Herausforderung für CIOs

Die Ära der Software Factory

24.12.2020
Von 
Oliver Viel ist Director Marketing & Business Development der HPI-Ausgründung Seerene GmbH in Potsdam.

Leider gibt es nicht den einen sicheren Weg, den jeder Konzern einschlagen kann, um Softwareproduktion und -wartung im Sinne eines verlässlichen Digital Engineering und in einer ingenieurwissenschaftlich abgesegneten Software Factory zu organisieren. Wenn man die Prozesse im Detail betrachtet, wird es letztlich so viele Wege geben, wie es Konzerne gibt. Es gibt aber Projekttypen, die in bestimmten Situationen geeignet sind, um konkrete Milestones zu erreichen.

Es folgen drei unterschiedliche Beispiele für erfolgreiche Herangehensweisen, mit denen CIOs einen Konzern in seiner Entwicklung eine Stufe weiterbringen konnten.

Datev vertraut auf ganzheitlichen Projektansatz

Diesen Ansatz, den die Datev verfolgte, umreißt CDO Christian Bär folgendermaßen: "Im Jahr 2018 haben wir uns dazu entschlossen, unsere Strukturen zu überprüfen. Nachdem wir den Status Quo unserer funktional aufgebauten und hierarchisch gestrickten Organisation analysiert und dokumentiert hatten, konzipierten wir ein neues, anpassungsfähiges und flexibles Zielmodell für

unsere Aufbau- und Ablauforganisation, das wir dann Schritt für Schritt umgesetzt haben." Der Datev gelang damit ein vergleichsweise schneller Wandel, der auch schon erste Früchte hervorgebracht hat. "Heute ist diese Organisation seit zirka einem Jahr im Einsatz und hat sich auch in der Corona-Krise bewährt. Dies haben Beispiele wie die Herausforderungen des Kurzarbeitergelds oder des Konjunkturpakets der Bundesregierung gezeigt auf die wir in kürzester Zeit erfolgreich reagieren konnten."

Nach dem Erfolgsrezept gefragt, entgegnet Christian Bär: "Wir haben kein Modell aus der Schublade gezogen, sondern ein individuelles Modell gemeinsam mit unseren Mitarbeitern entwickelt, das ganz den Bedürfnissen unserer Organisation entspricht. Dabei haben wir sehr moderne mit wissenschaftlich abgesicherten und pragmatisch-unternehmerischen Prinzipien kombiniert." Wichtige Ziele seien dabei ein crossfunktionaler Organisationsschnitt, die Trennung von fachlicher und disziplinarischer Verantwortung, der Aufbau schneller und delegierter Entscheidungsstrukturen sowie klare Ende-zu-Ende-Verantwortlichkeiten für die Wertschöpfungseinheiten gewesen.

Abgeschlossene Ökosysteme entwickeln

Bernd Rattey, CIO der DB Fernverkehr AG, zeigt den internen Wandel am Beispiel der sogenannten Komfort-IT, eines eigenen 'Ökosystems'. Dieses umfasst alle digitalen Prozesse und Dienste, die direkt an der Schnittstelle zum Kunden angesiedelt sind, darunter das Kunden-WLAN, die Reservierungsanzeigen, die Infomonitore, aber auch betriebliche Services wie die mobile Kasse des Bordservicepersonals oder verschiedene IoT-Services.