IT-Dienstleister im Kundenurteil

Die 25 größten Systemhäuser 2012

10.12.2012
Von 
Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Nach einer Phase relativer Stabilität im Jahr 2010 ist der Systemhausmarkt seit 2011 wieder in Bewegung: Manche Häuser gerieten ins Straucheln, zudem gab es einige Übernahmen.

Die sechs größten deutschen Systemhäuser zeigten 2011 in einem unruhiger werdenden Umfeld einmal mehr Konstanz. Erstaunlicherweise konnten diese führenden Systemhäuser zum dritten Mal in Folge ihre Positionen unverändert halten. Angesichts der regen Akquisitionstätigkeit im Markt wäre ein Wechsel an der Spitze keine Überraschung gewesen.

Computacenter führt

Computacenter hat die Top-Platzierung erfolgreich verteidigt, unter anderem durch die Akquisition des Apple-Systemhauses HDS im April 2011. Für das international aufgestellte Haus, das im vergangenen Jahr weltweit gut 3,29 Milliarden Euro einnahm, erwies sich Deutschland als Zugpferd: Hier legte das Systemhaus in allen Bereichen zu und steigerte den Gesamtumsatz um 22 Prozent gegenüber Vorjahr. Abzüglich der Akquisitionen und bei konstanten Wechselkursen kletterten die Umsätze von Computacenter hierzulande immer noch um 18 Prozent auf 1,407 Milliarden Euro.

Computacenter hat die Top-Platzierung erfolgreich verteidigt.
Computacenter hat die Top-Platzierung erfolgreich verteidigt.

"Der Höhepunkt unserer Erfolge 2011 war der Gewinn des größten Service-Desk-Vertrags in der Geschichte von Computacenter Deutschland im zweiten Halbjahr. Dieser hat ein jährliches Vertragsvolumen von etwa zehn Millionen Euro", freute sich Oliver Tuszik, CEO und Vorstandsvorsitzender der Computacenter AG & Co. "Und auch 2012 war für uns bisher ein erfolgreiches Jahr."

Cloud Computing bleibt einer der Geschäftsbereiche, die das Systemhaus im laufenden Jahr massiv ausbauen will. Mit HDS an Bord sieht sich das Unternehmen zudem für die Wachstumsmärkte Mobility, Tablets und Bring your own Device (ByoD) gut gerüstet. Übernahmen als Teil der Wachstumsstrategie bleiben bei Computacenter Deutschland aber weiterhin die Ausnahme, darauf deutet zumindest die erste Jahreshälfte 2012 hin, in der Computacenter keine Akquisition meldete.

Bechtle bleibt dran

Dem Branchenprimus bleibt Verfolger Bechtle dicht auf den Fersen. Für angemessenen Rückenwind sorgen beim zweitgrößten Systemhaus Deutschlands weiterhin auch die Übernahmen: So baute Bechtle beispielsweise den CAD-Bereich kontinuierlich aus, in dem nach und nach einige Partner des CAD-Softwareherstellers Solidworks akquiriert wurden: 2010 kam SolidPro an Bord, 2011 folgte SolidLine und im August 2012 verleibte sich Bechtle den Solidworks-Vertrieb des Beratungs- und Softwarehauses SPI Systemberatung ein.

Dem Branchenprimus bleibt Verfolger Bechtle dicht auf den Fersen.
Dem Branchenprimus bleibt Verfolger Bechtle dicht auf den Fersen.

In Deutschland legte Bechtle 2011 ein Umsatzplus von 13,5 Prozent hin - das reichte jedoch nicht, um Computacenter an der Spitze abzulösen: Der Unterschied zwischen Platz eins und zwei beziffert sich auf 92 Millionen Euro Umsatz, den der Spitzenreiter mehr verbuchte. Legt man die internationalen Einnahmen als Vergleichsmaßstab zugrunde, liegt Computacenter mit 1,995 Milliarden Euro sogar um fast 40 Prozent über den Einnahmen der Bechtle AG.

