach kreativ sein und nicht mehr abhängig arbeiten.“

Ein schöner Schein, mehr aber nicht: Steve Jobs ging laut Ex-Mitarbeitern mit harter Hand vor, gilt als herrsch- und rachsüchtig. Er kontrolliert angeblich alles, die Angestellten hatten demnach sogar Angst vor ihm.

Am 24. April 1984 der nächste Paukenschlag: der Apple IIc – ganz in Weiß, schmal und flach. Gestaltet vom deutschen Designer Hartmut Esslinger, der sich schon immer fragte, warum Computer so hässlich sein müssen. Esslinger hatte in den 70er Jahren Wega-Fernseher entworfen, das Fenster für Microsofts Windows, Sony-TV-Geräte. Bis eines Tages der Anruf von Steve Jobs kam. Esslinger hatte die Idee, die bis heute das Apple-Design prägt: „Baut doch die Computer in Weiß, kalifornisch Weiß.“

Jobs war zunächst skeptisch, aber die Nachfrage gab Designer Esslinger recht. Am ersten Tag wurden vom Apple IIc 50 000 Stück verkauft – der zweite Apple-Knaller. In diesen Tagen muss Jobs die „heilige Dreieinigkeit“ begriffen haben, die Apple bei den Anhängern zum Mythos und auch heute noch so erfolgreich macht: hochwertige Hardware mit einem leicht begreifbaren Betriebssystem, verpackt in eine ästhetische Hülle.