In diesem Jahr ist das Rennen wieder offen, zeigt sich Bechtle doch wie schon 2011 erneut in bester Kauflaune: Ein halbes Jahr nach der Akquisition des Hamburger Systemhauses HanseVision im Juli 2011 griff das Unternehmen bei einem weiteren SharePoint- und Cloud-Spezialisten zu: der Redmond Integrators GmbH aus Bochum. Zu den spektakulärsten Bechtle-Übernahmen hierzulande zählte die Akquisition von Kumatronik im März 2012, die mit rund 100 Mitarbeitern im vergangenen Jahr etwa 22,1 Millionen Euro umsetzte.

Der flotte Ausbau des Systemhausbereichs, vor allem im europäischen Ausland, und die zahlreichen Neueinstellungen, haben ihren Preis: Marktbeobachtern zufolge drückten vor allem die Kosten für die gestiegene Belegschaft im ersten Quartal den Konzerngewinn von Bechtle. Zwar erhöhte sich der Gesamtumsatz in den ersten drei Monaten um knapp sieben Prozent auf 487,6 Millionen Euro, das EBIT allerdings sank leicht um 2,9 Prozent auf 17,3 Millionen Euro. Das entspricht einer Brutto-Marge von 3,6 Prozent. Die war im Vorjahr mit 3,9 Prozent noch etwas besser. Konzernweit beschäftigte Bechtle im ersten Quartal dieses Jahres 5.584 Mitarbeiter, das sind 745 Beschäftigte mehr als im Vorjahresquartal 2011.

Die Umfrage

Bereits zum 14. Mal in Folge hat die CW-Schwesterpublikation ChannelPartner die 65 größten Systemhäuser Deutschlands befragt. Ziel ist unter anderem, die 25 umsatzstärksten Anbieter zu identifizieren. Zudem soll die Erhebung zeigen, wie die wirtschaftliche Stimmungslage unter den IT-Dienstleistern ist, welche Sorgen sie plagen, wie sich die Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten entwickeln und welche Trends die Anbieter erwarten. Rund 75 Prozent der angefragten Systemhäuser haben geantwortet, zumeist Geschäftsführer, Vorstände und Inhaber der Systemhäuser. Die Umfrage startete am 20. Juni und wurde am 15. Juli 2012 abgeschlossen.

Cancom hält Abstand

Cancom konnte seinen Rang aus dem Vorjahr erfolgreich gegen die Konkurrenten verteidigen.
Cancom konnte seinen Rang aus dem Vorjahr erfolgreich gegen die Konkurrenten verteidigen.

Mit deutlichem Abstand zu den beiden Erstplatzierten folgt Cancom auf Platz drei. Das Systemhaus konnte seinen Rang aus dem Vorjahr erfolgreich gegen die Konkurrenten verteidigen. Dabei gelang es dem Unternehmen sogar, den Abstand zu Comparex, dem nächst platzierten Systemhaus, zu vergrößern: 13,6 Prozent sattelte der Anbieter, der seinen Firmensitz mittlerweile nach München verlagert hat, beim Umsatz drauf. Die Trennung von der Online-Tochter Home of Hardware Mitte 2011 hat Cancom offenbar locker weggesteckt.

Angesichts des gut verlaufenen ersten Quartals 2012, in dem der Umsatz konzernweit um 6,6 Prozent auf 268,1 Millionen Euro kletterte, dürfte Cancom den angestammten Platz drei im Ranking auch künftig verteidigen können. Beim Ausbau des Geschäfts setzt das Unternehmen auf das Wachstumssegment Mobility: Im Juni 2012 übernahm der Dienstleister 49 Prozent an der Glanzkinder GmbH. Der Software-Spezialist entwickelt professionelle Enterprise-Applikationen für Smartphones und Tablet-PCs, die auf Basis der Betriebssysteme iOS und Android laufen.

Comparex wächst langsam

Anfang 2012 kaufte Comparex wieder zu und baute mit der Datalog-Übernahme sein Softwareangebot für Mittelstandskunden aus.
Anfang 2012 kaufte Comparex wieder zu und baute mit der Datalog-Übernahme sein Softwareangebot für Mittelstandskunden aus.

Dagegen ging der viertplatzierten Comparex hierzulande im vergangenen Jahr etwas die Puste aus: Nach solidem Wachstum 2010 (plus 15 Prozent), stiegen die Umsätze in Deutschland 2011 nur noch um 3,25 Prozent. Doch das könnte sich ändern: Anfang 2012 kaufte Comparex wieder zu und baute mit der Datalog-Übernahme sein Softwareangebot für Mittelstandskunden aus. Datalog zählte zu den bedeutenden Systemhäusern in Deutschland und war im Ranking 2010 auf Rang 19 der Top-25 Systemhäuser aufgestiegen. Comparex versprach, alle 120 Mitarbeiter zu übernehmen und die Standorte in München und Düsseldorf-Ratingen weiterzuführen. Damit beschäftigt die Comparex-Gruppe in Deutschland insgesamt 600 Mitarbeiter.

Mit der Übernahme bestätigte Comparex erneut die Strategie, sich dem Service- und Softwaregeschäft zu widmen. Das Handelsgeschäft mit Hardware, von dem man sich 2010 trennte, gehört der Vergangenheit an. Walter Denk, der bis Juni 2012 das Deutschland-Geschäft bei Comparex verantwortete, hatte stets bekräftigt, den Verkauf von Hardware auch künftig nicht wieder aufnehmen zu wollen. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass Denk-Nachfolger Achim Herber, ehemaliger CEO von Datalog, an dieser Ausrichtung etwas ändern wird. Ambitioniert bleibt das Unternehmen allemal: Erklärtes Ziel der Comparex Group ist es, bis 2015 den weltweiten Konzernumsatz auf zwei Milliarden Euro zu verdoppeln.

Allgeier bewahrt Kauflaune

Mit hoher Taktzahl verfolgte die Allgeier Holding im vergangenen Jahr ihre Wachstumsstrategie durch Übernahmen.
Mit hoher Taktzahl verfolgte die Allgeier Holding im vergangenen Jahr ihre Wachstumsstrategie durch Übernahmen.

Mit hoher Taktzahl verfolgte die Allgeier Holding im vergangenen Jahr ihre Wachstumsstrategie durch Übernahmen. 2011 bescherte ihr das einen Umsatzanstieg von 16,7 Prozent und den Verbleib auf Rang fünf unter den Systemhäusern. 2012 führt Allgeier seinen Akquisitionskurs ungebremst fort. Seit Jahresbeginn gehören der ERP-Spezialist Intraprend sowie die b+m Informatik, Entwickler von Branchenlösungen für Microsoft-Umgebungen, zur Familie. Im Juli 2012 lancierte Allgeier schließlich ein Übernahme-Angebot für den skandalumwitterten DMS-Anbieter Easy Software. Zudem möchte sich das Unternehmen auch den Fachkräftemangel zunutze machen, im August 2012 schnappte Allgeier sich den ITK-Personaldienstleister Tecops.

Fritz & Macziol Group gibt Gas

Mit Vollgas ist auch die Nummer sechs der Top-Systemhäuser, die Fritz & Macziol Group, ins erste Halbjahr 2012 gestartet: der weltweite Umsatz kletterten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sagenhafte 36 Prozent auf 150 Millionen Euro - deutlich mehr als geplant. Ende 2012 will das Unternehmen obendrein die Schwelle von weltweit 1.000 Mitarbeitern knacken. Im Inland fiel der Wachstumssprung mit 7,82 Prozent im vergangenen Jahr nicht ganz so hoch aus. Das dürfte Fritz & Macziol einstweilen nicht beunruhigen, richtet das Unternehmen sein Augenmerk derzeit doch vor allem auf Asien.